„Vernünftiger Auslandstierschutz ist, Kastrationen vor Ort zu unterstützen“
pro Jahr – Beschwerden gebe es dabei kaum. Diese Tätigkeiten müssen vom örtlichen Veterinäramt in Deutschland genehmigt werden.
Vom Rhein-Kreis Neuss heißt es auf Anfrage, man kenne den Verein und er sei bisher nicht negativ aufgefallen. Nach der Beschwerde Kohls habe das Veterinäramt den Verein aber kontaktiert und die Angelegenheit erörtert. „Die Vermittlung des Hundes war sicher nicht glücklich, aber tierschutzrechtlich zulässig“, sagt ein Kreissprecher. Kohl habe den Hund gemäß Schutzvertrag erworben, die Erkrankungen seien aber nicht in diesem Vertrag verankert gewesen. Das Veterinäramt habe deshalb empfohlen, „alle Mängel am Hund in allen Verträgen auch schriftlich festzuhalten, nicht nur mündlich“. Daran wird sich Canifair Reisner zufolge auch halten.
Für Stefanie Kohl und Csiki kommt das zu spät. Dabei sei es nicht das erste Mal gewesen, dass sie einen Hund über den Auslandstierschutz adoptiert habe, sagt sie. „Ich weiß, dass damit viel Schindluder getrieben wird und kenne die Risiken.“Bei Csiki und Canifair habe sie jedoch auch aufgrund der Webseite des Vereins ein gutes Gefühl gehabt: „Doch dann kamen auf meine vielen Fragen keine Antworten.“Inzwischen hat sie wieder einen Hund adoptiert, diesmal allerdings aus einem Tierheim in Kamp-Lintfort.
Aus Tierschutzperspektive sollten die örtlichen Tierheime ohnehin die erste Adresse sein, wenn man sich ein Haustier wünsche, sagt Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund.
Es sei zwar angesichts des großen Leids vieler Tiere in Südund Osteuropa nachvollziehbar, dass Tierfreunde helfen wollten – nachhaltig sei da aber nur die Unterstützung von lokalen Vereinen. „Wir sehen die Adoption von Tieren aus dem Ausland grundsätzlich eher kritisch“, so Pommerening. Unter dem Deckmantel des Tierschutzes hätten einige ein profitables Geschäft entwickelt. 2018 seien deutschlandweit 84 Fälle von illegalem Handel mit Heimtieren bekannt geworden, die meisten kamen aus Rumänien, Ungarn oder Bulgarien. „Eine hohe Dunkelziffer ist leider zu erwarten“, sagt Pommerening. „Es gibt zwar auch seriöse Vermittler, aber die meisten Vereine, die Adoptionen aus dem Ausland anbieten, sind unseriös“, sagt auch Ralf Unna, Vizepräsident des Landestierschutzverbands NRW. Unna ist selbst Tierarzt und untersucht immer wieder kranke Tiere, die als vermeintlich gesund vermittelt wurden. Er ist überzeugt: „Vernünftiger Auslandstierschutz ist, Kastrationen vor Ort zu unterstützen.“Nach dem Prinzip fangen, kastrieren, freilassen würde so mehr Tieren geholfen als durch eine Adoption. „Die Arbeit oder die Unterstützung eines Vereins vor Ort kommt nicht nur einem Individuum zugute, sondern der gesamten Straßentierpopulation“, sagt auch Pommerening.
Vollständig absehen sollte man laut den Tierschützern von Adoptionen über das Internet.Auch beim Veterinäramt im Rhein-Kreis Neuss gibt es dem Kreissprecher zufolge
zwar regelmäßig Beschwerden über unseriöse Vereine – weit mehr Probleme machten aber illegale Käufe von Hunden und Katzen über das Internet. „Durch das einfache ‚Click and Buy‘ wird es für die hiesigen Tierheime immer schwieriger, die eigenen Tiere zu vermitteln“, sagt der Sprecher, „dabei ist der Tierschutz hier viel transparenter, da die Historien der Tierheimbewohner vorliegen.“Für Ralf Unna ist hier auch die Politik in der Pflicht: „Das Problem ist bekannt, aber es interessiert leider kaum jemanden.“Auf die Tricks der Vermittler fielen immer wieder Leute herein, gerade in Corona-Zeiten hätten manche „quasi aus dem Homeoffice einen Hund bestellt“.
Das Umweltministerium verweist auf Anfrage darauf, dass der illegale Handel mit Hundewelpen „eine hohe tierschutzpolitische Priorität“in NRW habe. So sei eine kommunale Arbeitsgruppe zu dem Thema beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) eingerichtet worden, die die Veterinärämter bei ihren Kontrollen unterstützen soll, aber auch bei der Aufdeckung und Abstellung rechtlicher Verstöße. Die Ämter seien auf Hinweise und Beschwerden aus der Bevölkerung angewiesen, dann könnten Kontrollen durchgeführt, Geldbußen verhängt oder sogar die tierschutzrechtliche Erlaubnis zum Handel entzogen werden.
Für Csiki hat die Geschichte trotzdem ein gutes Ende. Wie Sonia Reisner sagt, hat der Hund kurz nach der gescheiterten Adoption ein neues Zuhause gefunden.
Ralf Unna Landestierschutzverband NRW