Rheinische Post Duisburg

Zwölf NRW-Städte deutlich über Vorwarnstu­fe

Großstädte wie Köln verschärfe­n ihre Beschränku­ngen. In Remscheid stoßen Mitarbeite­r der Verwaltung an ihre Belastungs­grenzen.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

REMSCHEID Burkhard Mast-Weisz blickt am Freitagnac­hmittag kurz aus dem Fenster seines Büros. 25 bis 30 Menschen sieht Remscheids Oberbürger­meister draußen in einer Warteschla­nge vor einem Container stehen, einem sogenannte­n Walk-in, wo man sich seit Mittwoch auf Corona testen lassen kann. „Schon am ersten Tag waren dort rund 150 Menschen. Jetzt sind es schon bald dreimal so viele pro Tag“, sagt Mast-Weisz. Ihn ärgert es, dass zunehmend Menschen aus der Nachbarsta­dt Wuppertal nach Remscheid zum Testen geschickt werden. „Das können wir nicht auch noch leisten“, sagt er.

In ganz NRW haben sich den Angaben des Landeszent­rums Gesundheit (LZG) vom

Freitag zufolge 28,6 Menschen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen mit dem Coronaviru­s angesteckt, ein Plus von 1,6 im Vergleich zum Vortag. NRW hat seit Tagen die höchsten Ansteckung­sraten aller deutschen Flächenlän­der. Über der wichtigen Grenze von 50 bei den Neuansteck­ungen lagen am Freitag bereits mehrere Städte wie Solingen (50,9), Herne (56,2), Hamm (74,5) und Remscheid (50,3). Insgesamt

liegen damit von den 53 Kreisen und kreisfreie­n Städten in NRW nun zwölf deutlich über der Vorwarnstu­fe von 35, darunter einige nur knapp unterhalb der 50 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Die Entwicklun­g sei dynamisch und könne sich täglich ändern, betonen Experten.

Remscheid gehört zu den Städten in Deutschlan­d, die den Inzidenz-Wert von 50 schon vor Tagen überschrit­ten haben – und seitdem alles dafür tun, damit die Zahlen nicht noch weiter steigen. Mast-Weisz hat am Freitag aufmerksam die Pressekonf­erenz von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) verfolgt und sich mit anderen Oberbürger­meistern über die verkündete­n Maßnahmen ausgetausc­ht. „Für uns in Remscheid ist das nichts Neues gewesen. Das, was Frau Merkel gesagt hat, ist bei uns schon seit etwa zwei Wochen täglich Brot“, sagte er.

Bei der Videoschal­te mit der Kanzlerin dabei gewesen ist auch Kölns parteilose Oberbürger­meisterin Henriette Reker, eins von elf teilnehmen­den Stadtoberh­äuptern. In Nordrhein-Westfalens größter Stadt, am Freitag mit einem Wert von 49,8 nur knapp unter 50 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen,

werden von Samstag an die Einschränk­ungen für die Bürger weiter verschärft.

Maximal fünf Personen aus verschiede­nen Haushalten dürfen sich noch in der Öffentlich­keit treffen. Ab 22 Uhr darf im öffentlich­en Raum kein Alkohol mehr getrunken werden. Und an den Wochenende­n darf an Hotspots kein Alkohol mehr verkauft werden. Eine Sperrstund­e werde zunächst aber nicht eingeführt, sagte Reker. In Fußgängerz­onen gebe es nun eine Maskenpfli­cht. Bei privaten Feiern in angemietet­en Räumen sind höchstens 25 Personen erlaubt. „Von Feiern in der eigenen Wohnung raten wir dringend ab“, so Henriette Reker.

Das sind Maßnahmen, die Remscheid

schon längst getroffen hat, als die Marke von 50 überschrit­ten worden ist. „Wir haben Veranstalt­ungen begrenzt und Kontakte auf fünf Personen beschränkt, Maskenpfli­cht in Schulen eingeführt und Sportveran­staltungen eingeschrä­nkt“, sagt der Oberbürger­meister.

In Remscheid arbeiten die städtische­n Mitarbeite­r am Limit. Insbesonde­re

die Kräfte des Ordnungsam­tes sind gefordert. „Wir setzen sie ein, um die getroffene­n Maßnahmen zu überwachen. Geschäfte und Kneipen müssen kontrollie­rt werden“, sagt Mast-Weisz. Viele Mitarbeite­r hätten seit sieben Monaten kaum einen freien Tag gehabt. „Das ist eine riesige Belastung“, sagt der OB. Die Bundeswehr ist deshalb schon seit zwei Wochen vor Ort, um zu unterstütz­en.

Die Soldaten helfen bei der Personen-Nachverfol­gung und den Abstrichen im Altenheim. „Wir haben um Verlängeru­ng gebeten“, sagt Mast-Weisz, der sich ärgert, dass die Bürger seiner Stadt zum Teil unter Generalver­dacht gestellt werden, weil Remscheid als Risikogebi­et gilt: „Das finde ich ungerecht.“

„Geschäfte und Kneipen

müssen kontrollie­rt

werden“Burkhard Mast-Weisz

OB Remscheid

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