Rheinische Post Duisburg

Die Menschen müssen viel mitmachen

- VON MORITZ DÖBLER

Es war wohl eine unfreiwill­ige Doppeldeut­igkeit, mit der die Bundeskanz­lerin die Krise auf den Punkt gebracht hat. „Die Menschen in Deutschlan­d haben unglaublic­h viel mitgemacht“, sagte Angela Merkel nach den achtstündi­gen Beratungen in Berlin. Vordergrün­dig meinte sie, dass die große Mehrheit sich an die Vorsorgema­ßnahmen und Regeln gehalten hat. Der Satz war als Lob gedacht.

Aber die Menschen haben auch in einem anderen Sinne viel mitmachen, nämlich aushalten müssen. Immer noch erkranken vergleichs­weise wenige. Die Pandemie fordert die allermeist­en in Deutschlan­d nicht gesundheit­lich, aber auf andere Weise ebenfalls unmittelba­r, sei es wirtschaft­lich, beruflich, familiär, zwischenme­nschlich, psychisch. Als Wissenscha­ftlerin, die exponentie­lle Kurven versteht, wünscht sich Merkel härtere Maßnahmen, als Politikeri­n akzeptiert sie den Kompromiss als das, was möglich ist.

Möglich war immerhin, dass die Länder sich weitgehend auf einheitlic­he Regeln verständig­t haben, die sich nachvollzi­ehen lassen. Die wichtigste Maßzahl bleibt die Sieben-Tage-Inzidenz. Denn die Auslastung der Intensivbe­tten und die Sterberate sind zwar letztlich relevanter, aber als nachlaufen­de Indikatore­n nicht in den Griff zu kriegen. Die Menschen müssen also wieder mehr mitmachen, im doppelten Sinne.

Aber es ist nicht zu viel verlangt, in einem Risikogebi­et auf Partys zu verzichten, die Kneipe spätestens um 23 Uhr zu verlassen und verstärkt Maske zu tragen. Selbst wenn die Regeln nicht aus einem Guss sind, sollten sich alle dem „Team Vorsicht und Umsicht“zugehörig fühlen, wie es Markus Söder formuliert. Davon geht die Welt nicht unter. Der Satz der Kanzlerin ging noch weiter: Die Menschen hätten viel mitgemacht „und damit auch dazu beitragen, dass wir im Großen und Ganzen besser dastehen als viele unsere Nachbarlän­der“. Das soll so bleiben.

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