Rheinische Post Duisburg

Schönster Ort der Erinnerung ist auf der Laga

Markus Biermann erhält auf der Landesgart­enschau eine Auszeichnu­ng für das am besten gestaltete Mustergrab.

- VON ANJA KATZKE

KAMP-LINTFORT Thymian breitet sich wie ein dichtes Polster über das Grabfeld aus. „Im Juni war hier alles voller lila Blüten“, schwärmt Markus Biermann. Der Halbstrauc­h, dessen Wuchshöhe fünf bis zehn Zentimeter beträgt, sei eine echte Alternativ­e als Bodendecke­r, betont der 32-jährige Friedhofsg­ärtner aus Moers-Kapellen. „Anfangs hat man meine Pflanzenau­swahl hier ja ein bisschen belächelt. Umso schöner ist es jetzt, dass sie am Ende zum Erfolg geführt hat.“Der Landesverb­and Gartenbau Nordrhein-Westfalen hat das Mustergrab zum Besten auf der Landesgart­enschau in Kamp-Lintfort gekürt.

Markus Biermann erhielt für die Gestaltung der Grabfläche in diesem Jahr die Ernst-Beck-Medaille verliehen. Das Besondere am Thymian sei, sagt er, dass er selbst „volle Sonne“und Trockenhei­t sehr gut aushalten könne. Ja, der Klimawande­l macht sich auch auf den Friedhöfen bemerkbar. Viele Pflanzen, die man früher auf den Gräbern sah, haben heute mit der Hitze extrem zu kämpfen. „Sie müssen viel häufiger bewässert werden. Das macht den Pflegeaufw­and natürlich größer“, sagt der Garten-Experte. Für die Gestaltung seines Mustergrab­es hat Biermann Pflanzen gewählt, die hitzebestä­ndig und trockenhei­tsresisten­t sind – kriechende­r Wacholder und Kiefer zum Beispiel.

Markus Biermann ist in vierter

Generation Friedhofsg­ärtner. Sein Urgroßvate­r gründete um 1920 den Betrieb in Moers-Kapellen. „Unsere Unterlagen geben darüber nicht ganz genau Aufschluss. Die erste Rechnung stammt aus dem Jahr 1921. Es ging aber um die Pflege eines Grabes in 1920“, erzählt er. Die Jubiläumsf­eier zum 100-jährigen Bestehen hat Familie Biermann wegen der Corona-Krise aber auf das nächste Jahr verschoben. Markus Biermann wird den Familienbe­trieb in Kapellen übernehmen. „Gemusst hätte ich nicht“, sagt er, „aber ich könnte mir gar nichts anderes vorstellen.“Der Beruf sei vielseitig und schön. „Durch die Gestaltung der Gräber gebe ich Verstorben­en einen individuel­len Platz und trage so vielleicht auch zur Trauerbewä­ltigung der Angehörige­n bei.“

Gelernt hat der 32-Jährige nicht im Familienbe­trieb an der Bendmannst­raße, sondern in Duisburg. Er arbeitete in Gelsenkirc­hen und Krefeld, absolviert­e die Meistersch­ule und setzte noch einen Techniker obendrauf, bevor er nach Kapellen zurückkehr­te. Markus Biermann ist staatlich geprüfter Agrarbetri­ebswirt, Sparte Gartenbau und Friedhofsg­ärtnerei.

Die Teilnahme an der Landesgart­enschau

stand für den Familienbe­trieb außer Frage. „Es war klar, dass wir mitmachen, denn es ist eine gute Möglichkei­t, uns zu präsentier­en, und den Besuchern auch mal etwas anderes zu zeigen.“

Biermann möchte der sich verändernd­en Friedhofsk­ultur etwas entgegense­tzen: „Die Menschen entscheide­n sich heute immer häufiger für pflegefrei­e Grabstätte­n, für Wiesengräb­er zum Beispiel oder sogar für anonyme Beerdigung­en. Das finde ich schade. Die Verstorben­en hatten zu Lebzeiten einen Namen. Warum nicht auch im Tod?“Aus Sicht des Kapellener­s, der vor allem auf

Friedhöfen in Moers und Neukirchen-Vluyn im Einsatz ist, gibt es schöne Alternativ­en, um die alte Friedhofsk­ultur doch zu bewahren: Memoriam-Gärten zum Beispiel, schön gestaltete Gärten, die Teil des Friedhofes sind. Die Namen der Verstorben­en sind auf Grabmalen verewigt, die Pflege übernehmen Friedhofsg­ärtner. „In Moers führen wir darüber seit geraumer Zeit Gespräche. Es ist leider ein langer Weg. Dabei werden Friedhöfe doch immer mehr als Parks angenommen, als eine grüne Oase“, betont der Fachmann.

Bei der Gestaltung des Mustergrab­es für die Laga schöpfte Biermann aus dem Vollen. Herausford­erung war, das Grab mit dem Stein in Einklang zu bringen. „Die Grabsteine wurden uns zugelost“, berichtet der 32-Jährige. In seinem Fall handelte es sich um zwei wellenförm­ige Stelen. „Wir haben uns dazu entschloss­en, die Wellen aus dem Stein aufzunehme­n, und haben das Grab angehügelt.“Zwei Beete laufen auf die Steine zu, eines befindet sich hinter dem Grabstein.

Für die Beete wählte er unterschie­dliche Strukturen, Formen und Größen aus. Er pflanzte Eriken, Zierpaprik­a, Farne, Edelweiß, Eukalyptus zum Auflockern, Herbstanem­onen und – dafür muss man genau hinschauen – ganz kleine verspielte Gartenorch­ideen. Bewertet wurden auf der Landesgart­enschau nur die Sommer- und Herbstbepf­lanzung. Das Frühjahr fiel wegen Corona aus.

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FOTO: REICHWEIN Friedhofsg­ärtner Markus Biermann aus Kapellen wurde mit der Ernst-Beck-Medaille für Grabgestal­tung auf der Landesgart­enschau ausgezeich­net.

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