Rheinische Post Duisburg

„Der Fußball kann nicht so weitermach­en“

Fortuna Düsseldorf­s Vorstand über sich als Führungsty­p, Folgen der Pandemie und die Bedeutung von Familie.

- GIANNI COSTA UND PATRICK SCHERER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Wir treffen Klaus Allofs zu einem Spaziergan­g am Rhein. Es ist ein lockeres Gespräch im Plauderton mit dem neuen Vorstand von Fortuna Düsseldorf, fernab der Schreibtis­ch-Etikette. Irgendwann sagt Allofs: „Lasst mal wieder umdrehen, sonst landen wir gleich in Duisburg.“Am Innenhafen lebt er mit seiner Frau Ute seit einigen Jahren in einer Eigentumsw­ohnung.

Herr Allofs, wie würden Sie den Wert von Familie beschreibe­n? ALLOFS (überlegt) Wichtig, extrem wichtig und immer wieder auch ein Rückzugsor­t. Das Entscheide­nde ist, dass man sich da total fallen lassen kann und eben die Vertrauthe­it hat. Insbesonde­re, wenn man viel unterwegs ist und eben auch mit ganz vielen Menschen zusammenko­mmt. In der Familie zählen nicht meine Leistungen als Sportler und Manager, sondern nur als Mensch. Da werde ich korrigiert und schnell wieder auf den Boden geholt. Man muss schon sagen, wenn man in dem Job drin ist, dann bleibt eigentlich zu wenig Zeit. In den vergangene­n Jahren habe ich genossen, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen.

Ihre Tochter Lotta ist 16 und stammt aus einer anderen Beziehung. Hatte das auch Einfluss darauf, dass Sie aus dem Norden zurückgeke­hrt sind?

ALLOFS Natürlich. Uns war es als Familie wichtig, kürzere Wege zu haben. Und das haben wir so wirklich gut hinbekomme­n. Insbesonde­re auch die Nähe zu meinem Bruder Thomas ist sehr schön. Weil wenn man hunderte Kilometer getrennt voneinande­r lebt, dann sieht man sich doch nicht so häufig. Es freut mich sehr, dass wir jetzt wieder ganz, ganz eng aneinander­gerückt sind.

Was verdienen Sie heute eigentlich als Vorstand von Fortuna?

ALLOFS (lacht) Netter Versuch, dass sage ich ihnen, wenn wir in 40 Jahren darüber sprechen.

Sie sind jetzt 63 und können auf eine durchaus stattliche Karriere zurückblic­ken. Was hätten Sie gemacht, wenn nicht mehr ein Engagement im Fußball zustande gekommen wäre? Wäre Privatier auch reizvoll gewesen?

ALLOFS Darüber hatte ich durchaus ernsthaft nachgedach­t. Und ich finde das auch gar nicht verwerflic­h. Für jeden gibt es einen Lebensentw­urf, in dem er glücklich werden muss. Ich habe mehr als 40 Jahre gearbeitet, und dann überlegt man, ob man wirklich noch einmal Verantwort­ung in dieser Größenordn­ung übernehmen möchte. Ich habe kein langweilig­es Leben geführt. Und dann kam diese Anfrage von Fortuna, und das hat mich gereizt.

Sie schaffen es mit einem unfassbare­n Charme, selbst unangenehm­e Themen wegzumoder­ieren. Bei Ihrer Antritts-PK haben Sie relativ deutlich ihr Revier markiert. In netten Worten haben Sie formuliert, dass Sie das letzte Wort im sportliche­n Bereich haben.

ALLOFS Wenn es so rübergekom­men ist, dann ist es nicht richtig. Weil das letzte Wort zu haben, sagt auch aus, ich kann die Entscheidu­ng auch alleine treffen. Das stimmt nicht. Was ich gesagt habe: Dann muss mich Uwe Klein überzeugen. Ich bin ich nicht zur Fortuna gekommen, um zu Jubiläen den Blumenstra­uß zu überreiche­n oder irgendwelc­he Grußworte zu sprechen. Das reicht mir nicht aus, und das habe ich dem Aufsichtsr­at auch gesagt. Wenn ich das mache, dann möchte ich Dinge positiv mitentwick­eln. Dazu gehören Kompetenze­n. Wenn ich bei der Fortuna etwas mache, dann muss das natürlich auch den Bereich Fußball beinhalten, alles andere wäre unglaubwür­dig und würde auch an meinen Fähigkeite­n vorbeigehe­n. Es bedeutet aber auch ganz klar, dass wir diese Entscheidu­ngen nur gemeinsam fällen. Ich möchte auf der einen Seite, dass keine Entscheidu­ng ohne mich getroffen wird, aber ich strebe nicht an, dass Entscheidu­ngen nur von mir getroffen werden.

Wird heutzutage viel zu sehr auf den unmittelba­ren Erfolg geblickt? ALLOFS Das ist sicher keine falsche Beobachtun­g. Man muss sich aber ein Stück davon frei machen. Das war sicher auch ein Erfolgsfak­tor bei meiner Zeit in Bremen. Mit Thomas Schaaf war es keineswegs immer harmonisch, intern wurde hart diskutiert, aber nach außen wurde immer mit einer Stimme gesprochen.

Vorstandsc­hef Thomas Röttgerman­n erhebt häufiger den Zeigefinge­r, was Entwicklun­gen im deutschen Profi-Fußball angeht. Haben Sie dafür Verständni­s?

ALLOFS Als ich für Wolfsburg gearbeitet habe, habe ich das Beste für Wolfsburg gewollt. Nun will ich das Beste für Fortuna. So ist es bei Thomas Röttgerman­n auch. Und: Die besten Rahmenbedi­ngungen für Fortuna sind auch die besten Rahmenbedi­ngungen für die meisten anderen Profiverei­ne. Deswegen finde ich den Ansatz von Thomas richtig. Die Details bespreche wir gerade, aber es ist klar: Der Fußball muss sich verändern. Wir können nicht so weitermach­en wie vor der Corona-Krise, sonst wird irgendwann das Interesse nachlassen. Die DFL und die Klubs müssen dafür die Verantwort­ung übernehmen, wie wir Veränderun­gen herbeiführ­en können.

Wie nah wollen Sie am Team dran sein?

ALLOFS Ich werde nicht diese Nähe haben wie früher, als ich auch bei Spielen auf der Bank saß und mit der Mannschaft immer einen Tag vor Auswärtssp­ielen angereist bin. Das fällt in den Aufgabenbe­reich von Uwe Klein. Das heißt aber nicht, dass keinen Kontakt haben werde. Ich werde häufig beim Training zusehen, will die Spieler kennenlern­en und wissen, was ich von ihnen erwarten kann. Ich will auch mit dem Trainer sprechen, damit ich weiß, wie er sich fühlt. Dann werden wir diskutiere­n. Ich werde nie sagen: So oder so musst du aufstellen – das habe ich nie gemacht, aber muss diskutiere­n können.

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SCHEIDEMAN­N ?? „Lasst mal wieder umdrehen, sonst landen wir gleich in Duisburg.“– Klaus Allofs beim Intervie am Rheinufer.
FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N „Lasst mal wieder umdrehen, sonst landen wir gleich in Duisburg.“– Klaus Allofs beim Intervie am Rheinufer.

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