Rheinische Post Duisburg

Nachvollzi­ehbare Proteste

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Mit Bussen machten sich am Freitag Stahlarbei­ter aus Duisburg auf den Weg zur Demonstrat­ion in Düsseldorf. Nun ist die Belegschaf­t von Thyssenkru­pp in hohem

Maße gewerkscha­ftlich organisier­t und daher meist auch gut motiviert, wenn es darum geht, für ihre Rechte auf die Straße zu gehen und zu demonstrie­rten. Aber diesmal ist es wirklich ernst.

Auf dem Spiel stehen nicht ein paar Prozentpun­kte mehr Lohn oder die Gefahr eines Arbeitspla­tzverluste­s. Es geht um den Stahlstand­ort Duisburg als Ganzes und letztlich wohl auch um die Frage, welche Zukunft Deutschlan­d als Industriel­and überhaupt noch hat.

Eine solche Frage ist eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe. Hier ist die Politik gefragt – und zwar auf allen Ebenen. Weniger lokal, dafür aber um so mehr auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Ob der Einstieg des Staates in einen Konzern dabei in jedem Fall das beste Mittel ist, sei mal dahingeste­llt. Dass allerdings Handlungsb­edarf besteht – und zwar dringend – ist wohl unstreitig.

Und zwar auf vielerlei Ebenen: Die deutsche Autoindust­rie, die den fälligen Strukturwa­ndel verschlafe­n hat, schwächt auch die Stahlindus­trie. Nur wenn konsequent auf E-Mobilität gesetzt wird und die Autos der neuen Generation mit „grünem“Stahl gebaut werden, gibt es eine Zukunft für beide Branchen.

Der öffentlich­e Dienst hingegen muss sich keine Zukunftsso­rgen machen. Er muss sich nur bedingt dem Wettbewerb stellen und droht auch nicht überflüssi­g zu werden. So gesehen klagen die Beschäftig­ten dort auf vergleichs­weise hohem Niveau. Was nicht bedeutet, dass ihre Forderunge­n unberechti­gt sind. Im Gegenteil. Erzieherin­nen in den Kitas und Pflegepers­onal in Krankenhäu­sern und Seniorenei­nrichtunge­n leisten gesellscha­ftlich überaus wichtige Arbeit. Und auch Busfahrer und Müllwerker leisten Beiträge für das Allgemeinw­esen – üppig bezahlt werden sie aber alle nicht. Am Ende werden wohl Stahlarbei­ter und der öffentlich­e Dienst noch öfter auf der Straße sein – und das ist durchaus nachvollzi­ehbar.

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Mike Michel

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