Die Leistungen des Donald Trump
Er inszeniert sich als Macher, der knallhart amerikanische Interessen vertritt. International hat der US-Präsident damit viel Vertrauen verspielt. Doch für seine Anhänger hat er einiges durchgesetzt.
WASHINGTON Donald Trump ist von Anfang an als einer aufgetreten, der mit den Gepflogenheiten bricht. Damit hat er gekonnt verschleiert, dass er selbst zum Establishment gehört. Stattdessen inszenierte er sich als erfolgreichen Geschäftsmann, der frisch in die Politik tritt, in einfacher Sprache sagt, was Sache ist, über Twitter nah und direkt den Kontakt zu seinen Anhängern sucht, auf Experten pfeift, Mitarbeiter holt und rausschmeißt, wie es ihm passt, Gegner mit üblen Beschimpfungen überzieht. Einer, mit dem man sich nicht anlegen sollte.
Stil ist in der Politik nie nur Verpackung, weil es eine Wirkung hat, ob der Mann im höchsten Amt eines Staates versöhnlich auftritt oder bei Rassenunruhen den Hass weiter schürt. Doch hat Trumps wildes Gebaren dazu geführt, dass das Wie seiner Auftritte wichtiger genommen wird als die Inhalte seiner Politik. Dabei werden die Wähler am 3. November auch seine Leistungen bewerten.
Es lohnt sich also zu betrachten, was Trump für seine Klientel erreicht hat. Beispiel Migrationspolitik: Trump trat im Wahlkampf als Hardliner auf. Er versprach, eine „große, große Mauer“an der Grenze zu Mexiko zu bauen, die geschätzt elf Millionen Menschen ohne Papiere aus den USA abzuschieben. Darunter auch jene, die als Kinder in die USA gekommen waren, die sogenannten Dreamer, um deren Integration sich Trumps Vorgänger Obama besonders bemüht hatte. Dazu verkündete Trump pauschal, Muslimen künftig die Einreise in die USA zu verweigern.
Alle drei Vorhaben nahm der Präsident sofort nach der Wahl mit viel Getöse in Angriff. Sein sogenannter Muslim-Bann verursachte Aufruhr und Chaos an den Flughäfen. Zunächst wurde er von mehreren Gerichten gekippt. Doch vor dem Obersten Gericht setzte Trump schließlich eine Obergrenze für Flüchtlinge und eine längere Liste mit Ländern durch, für die Einreise-Restriktionen gelten. Für seine Anhänger hat Trump damit geliefert. Der Mauerbau scheitert bisher zwar am Geld, unter anderem weil Mexiko sich weigert, für die eigene Ausgrenzung zu zahlen. Doch Trump hält auch an diesem Projekt fest und lässt bauen, soweit es die Finanzen zulassen.
In der Wirtschaftspolitik kann Trump auf gute Zahlen verweisen. Ehe Corona alles veränderte, sank die Arbeitslosenquote in den USA deutlich, die Wirtschaft wuchs, die Aktienkurse stiegen. Allerdings stieg auch die Verschuldung der USA rasant, und der Aufschwung war nicht etwa von alter Industrie getrieben, die Trump wieder großzumachen versprochen hatte, sondern von den Hightech-Giganten aus dem Silicon Valley. Deren Umsätze und Börsenwerte sind in den vergangenen Jahren in sagenhafte Höhen gestiegen.
Zwiespältig ist auch die Bilanz zu Trumps Steuerreform. Die bietet zwar Entlastung in allen Steuergruppen, und man kann Trump zugute halten, dass er dieses Vorhaben überhaupt durchgebracht hat. Doch zeigt sich inzwischen, dass große Unternehmen und Reiche von den Steuererleichterungen deutlich mehr profitieren. Außerdem geht die Rechnung ökonomisch nur auf, wenn die über Neuverschuldung finanzierte Reform am Ende mehr Jobs und höhere Einkommen angeregt haben wird. Das ist angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise mehr als fraglich.
Als Politiker, der um die Macht von Bildern und Schlagzeilen weiß, betätigt sich Trump ohnehin lieber als Wirtschaftskrieger. Er griff China an, kündigte sicher geglaubte Freihandelsabkommen, verhängte Strafzölle auch gegen befreundete Nationen und die EU. Experten schätzen, dass dieses riskante Spiel den USA unter dem Strich keinen Ertrag gebracht, wohl aber die Beziehungen zu anderen Ländern vergiftet hat. Doch bei seinen Anhängern wird Trump als einer wahrgenommen, der die Interessen seines Landes knallhart vertritt, die Wirtschaftsmacht seines Landes ausspielt und vor allem – vor niemandem Respekt hat.
Dieses Muster findet sich auch bei Trumps Aktionen auf der Weltbühne. Als ein Politiker, der den menschengemachten Anteil am Klimawandel leugnet, trat er aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aus. Der Aufschrei kam ihm gerade recht. Auf eigenwillige Art näherte er sich Nordkoreas Diktator Kim Jong Un an. Die Bilder von der Begegnung beider Männer gingen um die Welt, eine nukleare Auseinandersetzung hat Trump damals abgewendet. Allerdings ist das Friedensabkommen mit Nordkorea nichts weiter als eine Absichtserklärung, das Land ist weiterhin eine Nuklearmacht mit Interkontinentalraketen.
Aus anderen internationalen Konfliktherden, etwa in Syrien oder Afghanistan, zog sich Trump zumindest teilweise zurück, ohne Rücksicht auf das Vakuum, das er
hinterließ. Wichtiger als strategische Überlegungen scheint ihm zu sein, das Versprechen an seine Leute zu erfüllen, sich aus globaler Verantwortung und internationen Gremien zurückzuiehen. Trump begründet das immer auch mit den Kosten – America first!
Schließlich hat Trump mit der Ernennung der konservativen Katholikin Amy Coney Barrett einen dritten Lebenszeit-Posten am Supreme Court konservativ besetzt. Ein Erfolg in letzter Sekunde vor der Wahl. Sein schlechtes Management der Corona-Krise wird das in der Wahrnehmung der Menschen wohl nicht wettmachen. Doch kann Trump bei einer Wiederwahl aufgrund dieser Personalie ein weiteres Vorhaben angehen, das ihm während seiner ersten Amtszeit nicht gelungen ist: die Abschaffung der allgemeinen Gesundheitsversicherung „Obamacare“. Wie die medizinische Versorgung à la Trump aussehen würde, ist allerdings unklar. Die Pandemie hat brutal gezeigt, wie sehr die Gesundheit in den USA eine Frage der Einkommensklasse ist. Jedenfalls hat sich die Stimmung gewandelt, viele frühere Gegner von Obamacare wollen sich dieses Minimum an Versorgungssicherheit nicht mehr nehmen lassen.
In jedem Fall wird Trumps Einfluss auf den Justizapparat durch die Besetzung der Richterposten die innere Entwicklung der USA auch dann noch prägen, wenn der Mann, der mit allen Gepflogenheiten brach und den schlechten Stil zu seinem Markenzeichen machte, das Weiße Haus längst verlassen haben wird.