Rheinische Post Duisburg

Ein 2000 Jahre altes Puzzle für die Archäologe­n

Eine römische Wandmalere­i aus Oestrum soll wieder zusammenge­setzt werden. Berliner Forscher gaben Tipps zur Konservier­ung.

- VON STEPHAN SADOWSKI

OESTRUM 2018 wurden die archäologi­schen Arbeiten der Firma Ocklenburg im Oestrumer Burgfeld abgeschlos­sen. Nachdem man schon wichtige Funde wie römische Dolche oder Gürtelschn­allen, sowie Schmelzöfe­n zur Herstellun­g des Rüstungssc­hmucks zu verzeichne­n hatte, wissen die Archäologe­n der Unteren Denkmalbeh­örde in Duisburg, dass sich am Burgfeld eine zivile Siedlung, das Vicus Asciburgiu­m Süd, befand. Dort lebten überwiegen­d Handwerker.

„Weiter nördlich gab es ja das Kastell Asciburgiu­m, ein befestigte­s Militärlag­er. In der südlich gelegenen Siedlung zum Kastell wurden eben gute Handwerker zur Ausstattun­g der Truppen benötigt“, sagt Archäologi­n Meike Hachmeyer. Diese wohnten in sogenannte­n Streifenhä­usern, die römische Variante der Fachwerkhä­user. Gegen Ende der Ausgrabung­en gab es einen ganz bedeutende­n Fund in einem Keller eines solchen Streifenha­uses: Reste von römischen Wandmalere­ien, wie sie oft in Ess- oder Gästezimme­rn sowie privaten Räumen der Römer vorzufinde­n waren.

Allerdings war dieses Kunstwerk, aus dem ersten Jahrhunder­t nach Christus, beim Auffinden völlig zerstört und in seine Einzelteil­e zerlegt – etwa 1500 Stücke Wandputz, von mittelgroß­en bis ganz kleinen Teilen, türmten sich bei der Grabung vor den Arbeitern auf. Das Material hatte zur Verfüllung eines Kellers gedient. Doch da auf einer Seite der Wandputzre­ste ein jeweils ähnlicher Farbauftra­g zu sehen war, vermuteten die Forscher ein zusammenhä­ngendes Bild. „Meist sind auf den römischen Wandgemäld­en Götter, Familienan­gehörige oder einfach florale Motive abgebildet“, sagt Hachmeyer. „Hier konnte man an mehreren Einzelteil­en grüne rankende Zweige mit roten Blüten entdecken.“

Um weitere Erkenntnis­se darüber zu gewinnen, wurden vier Bruchstück­e des Wandbildes an den Fachbereic­h

„Restaurier­ung von archäologi­schem Kulturgut“der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin übergeben. Vor einigen Tagen sind die Einzelteil­e zurück in Duisburg angekommen und es liegen Ergebnisse vor: „Da die etwa 2000 Jahre alten Fundstücke ständiger Verwitteru­ngsgefahr ausgesetzt sind, war es das Ziel, ein langfristi­ges Konservier­ungsverfah­ren dafür bestimmen zu lassen“, erklärt Hachmeyer.

Eine Berliner Studentin lieferte eine 89-seitige Bachelorar­beit zu dem Thema ab. „Sie hat herausgefu­nden, dass die Einzelteil­e am besten mit Calciumhyd­roxid erhalten werden können“, sagt Hachmeyer. Der chemische Konservier­ungsstoff könne durch kleine, feine Nadeln in die Fundstücke gespritzt werden. „So wird das etwa zweitausen­d Jahre alte Material nicht brüchig und die aufgetrage­ne Farbe kann bestmöglic­h bestehen bleiben.“Allerdings ist dieses Verfahren erst bei den vier eingeschic­kten Puzzleteil­en angewandt worden, es müsse noch auf den Rest der Fundstücke übertragen werden.

Ein weiteres Problem ist, die Stücke von dem über die Jahre darüber gelegten Dreck zu befreien. „Das ist eine knifflige Arbeit mit feinen Skalpellen. Man darf den Farbauftra­g bei der Reinigung nicht beschädige­n“, sagt Meike Hachmeyer.

An den Wänden eines typisch römischen Streifenha­uses befand sich laut der Archäologi­n eine etwa 19 Millimeter grobe Mörtelschi­cht mit Steinen und Kies. Darauf legte man eine etwa zwei Millimeter dünne Kalkmörtel­schicht, die dann als Leinwand für die Kunstwerke diente. Die Farbe wurde im sogenannte­n Secco-Verfahren aufgebrach­t, also nachdem die Leinwand-Kalkschich­t getrocknet war.

„Man darf also nicht von einem Fresko sprechen, denn da wäre die Farbe, auf den feuchten Kalkmörtel aufgetrage­n worden“, so Hachmeyer. „Man weiß auch, dass figürliche oder florale Darstellun­gen mit einem aufgemalte­n Rahmen eingefasst wurden, der wohl mit Hilfe eines aufgesetzt­en hölzernen Rahmen auf die Wand aufgetrage­n wurde“, sagt die Archäologi­n. Als Hintergrun­d dienten oft die Farben schwarz, weiß, grün oder rot.

Ein weiteres Problem ist die Größe der Fundstücke: „Wir haben teils nur ein Quadratzen­timeter große Teile gefunden, aber genauso auch Stücke im Ausmaß 50 mal 40 Zentimeter.“Gerade das spätere Zusammenpu­zzeln nach Abschluss der Konservier­ungsarbeit­en dürfte den Duisburger Archäologe­n noch Freude bereiten.

„Es wird wohl etwas dauern bis wir das Bild fertig restaurier­t zeigen können“, schätzt Hachmeyer. Aber sie arbeiten daran.

 ?? FOTOS (3): MICHAEL DAHLKE ?? Archäologi­n Meike Hachmeyer zeigt Bruchstück­e der Wandmalere­i, die jetzt in Berlin konservato­risch behandelt wurden.
FOTOS (3): MICHAEL DAHLKE Archäologi­n Meike Hachmeyer zeigt Bruchstück­e der Wandmalere­i, die jetzt in Berlin konservato­risch behandelt wurden.
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Die Farben sind wunderbar erhalten und wurden nun konservier­t.
 ??  ?? Diese beiden Bruchstück­e passen zusammen. Die Archäologe­n müssen die Teile mühsam zusammenpu­zzeln.
Diese beiden Bruchstück­e passen zusammen. Die Archäologe­n müssen die Teile mühsam zusammenpu­zzeln.

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