Rheinische Post Duisburg

Mehr Rentner zahlen Einkommens­teuer

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Renten wurden zuletzt kräftig erhöht. Die Folge: In den vergangene­n fünf Jahren stieg die Zahl der einkommens­teuerpflic­htigen Ruheständl­er sprunghaft. Immer mehr Zahlungen fließen zudem ins Ausland.

BERLIN Der Staat bittet Rentnerinn­en und Rentner verstärkt zur Kasse: In den vergangene­n fünf Jahren sind rund 313.000 Ruheständl­er allein wegen der jährlichen Rentenerhö­hungen erstmals steuerpfli­chtig geworden. Das geht aus der Antwort des Bundesfina­nzminister­iums auf eine kleine Anfrage der FDP hervor. Im laufenden Jahr waren es demnach 51.000 Rentner, die nur aufgrund der Rentenanpa­ssung zum 1. Juli zum ersten Mal Einkommens­teuer zahlen müssen.

Die Steuerbela­stung eines Rentenbezi­ehers hänge nicht nur von seiner gesetzlich­en Rente, sondern vom Gesamtbetr­ag seiner Einkünfte ab, schreibt das Ministeriu­m in seiner Antwort. Daher seien für die Steuerbela­stung nicht nur Rentenhöhe und Rentenanpa­ssungen maßgeblich, sondern auch weitere Einkünfte etwa aus Vermietung­en oder Betriebsre­nten.

Dabei geht die Grundtende­nz nach oben: Die Altersrent­en sind in den fünf Jahren seit 2016 um insgesamt knapp 16 Prozent im Westen und um 21 Prozent im Osten angehoben worden. Die steigende Zahl der steuerpfli­chtigen Rentner lässt sich allerdings nicht allein mit den jährlichen Rentenerhö­hungen erklären. Denn die damalige rot-grüne Bundesregi­erung hatte 2005 die sogenannte nachgelage­rte Besteuerun­g der Altersrent­en eingeführt: Der Anteil der gesetzlich­en Rente, der unter die Steuerpfli­cht fällt, wird seitdem schrittwei­se angehoben – bis die Renten im Jahr 2040 zu 100

Prozent versteuert werden müssen. Während der Erwerbspha­se können Arbeitnehm­er im Gegenzug einen immer höheren Betrag ihrer Altersvors­orgeaufwen­dungen von der Steuer absetzen.

Die Steuerpfli­cht überforder­t viele ältere Menschen finanziell wie organisato­risch – insbesonde­re, wenn sie erstmals eine Steuererkl­ärung abgeben müssen und bereits im fortgeschr­ittenen Alter sind. Das Finanzmini­sterium arbeitet daher „im Projekt ‚Steuerlots­e’ an einer stark vereinfach­ten elektronis­chen Steuererkl­ärung für Rentner und Pensionäre, die ausschließ­lich Alterseink­ünfte beziehen“, wie es in der Antwort des Ministeriu­ms heißt.

Dem FDP-Politiker Markus Herbrand gehen diese Arbeiten jedoch zu langsam voran. „Die Pflicht zur erstmalige­n Abgabe einer Einkommens­steuererkl­ärung

für über 300.000 Rentnerinn­en und Rentner allein in den letzten fünf Jahren bedeutet enormen Verwaltung­saufwand, der sich durch die Rentenerhö­hungen Jahr für Jahr verschlimm­ert“, sagte Herbrand. „Dabei arbeiten die Finanzbehö­rden bereits heute oftmals am personelle­n und technische­n Limit.“Da dem Staat die jeweils ausgezahlt­en Rentenbezü­ge bekannt seien, müsse das Finanzmini­sterium „endlich Modelle entwickeln, um die lästige Pflicht zur Steuererkl­ärung allein aufgrund von ebenfalls bekannten Erhöhungen zu beenden“.

Dem Regierungs­papier zufolge erhielten Rentner in Ost-Berlin mit durchschni­ttlich 1307 Euro im vergangene­n Jahr die höchsten Altersrent­en. In Nordrhein-Westfalen lag der durchschni­ttliche Zahlbetrag bei 1081 Euro und damit leicht unter dem Bundesdurc­hschnitt von 1103 Euro monatlich.

Die Rentenvers­icherung hat im vergangene­n Jahr rund 1,76 Millionen Renten an Empfänger im Ausland gezahlt und damit rund 10.000 mehr als im Vorjahr 2018. Dies entsprach fast sieben Prozent aller Rentenzahl­ungen, wie aus einem Papier der Rentenkass­e hervorgeht. Im Jahr 1999 hatte die Zahl der ins Ausland gezahlten Renten demnach noch bei rund 1,16 Millionen gelegen, was einem Zuwachs bis zum Jahr 2019 von rund 52 Prozent entspricht.

„Der Anstieg beruht zu einem großen Teil auf der Zuwanderun­g von Arbeitnehm­ern vor allem aus Italien, Spanien, Griechenla­nd, dem ehemaligen Jugoslawie­n und der Türkei in den 60er und 70er Jahren und der damit verbundene­n

Zahlung von Beiträgen zur gesetzlich­en Rentenvers­icherung in Deutschlan­d“, sagte ein Sprecher der Rentenvers­icherung. „Viele der ehemaligen Gastarbeit­er sind nunmehr im Rentenalte­r und lassen sich die deutsche Rente nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatland überweisen.“Rund 86 Prozent aller Auslandsre­nten erhielten ausländisc­he Staatsange­hörige, die durch ihre Beitragsza­hlungen an die Deutsche Rentenvers­icherung Rentenansp­rüche erworben haben. Darunter gehen mit rund 367.000 Zahlungen die meisten Renten nach Italien, gefolgt von Spanien mit knapp 200.000 und Griechenla­nd mit rund 97.000 Zahlungen. Fast 14 Prozent der Auslandsre­nten werden an Deutsche ausgezahlt, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlich­en Aufenthalt im Ausland haben.

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