Henkel kriegt die Kurve
Das Geschäft zieht so klar an, dass der Vorstand wieder eine Prognose wagt. Jobabbau und Kurzarbeit stehen nicht an.
DÜSSELDORF Der Familienkonzern Henkel schaut trotz Corona-Krise wieder optimistischer in die Zukunft. Nachdem der Vorstand im April verkündet hatte, er wage wegen der globalen Turbulenzen keine Prognose mehr für das Jahr 2020, revidierte er am Freitag diese Entscheidung. Weil das dritte Quartal unerwartet gut gelaufen sei, blickt Vorstandschef Carsten Knobel nun auch für das ganze Jahr halbwegs optimistisch in die Zukunft: Er rechne im Gesamtjahr nur noch mit einem Umsatzverlust von einem bis zwei Prozent bezogen auf die bisherigen Geschäfte, sagte er. Die bereinigte Umsatzrendite werde zwischen 13 und 13,5 Prozent liegen. Das wäre zwar ein deutlicher Rückgang gegenüber 2019, als die Rendite bei 16 Prozent lag, aber gemessen am Gegenwind durch die Pandemie ein guter Wert.
Das sehen auch die Anleger so. „Ich bin von dieser Prognose fast schon begeistert“, sagt Jella Benner-Heinacher,
die stellvertretende Geschäftsführerin der Aktionärsvereinigung DSW: „Henkel schafft offensichtlich ein schnelles Aufholrennen.“Tatsächlich legten zwischen Juli und Ende September alle drei Sparten beim Umsatz deutlich zu. Der Unternehmensbereich Adhesive Technologies (Klebstoffe) gewann 1,3 Prozent hinzu, nachdem er im ersten Halbjahr noch zehn Prozent an Umsatz verloren hatte. Beautycare rund um die Haarpflegemarke Schwarzkopf legte beim Umsatz um 4,3 Prozent zu, auch weil viele Kunden Nachholkäufe erledigten und weil die Friseursalons wieder öffneten. Im ersten Halbjahr war das Umsatzvolumen um 8,5 Prozent zurückgegangen.
Und nachdem Laundry & Home Care, also die Waschmittelsparte, schon im ersten Halbjahr um stolze 4,9 Prozent zugelegt hatte, kam sie im dritten Quartal sogar auf ein Umsatzplus von 7,7 Prozent. „Die Leute legen derzeit großen Wert auf Sauberkeit und Reinlichkeit“, sagt ein Henkel-Manager, „also werden unsere Waschmittel und Desinfektionsmittel stark nachgefragt.“
Henkel-Chef Knobel ist erst recht zufrieden: „Besonders erfreulich ist, dass alle unsere Geschäftsbereiche eine positive Entwicklung gezeigt haben. Wir sehen uns auf dem richtigen Weg, mit unserer strategischen Ausrichtung auf ganzheitliches Wachstum aus der Krise gestärkt hervorzugehen.“
Für die Belegschaft in Düsseldorf hat die Entwicklung gute Folgen: „Bislang gab es bei uns wegen der Corona-Pandemie keine Kurzarbeit und keinen Stellenabbau“, sagte Knobel unserer Redaktion. Aus heutiger Sicht sei dies auch nicht geplant. Das hatte jüngst auch Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah bei einem Vortrag in Düsseldorf bekräftigt. „Sie war sehr stolz auf die
Krisenfestigkeit ihres Unternehmens“, berichtete ein Teilnehmer.
Auch die Börse ist zufrieden: Die Henkel-Aktie ging am Freitag zeitweise um mehr als zwei Prozent in die Höhe. Seit dem Krisen-Tiefpunkt im März mit dem Kurswert von 62 Euro hat sie ihren Wert um fast 50 Prozent auf 93,50 Euro gesteigert. Der Dax erholte sich seither allerdings noch etwas stärker. Aktionärsvertreterin Benner-Heinacher gibt sich optimistisch: „Hoffentlich bringt die allgemeine Erholung irgendwann die Henkel-Aktie wieder auf den früheren Höchstkurs von etwas mehr als 120 Euro.“
Vorstandschef Carsten Knobel will die Krise als Ansporn sehen, den Konzern einerseits umweltfreundlicher aufzustellen und ihn andererseits weiter zu digitalisieren. „Die Digitalisierung ist ein zentraler Hebel zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit“, sagt er. Deshalb werde das Thema vorangetrieben. Es zeige sich schon jetzt, dass Digitalumsätze das Geschäft des Gesamtkonzerns stützten.