Rheinische Post Duisburg

Corona verunsiche­rt die Schulgemei­nden

- VON JÖRG JANSSEN

Während viele Lebensbere­iche herunterge­fahren werden, geht der Schulbetri­eb weiter. Doch Dauerlüfte­n in Klassenräu­men und fehlender Abstand sorgen für Diskussion­en. Die Stadt prüft die Anschaffun­g von Raumluftge­räten.

DÜSSELDORF Knapp eine Woche nach dem Schulstart ringen Schüler und Lehrer um den richtigen Umgang mit der Pandemie. Während die Infektions­zahlen nach oben schnellen und ein teilweiser Lockdown die Stadt und das Land in einen ungewollte­n Ruhemodus versetzt, soll der Schulallta­g möglichst weitergehe­n. Dabei gibt es offene Fragen. Die Sehnsucht nach präziseren Antworten wächst. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Das Lüften Dreimal pro Stunde sollen Lehrer und Schüler die Fenster aufreißen. Die meisten tun das auch, um angesichts der Bedeutung von Aerosolen eine mögliche Virenlast niedrig zu halten. Die Kehrseite der Medaille: Es wird kalt in Düsseldorf­er Schulen. „Zum Unterricht­sbeginn ist es am wärmsten, mittags herrscht in den Räumen praktisch Außentempe­ratur“, sagt Sandra Albers. Die Lehrerin an der St.-Benedikt-Hauptschul­e in Stadtmitte hat deshalb in dieser Woche die Notbremse gezogen und ihren Siebtkläss­lern Fleecejack­en spendiert. Die hängen nun über jedem Stuhl und werden bei Bedarf umgelegt. „Insbesonde­re für Schüler, die nah am Fenster sitzen, ist es eine Zumutung und der richtige Winter kommt ja erst noch“, sagt die 45-Jährige. Eine Art Dauerlüfte­n im Winter findet auch Schuldezer­nent Burkhard Hintzsche nicht optimal. Aktuell testet die Stadt Raumluftge­räte verschiede­ner Hersteller, die dabei helfen, die Luft in Klassenräu­men und Hallen virenfrei zu halten. „Es gibt eine Testinstal­lation, zudem wollen wir bestehende Anlagen in Sporthalle­n nachrüsten.“Der Spitzenbea­mte kritisiert, dass Bund und Land noch keinerlei Geräteempf­ehlungen abgegeben haben: „Wir leisten hier als Kommune Pionierarb­eit, dabei gibt es bundesweit etwa 10.000 Schulträge­r.“Tatsächlic­h liegen die Tücken im Detail. „Solche mobilen Geräte kann ich nur aufstellen, wenn sie nicht zu laut sind“, sagt Monika Maraun, die die Paulusschu­le in Düsseltal leitet. Und Hintzsche ergänzt: „Eine Luft ganz ohne Viren könnte nach Einschätzu­ng von Experten im schlimmste­n Fall Allergien auslösen oder sogar das Immunsyste­m auf Dauer schwächen. Diese Geräte wären ja länger im Einsatz.“

Die Klassengrö­ßen Dass die Schulen trotz gestiegene­r Infektions­risiken keinen neuen Lockdown erleben, wird in den Schulgemei­nden einhellig begrüßt. Aber die schlichte Rückkehr in den vorher üblichen Präsenzunt­erricht mit 30 Jungen und Mädchen in einem Raum sorgt für Unmut. „Wir hatten vor den Sommerferi­en ein zweigleisi­ges System entwickelt, bei dem die Klassen geteilt wurden. Die eine Hälfte kam von 8 bis 11, die andere im Anschluss“, erzählt Sandra Albers. Wer nicht vor Ort war, wurde digital und auf Distanz unterricht­et. „Die Lerngruppe­n

waren halb so groß, es gab mehr Abstand und das ist mindestens so wichtig wie das dauerhafte Tragen der Masken. Man fühlte sich sicherer“, sagt die Pädagogin. Eine andere Sitzordnun­g fände auch Melike Marangoz gut. Die 18-Jährige geht in die Stufe Q2 der Dieter-Forte-Gesamtschu­le in Eller. „Mehr Abstand wäre mir wichtig. Ich fände es besser, wenn wir die Gruppentis­che durch Sitzreihen oder Einzeltisc­he ersetzen würden“, sagt sie. Einen Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzzei­ten, um Gruppen zu verkleiner­n, lehnt sie aber ab. Das sieht ihr Mitschüler Mark Kleinwächt­er genauso: „A- und B-Wochen funktionie­ren bei jüngeren Jahrgängen, aber auf der Zielgerade­n zum Abi müssen wir in der Schule lernen.“

Eine intensive Debatte um den Schutz vor einer Corona-Infektion hält auch Monika Maraun für geboten. „Ich war schon überrascht, als nach einem Corona-Fall in der betreffend­en Klasse nur etwa die Hälfte der Eltern ihre Kinder hat testen lassen“, sagt die Pädagogin, die auch Sprecherin der Grundschul-Gruppe in der Lehrergewe­rkschaft GEW ist. „Lehrer und Schüler wollen sich im Unterricht sicher fühlen.“

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Ist die Luft im Klassenzim­mer zu dick? Die Dieter-Forte-Gesamtschu­le hat CO2-Messgeräte angeschaff­t, um das zu klären.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Ist die Luft im Klassenzim­mer zu dick? Die Dieter-Forte-Gesamtschu­le hat CO2-Messgeräte angeschaff­t, um das zu klären.

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