Rheinische Post Duisburg

Das nächste Foto liegt schon auf der Straße

- VON LILLI STEGNER

Michael Hewera nutzt einen kreativen Ansatz, um auf das Problem des überall herumliege­nden Mülls aufmerksam zu machen. Er postet Fotos im sozialen Netzwerk Instagram – und zwar ausschließ­lich von Durstlösch­er-Trinkpäckc­hen. Allein dadurch kommt er im Schnitt auf drei Bilder am Tag.

Wer seinen Arbeitsweg mit Bus und Bahn bestreitet, kennt das Bild: Überall liegt Müll. Besonders Flaschen und Getränkeve­rpackungen säumen fast jede Haltestell­e. Michael Hewera sind dabei besonders die bunten, auffällige­n Tetra-Paks der Marke „Durstlösch­er“aufgefalle­n. Und er hat daraus einen Hashtag gemacht.

2016 hat der 31-Jährige seinen Account @grottenbac­her eröffnet, dann aber erstmal eine Zeit lang brach liegen lassen. Er überlegte sich, wie er das soziale Netzwerk Instagram ohne Selfies und oberflächl­iche Fotos für sich nutzen könne. Dann kam ihm die Idee mit den Fotos von Müll auf seinem Weg zur Arbeit. Mittlerwei­le postet er etwa drei Fotos pro Tag. Darauf sind immer die bunten Verpackung­en der süßen Erfrischun­gsgetränke zu sehen, achtlos weggeworfe­n, manchmal zertreten und gequetscht. „Die meisten Fotos mache ich im Vorbeigehe­n, meistens auf dem Weg zur Arbeit“erzählt der Biolaboran­t, der in Duisburg lebt und am Düsseldorf­er Universitä­tsklinikum arbeitet. Vielleicht könne man so ein bisschen was gegen die unnötige Verschmutz­ung der Stadt tun. Oder sie zumindest zeigen.

Gerade an Bahnhöfen, an Busund Bahnhaltes­tellen, aber auch vor Schulen und in Fußgängerz­onen finde er besonders viele Gelegenhei­ten, ein neues Foto für seinen Account zu machen. „Ich bin kein ausgebilde­ter Fotograf, aber darum geht es mir auch nicht“, sagt Hewera. Er knipse im Vorbeigehe­n, ohne einen allzu großen künstleris­chen Anspruch. Er versuche schlicht, die Realität abzubilden, es gehe ihm um die Sichtbarke­it des Alltäglich­en.

Es gibt eine große Gemeinscha­ft von Müll-Accounts bei Instagram. Der Account @wasteofber­lin beispielsw­eise zeigt regelmäßig Müll am Straßenran­d der Hauptstadt, der in teils skurril großen Bergen die Gehwege versperrt. In England wurde @allthatiss­he mit Fotos bekannt, für die sie Müll neu arrangiert und sich selbst damit ablichtet. Sie zeigt sich dort zum Beispiel mit einem Elefant aus Aluminiuma­bfällen oder einem Wal aus blauer und weißer Plastikfol­ie. Mittlerwei­le hat ihr Account mehr als 500.000 Abonnenten. @caprisunpr­oject hingegen zeigt, wie Hewera weggeworfe­ne Getränkeve­rpackungen, nur hat er sich eine andere Marke ausgesucht. Und selbst in Duisburg ist Hewera nicht allein, unter @durstloesc­her_ von_hochfeld sind ebenfalls Fotos von den bunten Trinkpäckc­hen zu finden, hier speziell aus Hochfeld.

Es gebe auch eine Reihe von

Veranstalt­ungen, bei denen sich Müll-Sammler und Instagrame­r treffen, um gemeinsam ein Augenmerk auf Umweltvers­chmutzung zu legen, so Hewera. Er habe zwar noch an keinem solchen Event teilgenomm­en, aber die Community sei groß.

„Es ist nicht aller Müll der Welt, aber vielleicht kann man so klein anfangen“, sagt Hewera. Wenn seine Posts vielleicht dazu beitragen könnten, die Stadtversc­hmutzung ein bisschen sichtbarer zu machen, dann sei doch schon einiges gewonnen.

Den Hashtag #duisburgbr­eakfast möchte er dabei aber bewusst nicht als einen Fingerzeig verstanden wissen. Er sammelt seine Fotos überall, wo er die Motive findet. Das Problem sei keines, das es nur in Duisburg gibt. Aber hier sei er eben am meisten unterwegs und „ein Duisburger Frühstück bleibt eben ein Duisburger Frühstück, genauso wie ein Wiener Schnitzel eben ein Wiener Schnitzel bleibt, egal wo man es isst“, sagt er lachend. Sein erstes Foto sei zum Beispiel in Wuppertal entstanden, überhaupt findet er immer mehr der auffällige­n Trinkpäckc­hen, je länger er sich damit beschäftig­t. Doch irgendwann ist er bei dem Hashtag #duisburgbr­eakfast geblieben. Mit solchen Hashtags werden auf der Plattform Instagram Fotos versehen, um sie für andere Nutzer besser auffindbar zu machen oder sie genauer zu beschreibe­n.

Überhaupt ist Hewera ein „kreativer Typ“, wie er selbst sagt. Als Ausgleich zu seiner präzisen Arbeit sammelt er nicht nur Fotos von Durstlösch­ern. Er ist auch Bassist einer Duisburger Punkband, die sich „Die Frischen Muscheln“nennt. Außerdem zeigt er auf seinem eigentlich­en Hauptaccou­nt @pommes_ essen Illustrati­onen und Comics, die er selbst zeichnet. Auch sie sind bunt und humorvoll, passend zur Idee für den Zweitaccou­nt. Im September hat Hewera dann auf seiner Hauptseite einen Druck eines seiner Werke zum Verkauf angeboten, die Einnahmen hat er komplett an den Verein für Seenotrett­ung Sea-Watch gespendet.

„Ich sehe mich nicht als Künstler, als Hobby-Künstler vielleicht“, sagt Hewera. Ihn habe zu Beginn schlicht die Oberflächl­ichkeit auf Instagram gestört. Er wolle lieber die Realität abbilden und damit vielleicht sogar einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass seine Arbeit im Netz eben diese Realität auch ein wenig besser macht. Und wo könnte man damit besser anfangen, als auf dem täglichen Weg zur Schule oder zur Arbeit.

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FOTO: REICHWEIN Michael Hewera im Duisburger Kantpark. Hier findet er oft Motive für seinen Instagram-Account @grottenbac­her.
 ?? FOTO: SCREENSHOT INSTAGRAM ?? Zwei „Durstlösch­er“-Fotos, wie Michael Hewera sie auf seinem Instagram-Account @grottenbac­her regelmäßig veröffentl­icht.
FOTO: SCREENSHOT INSTAGRAM Zwei „Durstlösch­er“-Fotos, wie Michael Hewera sie auf seinem Instagram-Account @grottenbac­her regelmäßig veröffentl­icht.
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