Genussnuss
Walnüsse sind gesund, das weiß heute jedes Kind. Das heißt aber noch lange nicht, dass Kinder die Nüsse mit der manchmal leicht bitteren Note auch gerne essen. Gerade in Gerichten, die auf eine Verbindung dieser Bitterstoffe mit einem Kontrastaroma setzen, kommt der besondere Geschmack der Nuss gut zur Geltung – und schmeckt Jung und Alt.
Der Waldorfsalat ist wahrscheinlich der
Klassiker unter den Walnussgerichten. Seinen Namen trägt der fruchtige Salat nach seinem Erfinder, einem gewissen Oscar Tschirky, Einwanderer aus der Schweiz, der im New Yorker Hotel Waldorf-Astoria arbeitete und vor 125 Jahren dafür sorgte, dass die Mischung aus Staudensellerie, Apfel, Walnuss, Mayonnaise, Zitrone, Salz und Pfeffer sich von dort aus zur international beliebten Salatvariante entwickelte.
Walnüsse sind sehr vielseitig und schmecken in fast allen Gerichten – ob in süßen Kuchen und Desserts oder als herzhafter Dipp wie dem türkischen Muhammara (mit Paprika) oder als Petersilien-Walnuss-Pesto. Auch als Füllung für Fleisch entfaltet die Nuss ihre besondere Note. In Salaten sorgt sie für Abwechslung, und im Zusammenhang mit herzhaftem Käse intensivieren ihre Bitterstoffe den Geschmack. Auf einer Scheibe warmem Ziegenkäse mit etwas Honig sorgt die Walnuss für süß-herbe Geschmackserlebnisse.
Dass Walnüsse so gesund sind, liegt an den vielen wertvollen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen wie B-Vitamine, Magnesium, Zink, Eisen, Calcium, Kalium und Folsäure, die sie enthalten. Diese Elemente und Stoffe sind wichtig für den menschlichen Körper – beispielsweise für die Nerven,
Muskeln und für das Immunsystem.
Wie die meisten Nüsse hat die Walnuss einen sehr hohen Fettgehalt, allerdings enthalten sie die gesunden einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Besonders Alpha Linolensäure (ALA) aus der Gruppe der Omega-3-Fettsäuren ist wichtig für eine gesunde Ernährung. Studien belegten, dass sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich reduziert und die Durchblutung verbessert, da sie die Blutgefäße elastischer macht und so das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle,
Thrombosen oder Embolien verringert. Außerdem soll laut Forschungen der regelmäßige Verzehr von Walnüssen den Cholesterinspiegel senken. Ein wirkliches Superfood also, diese große, runzelige Nuss.
Während Haselnüsse schon geerntet sind, ist die Walnussernte gerade angelaufen. Für Johanna Partz ist dies eine besonders stressige Zeit. Sie besitzt den Walnusswald „Haus Nussgarten“in Leverkusen mit rund 250 Bäumen, die wiederum rund ein Dutzend Sorten tragen. Sie erntet pro Jahr 500 bis 1500 Kilogramm Walnüsse, je nach Wetterbedingungen. „In diesem Jahr fällt die Ernte eher mittelprächtig aus“, sagt sie. Denn eine Frostnacht im März hat ein Drittel der Ernte schon im Ansatz vernichtet. Ihr Vater Hans Behr-Hayder hat vor 60 Jahren angefangen, die Bäume zu pflanzen. Der Bestand ist damit teils sehr alt, auch wenn Walnussbäume bis zu 150 Jahre alt werden können.
Dass die Nüsse, die ursprünglich aus Vorderasien stammen, bei uns in Deutschland angebaut werden, ist eher selten. Doch in den vergangenen Jahren gibt es eine Wiederentdeckung der Frucht. „Die Leute haben begriffen, wie gesund Walnüsse sind“, sagt Partz und schwärmt von ihren eigenen Nüssen. Sie seien saftig, süß und aromatisch, sagt die Nussexpertin, anders als die importierten Sorten. Sie verkauft ihr Produkt vorwiegend an Selbsternter oder -abholer und nur nach Vorbestellung. Die Nüsse sammelt man vom Boden auf, wenn der Wind sie vom Baum geblasen hat.
„Frische, feuchte Walnüsse sollten zu Hause noch getrocknet werden.
Gut ist es, sie einlagig an einem kühlen luftigen Ort auszubreiten“, rät sie. Um die Gefahr der Schimmelbildung zu umgehen, knacken viele ihre Nüsse sofort und frieren sie portionsweise ein. Dann bleiben sie besonders lecker. Sie selbst isst die runzelige Frucht gerne etwa auf einem Rote-Beete-Carpaccio mit Frischkäse und Honig.
Der Großteil der bei uns verkauften Walnüsse stammt nicht aus Deutschland. „Für die deutschen Verbraucher werden vor allem die hellen Walnüsse aus Kalifornien im großen Stil importiert“, sagt Jan Vincent Rieckmann, Geschäftsführer des Hamburger Handelshauses August Töpfer und Co., das seit mehr als 100 Jahren unter anderem Nüsse für den Lebensmitteleinzelhandel einführt. Er kennt sich bestens aus mit weltweiten Lieferketten: „Der Herbst ist die Zeit der Nussernte in der Nordhalbkugel, das Frühjahr auf der Südhalbkugel.“Denn auch Chile ist ein großer „Player“in Sachen Walnüsse.
Und so spielt die aktuelle Weltlage immer eine Rolle beim Handel mit Lebensmitteln. Während es durch die Waldbrände in Kalifornien derzeit zu Verzögerungen bei der Walnussernte kommt (es aber keine Lieferengpässe gibt, so der Importeur), hat auch Corona für einen deutlichen Preisverfall gesorgt: Um 20 Prozent sind die Weltmarkt-Preise vor allem von Cashew- und Walnüssen seit Anfang des Jahres gesunken. 40 Prozent sind es sogar bei den Mandeln. Das liegt daran, dass Gastronomie, Airlines und Hotels weniger einkaufen, aber auch, dass manche Länder wie etwa Indien wegen der geschlossenen Häfen gar keine Nüsse importieren konnten und es somit einen Überschuss an Waren gibt. „Und gerade bei den kalifornischen Mandeln steht in diesem Jahr die größte Ernte jemals bevor“, sagt Rieckmann.
Die gesunkenen Preise würden mit Verzögerung an den Verbraucher weitergegeben. Denn die Ware, die nun im Supermarktregal liegt, wurde bereits im Herbst 2019 bestellt. „Manche der Kunden haben sich schon bis Sommer 2021 eingedeckt“, sagt der Nussexperte. Im Sommer 2021 könnten die Preise durch das derzeitige Überangebot wahrscheinlich nach unten korrigiert werden, prognostiziert er.
Normalerweise bekommen deutsche Supermärkte also alle sechs Monate frische Walnüsse. Sie können wegen der Fettsäuren ranzig werden, wenn sie nicht sachgerecht gelagert werden. Unter einer Schutzatmosphäre verpackt, die den Sauerstoffgehalt reduziert, bleiben die Nüsse jedoch etwa neun bis zwölf Monate verzehrbar. Nun läuft gerade die Walnussernte, sodass zu Weihnachten frische Walnusskerne aus neuer Ernte in den Regalen der Supermärkte liegen. Wenn man sie sich nicht selbst von heimischen Bäumen gepflückt und eingelagert hat.
„Die Leute haben begriffen, wie gesund Walnüsse sind“
Johanna Partz