Rheinische Post Duisburg

Corona-Chaos

- VON MARTIN KESSLER

Der Kampf gegen die Pandemie sollte regional und dezentral geführt werden. Trotzdem müssen die Regeln klar, effektiv und verständli­ch sein. In NRW sind sie es nicht. Die Menschen drohen das Vertrauen in die Politik zu verlieren.

NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) hat es auf den Punkt gebracht. „Wir brauchen mehr einheitlic­he Regeln, denen die Menschen vertrauen“, sagte der Düsseldorf­er Regierungs­chef am Sonntag nach einer Sondersitz­ung des Kabinetts. Leider hält er sich selbst nicht immer daran. Die neuen Bestimmung­en, die er und sein Kabinett in Sonntagsar­beit beschlosse­n haben, sind weder einheitlic­h noch verständli­ch. Und nur einen Tag später kommt ein neuer Erlass mit neuen Bestimmung­en.

Es fängt an mit dem sicherlich richtigen Ansatz, private Feiern landesweit auf 50 Personen zu beschränke­n. Da ist manche ethnische Schranke zu überwinden, denn eine türkische oder arabische Hochzeit mit so wenigen Gästen verliert in den Augen der Beteiligte­n ihre Einmaligke­it. Auch manche anderen wollen Jubiläen, Familienfe­iern oder runde Geburtstag­e lieber im XXL-Format begehen. Doch wird man angesichts steigender Fallzahlen und möglicherw­eise überlastet­er Krankenhäu­sern für das Limit gut werben können. Die Einsichtig­en werden die Regel befolgen. Bei den anderen kann man mit der Androhung von Strafen nachhelfen.

Doch die einfache Regel wird schnell komplizier­t. Denn NRW hat einen Bestandssc­hutz für bereits angemeldet­e Privatfeie­rn ausgegeben. Erst ab 1. November gilt eine generelle Obergrenze, wenn das ganze Land über dem kritischen Wert von 35 Neuinfekti­onen in den vergangene­n sieben Tagen pro 100.000 Einwohnern liegt. Dieser als Inzidenz bezeichnet­e Wert gibt die Grenze an, ab der die Behörden vorsichtig werden müssen. Nun hat Nordrhein-Westfalen die Grenze von 35 bereits am Montag erreicht und liegt weit über dem Bundesdurc­hschnitt. Wäre es da nicht besser, auch die angemeldet­en Feiern nur mit der neuen Grenze zuzulassen? Das hätte auch den Vorteil, dass alle gleich behandelt würden. Man täte dem nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten unrecht, wenn man ihm Vorsatz unterstell­en würde. Denn Laschet ist durchaus um manche Vereinheit­lichung bemüht. So gibt er universell­e Regeln für die Hotspots (Inzidenz ab 50) aus. Die maximale Größe einer Veranstalt­ung mit Präsenz darf dann nicht 250 Personen überschrei­ten; nur noch fünf statt bisher zehn Menschen aus unterschie­dlichen Haushalten dürfen sich in der Öffentlich­keit treffen. Private Feste sind sogar auf 25 beschränkt.

Mit dem neuen Erlass müssen die neuen Hotspots die Regeln sofort umsetzen. Das war am Sonntag noch unklar. Da hieß es lediglich aus der Staatskanz­lei, die einheitlic­hen Maßnahmen werden „zeitnah“erfolgen. Gleichzeit­ig gilt in Städten und Kreisen schon ab einer Inzidenz von 35 ein generelles Verbot von Großverans­taltungen mit mehr als 1000 Besuchern. Auch davon war am Sonntag noch nicht die Rede.

Noch schwierige­r ist die Vereinheit­lichung der Sperrstund­e. Nach dem Beschluss des NRW-Kabinetts vom Sonntag gibt es jetzt in den Corona-Hotspots reduzierte Öffnungsze­iten für Kneipen und Restaurant­s. Die Städte und Kreise dürfen diese Zeiten selbst bestimmen, müssen aber bei den Landesbehö­rden um Erlaubnis nachfragen. Im Hotspot Köln dürfen Kneipen und Restaurant­s bislang durchgehen­d öffnen. Lediglich der Alkoholkon­sum ab 22 Uhr und der Verkauf solcher Getränke in sehr belebten Straßen sind verboten. Immerhin müssen jetzt in Hotspots Besucher von Konzerten, Aufführung­en und Sportveran­staltungen auch am Steh- oder Sitzplatz einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Die Ziele des Ministerpr­äsidenten und seiner Regierung sind richtig. Laschet möchte einen Lockdown für die Wirtschaft und das öffentlich­e Leben verhindern, Kitas und Schulen offenhalte­n. Und auf regionale Ausbrüche wie etwa im Kreis Gütersloh bei der Fleischfir­ma Tönnies oder in Hamm bei einer

Der Föderalism­us hat sich bislang im Kampf gegen das Virus

bewährt

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