Die Duisburger sind streikmüde
Bei Facebook ärgern sich viele, dass am Dienstag erneut keine Busse fuhren.
(jos) Für etwa 2,3 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen steht am 22. Oktober die dritte Verhandlungsrunde bevor. Deswegen hatte Verdi am Dienstag auch in Duisburg zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Die Busse und Bahnen der DVG fuhren nicht, die Leerung der Mülltonnen verschiebt sich um einen Tag, Einschränkungen gab es laut Stadt auch in Ämtern mit Publikumsverkehr. Auch die Duisburger Kindertagesstätten wurden bestreikt, 53 insgesamt, 13 davon blieben komplett geschlossen.
Bei Facebook herrscht neben einzelnen Solidaritätsbekundungen vorwiegend Unverständnis – nicht, weil die Nutzer den Beschäftigten ihr Streikrecht absprechen wollten, sondern weil sie den Zeitpunkt inmitten der zweiten Infektionswelle der Pandemie unpassend finden.
Dass das Streikrecht ein hohes Gut ist, das macht Dirk Schuchardt gleich klar. „Allerdings befinden wir uns während der Corona-Pandemie in einem gesellschaftlichen Ausnahmezustand“, sagt er – und nimmt deswegen die Arbeitgeber in die Pflicht, zu einem Abschluss mit den Gewerkschaften zu kommen und die Streiks so zu vermeiden. Ein anderer Nutzer hat volles Verständnis für den Streik, denn „vom Klatschen auf dem Balkon bekommt man nicht mehr Gehalt. So muss man halt ab und an streiken.“
Ein klares „Ja“zum Streik formuliert ein weiterer Facebook-User. Das Streikrecht habe Arbeitnehmern schon viele Vorteile eingebracht, Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle etwa oder garantierte
Pausenzeiten. „Die Leute sollen mal aus ihrer Komfortzone rauskommen, uns geht’s nämlich ziemlich gut, auch in Kurzarbeit, wenn wir tatsächlich mal selbst der Sorgepflicht für unsere eigenen Kinder nachkommen müssen. Hier kämpfen Menschen um bessere Arbeitsbedingungen.“
Die Suche nach weiteren Unterstützerstimmen bleibt darüber hinaus aber weitestgehend vergeblich. „Finde es in der aktuellen Situation unangebracht, viele sind auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen“, sagt etwa Vivien Aalbers. Monika Helmdach hat zwar generell Verständnis für Streiks – „aber langsam reicht es“. Kein Verständnis „in einer Zeit wie dieser“hat auch Sylvia Gödde-Herwig, „das ist aktuell nichts weiter als Erpressung“, pflichtet ihr Raimund Reichert bei.
Anteilig viele Kommentatoren stören sich ebenfalls am Zeitpunkt des Streiks mitten in der Pandemie. „Das geht in diesem Jahr zu weit“, findet etwa Gerd Römerscheid, „erst Corona und dann Streik. Meine Frau ist selbst Erzieherin und würde sich über ein bisschen mehr in der Kasse freuen, jedoch sieht sie auch die Nöte der Eltern. Für sie kommt kein Streik zurzeit in Frage.“
Guido Putscher nennt es befremdlich, „dass sich einige in ziemlich ,sicheren’ Jobs das Recht rausnehmen für mehr Geld zu streiken.“Normalerweise sei er dafür, „aber gerade jetzt, wo gefühlt das halbe Land Angst um den Job hat und keiner weiß, wie lange der Staat sich den ganzen Spaß noch leisten kann“, finde er die Maßnahmen „realitätsfern“. Dieser Meinung sind die allermeisten Nutzer, die ihre Meinung in den Kommentaren bei Facebook ausdrücken. Der Tenor ist klar: Streiken sei gut und richtig – aber nicht in unsicheren Corona-Zeiten.