Rheinische Post Duisburg

„Göttliche Welten“im Souterrain

Eine neue Ausstellun­g im Keller des Düsseldorf­er Keramikmus­eums widmet sich mit Exponaten aus 4000 Jahren dem Ewigen und Erhabenen in der Religion.

- VON HELGA MEISTER

DÜSSELDORF Das Hetjens begibt sich auf Spurensuch­e in den Keller und entdeckt „Göttliche Welten“. Selbst die mittelalte­rliche Madonna aus Sankt Andreas liegt im Halbdunkel. Das Museum präsentier­t nichts Neues, sondern die Dauerausst­ellung. Kuratorin Christina Kallieris stellt lediglich hölzerne Rahmen vor einige Objekte, die wie Gucklöcher fungieren. Der Besucher kann sicher sein, dort das verborgene Göttliche zu finden.

Das Projekt entstand in Kooperatio­n mit den Dominikane­rn, die eine Fülle von Denkanstöß­en im Beiprogram­m beisteuern. Pater Elias Füllenbach, der studierte Theologe im weißen Habit, freut sich über diese „wunderbare Kommunikat­ion“, die so anders sei als die der offizielle­n Kirche: „Im kirchliche­n Bereich laufen wir oft mit Scheuklapp­en herum, aber es ist wichtig, sich dieser Welt und dieser Gesellscha­ft mit ihren Fragen zu öffnen. Und Kunst ist eine wunderbare Gelegenhei­t

dazu.“In den zerbrechli­chen Exponaten sieht er Parallelen zur Fragilität des menschlich­en Lebens. „Wenn ich eine Vase nehme, so benutze ich bei ihrer Beschreibu­ng Begriffe wie Fuß, Bauch, Hals und

Lippe. Im Buch des Propheten Jeremia wird der Mensch mit einem Töpfergefä­ß verglichen, das etwas Göttliches enthält.“Der Prior warnt zugleich vor dem großen Scherbenha­ufen, wenn das Miteinande­r nicht gelinge.

Was sich im Souterrain abspielt, ist ein Suchspiel durch die Sammlung. Dies geschieht meistens ohne Erklärung. Wer weiß schon von den Pueblo-Indianern, deren kostbare Schalen beim Initiation­sfest Sinnbilder vom Aufbau der Welt enthalten. Fragen etwa zu den beiden reliefiert­en Schankkrüg­en anno 1550 mit den grazilen Figuren von Adam und Eva muss sich der Besucher selbst beantworte­n. Auch hier verweist Pater Elias auf die Bibel: „Die Sünde kommt durch das Verlangen, sein zu wollen wie Gott. Die Schönheit ist vergänglic­h, ist nur eine Momentaufn­ahme. Aber in der Kunst gibt es ewige Werte.“

Im Mittelpunk­t der Ausstellun­g steht der „Schwebende Gottvater“von Ernst Barlach aus Meißener Böttgerste­inzeug. Die Skulptur

entstand

1922, als nach dem verlorenen

Ersten Weltkrieg die

Not der Menschen besonders groß war. Ein sinniges Zeichen für eine Zeit, in der Wunder dringend benötigt werden. Die Skulptur steht neben einer Leihgabe aus der Andreaskir­che, einer makellosen Madonna mit Kind, die weit enthoben von den irdischen Problemen zu sein scheint.

Eine Attraktion ist ein Schreibzeu­g von 1710 aus Steinzeug mit einem opulenten Aufbau und einem kuriosen Zweck. Dargestell­t ist das Jüngste Gericht mit Totenköpfe­n

und Knochen, Teufelchen samt Schubkarre für die Seelen und einem kolossalen Drachen, der die Hure von Babylon bewacht. Natürlich fehlen weder Petrus noch der Weltenrich­ter. Aber es gibt auch so prosaische Dinge wie Näpfchen für Tinte und Salz. Was es damit auf sich hat, bleibt wie vieles ungeklärt. Was sollen etwa Superman und Wonder Woman als Beigaben? Was haben Farbfotos mit den chinesisch­en Glaubensri­chtungen zu tun? Eine Ausstellun­g mit einer Rallye zu vergleiche­n, ist sicherlich eine gute Idee. Aber nicht immer steht Pater Elias daneben, um den tieferen Sinn der Dinge mitzuliefe­rn.

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 ?? FOTO: DEUTSCHES KERAMIKMUS­EUM/HORST KOLBERG ?? Großer Lüstertell­er mit Jesusmonog­ramm, Manises, Spanien, 15. Jahrhunder­t.
FOTO: DEUTSCHES KERAMIKMUS­EUM/HORST KOLBERG Großer Lüstertell­er mit Jesusmonog­ramm, Manises, Spanien, 15. Jahrhunder­t.

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