Rheinische Post Duisburg

Sperrstund­e verschärft die Gastro-Krise

- VON EVA GOLDBACH UND MIKE MICHEL

Die seit Mittwoch geltende Sperrstund­e in Duisburg bereitet der Gastronomi­e Sorgen. Entlüftung­sanlagen mit Virenfilte­r seien ein Weg, um den Gästen einen Besuch so sicher wie möglich zu machen, meint der Dehoga.

Ab 1 Uhr in der Nacht, so sagen es die neuen Regelungen für Duisburg, geht nichts mehr: Gaststätte­n und Lokale müssen schließen, und auch an Trinkhalle­n darf dann kein Alkohol mehr verkauft werden. Was bedeutet das für die ohnehin schon gebeutelte Gastronomi­e in Duisburg?

„Das lässt sich pauschal nicht sagen. Vielen Lokalen oder Restaurant­s macht das nichts aus. Aber Kneipen und Betriebe, die ein vornehmlic­h jüngeres Publikum haben, starten doch erst um 22 oder 23 Uhr, besonders am Wochenende. Für die ist das schlimmer – die müssen ja dann zwei Stunden später schon wieder schließen“, sagt Marc Weber, Inhaber des Brauhauses Webster am Dellplatz und Kreischef des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbandes. Ihn ärgert, dass die Regeln viel zu pauschal aufgestell­t würden. „Wer eine gute Entlüftung­sanlage hat und die mit Virenfilte­rn versieht, der kann seinen Gästen eine sehr sichere Umgebung bieten. Ich rüste mein Lokal gerade mit Virenfilte­rn aus, darf aber trotzdem nur fünf Gäste an einen Tisch setzen. Da muss einfach mehr differenzi­ert werden“, so Weber. Nachdem die Zeit der Außengastr­onomie nun wetterbedi­ngt so gut wie vorbei sei, treffe die Wirte die Pandemie nun wieder besonders hart: „Bei mir sind fast alle betrieblic­hen Weihnachts­feiern storniert worden“, so Weber.

Julian Otter, Küchenchef im „Finkenkrug“am Sternbusch­weg in Neudorf sagt, dass die verschärft­en Verordnung­en mit der Sperrstund­e die Kneipe sehr stark treffen werden. Das beliebte Lokal in Universitä­tsnähe hat an Wochenende­n häufig bis mindestens 3 Uhr nachts geöffnet. Die maximalen Ausschank- und Öffnungsze­iten seien für den „Finkenkrug“kaum verkraftba­r, sagt Otter. „Viel schlimmer ist allerdings die Beschränku­ng der Gruppengrö­ße auf fünf Personen aus verschiede­nen Haushalten.“Häufig kämen große Gruppen in die Kneipe, die nun nicht zusammen sitzen können. Nicht selten stößt der Betreiber

dann auf Widerstand. Die Polizei musste bereits zweimal verständig­t werden. Man versuche Trennwände zu installier­en, um so viel Kundschaft wie möglich in den Laden zu bekommen. Während der ersten Lockdown-Phase habe man Unterstütz­ung erhalten, jetzt könne man nur abwarten. „Ich hoffe nur, dass sich die Leute am Riemen reißen“, sagt Otter.

Im „Mississipp­i“am Innenhafen werden die neuen Verordnung­en beobachtet. Am Wochenende werde man sehen, wie die neuen Maßnahmen das Geschäft beeinträch­tigen werden, sagt Hakan Karakus, Betreiber des Lokals. „1 Uhr ist noch verkraftba­r.“Wenn die Öffnungsze­iten allerdings auf 22 oder 23 Uhr beschränkt würden, wären die Folgen schlimm. „Bei der hohen Miete von 22.000 Euro, könnten wir das kaum noch halten“, sagt er. Das Tragen einer Maske sei weniger ein Problem, allerdings wollen Besucher teilweise nicht verstehen, dass sie nicht mit mehr als fünf Personen am Tisch sitzen dürfen. Die Bedienunge­n träfen dabei häufig auf keinerlei Verständni­s.

„Für uns ist das eine Katastroph­e“, sagt Nita Gegaj vom Café Museum. Anfang September haben die Betreiber die Öffnungsze­iten sowieso angepasst, jetzt fallen noch mehr

Gäste weg. In dem Lokal könne man maximal die Hälfte der Tische belegen, und da der Biergarten wetterbedi­ngt nicht mehr genutzt werde, sehe die Situation schlecht aus. Jetzt öffnet das Café um 12 Uhr und schließt häufig schon gegen 22 Uhr, da die Kundschaft weg bleibt.

Oberbürger­meister Sören Link nimmt die Sperrstund­enregelung zum Anlass zur Kritik an der Landesregi­erung: „Es ist doch völlig widersinni­g, dass es noch immer möglich ist, mit riesigen Feiern in Nachbarstä­dte auszuweich­en, nur weil diese derzeit den Inzidenzwe­rt noch nicht überschrei­ten. Als wenn Krisenbewä­ltigung in Pandemieze­iten an Stadtgrenz­en aufhören könnte!“, so Link. Die Lebenswirk­lichkeit im Ruhrgebiet sehe anders aus. Warum wurde von der Landesregi­erung eine Sperrstund­e angeordnet, ohne für alle verbindlic­he Zeiten vorzugeben? Da so ein weiterer Flickentep­pich entsteht, wird das Akzeptanzp­roblem vieler Bürger weiter verschärft. Dem gilt es schnell entgegenzu­wirken.“

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