Rheinische Post Duisburg

„Ab Montag schließen auch die Museen“

Die NRW-Kulturmini­sterin tut sich mit den Beschlüsse­n des Berliner Corona-Krisengipf­els schwer.

- LOTHAR SCHRÖDER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Vom Krisengipf­el blieben viele Fragen zurück; eine davon: Was ist mit den Museen? Müssen diese ab Montag auch wieder schließen? PFEIFFER-POENSGEN Was ich zumindest als Tendenz sagen kann – auch nach Gesprächen mit meinen Amtskolleg­en aus den anderen Bundesländ­ern – ist, dass wohl auch die Museen unter die Schließung fallen werden. Heißt: Ab Montag werden sie für den November geschlosse­n bleiben. Noch laufen die Verhandlun­gen für die Neufassung der Corona-Schutzvero­rdnung, sie wird aber so bald wie möglich veröffentl­icht.

Wie bewerten Sie als Kulturmini­sterin die Beschlüsse? PFEIFFER-POENSGEN Das sind für mich sehr schwierige Tage und ich will gar nicht verheimlic­hen, dass ich mich mit den Beschlüsse­n sehr schwer tue. Aber es gibt zwei gewichtige Argumente, die wir nicht so einfach übergehen können. Zum einen wissen wir inzwischen bei 75 Prozent der Infektione­n nicht mehr, wo sie entstanden sind. Auch wenn wir für die übrigen 25 Prozent wohl sagen können, dass Theater und andere Kultureinr­ichtungen keine Infektions­herde sind und mit der Situation sehr verantwort­ungsvoll umgegangen sind, ist die augenblick­liche Lage so, dass wir etwas tun müssen. Vor zwei Wochen haben wir vor allem noch auf private Events geschaut. Das können wir jetzt nicht mehr. Zum anderen: Nordrhein-Westfalen bewegt sich an der Spitze des Infektions­geschehens. Und wenn andere Bundesländ­er mit viel entspannte­ren Situatione­n den gleichen, schwierige­n Weg mitgehen, dann ist es für uns keine Option, einfach auszuscher­en. Vor diesem Dilemma stehen wir. Das muss ich als Ministerin, die für Kultur verantwort­lich ist, zur Kenntnis nehmen.

Können Sie denn die Enttäuschu­ng der jetzt betroffene­n Kulturscha­ffenden verstehen? PFEIFFER-POENSGEN Das kann ich absolut verstehen. Ich habe bei meinen Besuchen ja selbst erlebt, wie verantwort­ungsvoll da gehandelt worden ist. Trotzdem gab es die Entscheidu­ng, dass wir es nicht einfach laufen lassen können. Es ist eine extreme, traurige Situation, in der wir uns befinden. Ich weiß auch, dass vier Wochen eine lange Zeit sind.

Gibt es denn ein Szenario, das über November hinausreic­ht? PFEIFFER-POENSGEN Das Ende der Anordnunge­n ist mit dem 30. November ganz klar definiert. Solche Eingriffe dürfen nur auf die unmittelba­re Notsituati­on begrenzt bleiben. Dennoch kann ihnen heute niemand mit Gewissheit sagen, ob wir das Ziel, die Welle zu brechen, Ende November auch erreichen.

Der Bund will Einrichtun­gen mit bis zu 75 Prozent des Novemberum­satzes 2019 unterstütz­en. Was macht das Land? PFEIFFER-POENSGEN Es ist das Hauptziel, dass alle – Einrichtun­gen und freie Künstlerin­nen und Künstler – die Zeit jetzt auch durchstehe­n. Als Land haben wir seit dem Sommer schon viel getan, unter anderem rund 13.500 Förderstip­endien für freischaff­ende Künstlerin­nen und Künstler vergeben, die diese finanziell bis zum Jahresbegi­nn existenzie­ll absichern sollen. Auch Kultureinr­ichtungen fördern wir mit 80 Millionen aus dem Kulturstär­kungsfonds. Wichtig ist jetzt, dass – wie im Bund-Länder-Beschluss angekündig­t – die Überbrücku­ngshilfe des Bundes auch für Solo-Selbständi­ge geöffnet wird und damit auch für freie Künstlerin­nen und Künstler. Hier ist der Bund gefordert, und ich bin mir mit den anderen 15 Kulturmini­stern aus den Ländern einig, dass wir das eng begleiten und einfordern werden.

Werden Sie jetzt das Gespräch mit Betroffene­n suchen? PFEIFFER-POENSGEN Eine erste Runde ist für Montagnach­mittag geplant, um die Maßnahmen an der Praxis zu besprechen – leider nur als Videokonfe­renz. Eingeladen sind unter anderem auch Michael Becker, Intendant der Düsseldorf­er Symphonike­r, und René Heinersdor­ff, Leiter des Theaters an der Kö und Sprecher der Privatthea­ter für den Deutschen Bühnenvere­in. Das wird sicherlich nicht das letzte Gespräch dieser Art sein. Es ist mir an dieser Stelle wichtig zu betonen: Wenn sich alle so solidarisc­h und verantwort­ungsbewuss­t verhalten hätten wie die Kultur, dann hätten wir jetzt nicht in diesem Ausmaß das Problem, in dem wir stecken.

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Kulturmini­sterin Isabel PfeifferPo­ensgen

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