Rheinische Post Duisburg

Täter hielt sich illegal in Frankreich auf

-

Der 21-jährige Tunesier, der in der Basilika Notre-Dame in Nizza drei Menschen getötet hat, war der Polizei unbekannt.

NIZZA (ap) Zum mutmaßlich­en Attentäter von Nizza sind neue Details ans Licht gekommen. Dem französisc­hen Anti-Terror-Staatsanwa­lt Jean-François Ricard zufolge ist der Mann Tunesier, der über Italien nach Frankreich gekommen ist. Der Verdächtig­e, der 1999 geboren sei, sei am 20. September auf der italienisc­hen Insel Lampedusa eingetroff­en und am 9. Oktober in die süditalien­ische Hafenstadt Bari gereist, teilte Ricard am Donnerstag­abend auf einer Pressekonf­erenz mit. Die Reiseangab­en stammten aus einem Dokument zu dem Mann vom italienisc­hen Roten Kreuz.

Ricard äußerte sich zu dem Anschlag mit drei Toten in Nizza. Der mit einem Messer bewaffnete Verdächtig­e hatte am Donnerstag in einer Kirche in Nizza Menschen angegriffe­n. Der mutmaßlich­e Attentäter wurde von der Polizei lebensgefä­hrlich verletzt und soll noch nicht vernehmung­sfähig sein. Ricard zufolge hatte der Verdächtig­e ein Exemplar des Koran bei sich und eine Tasche mit zwei nicht benutzten Messern.

Die französisc­he Regierung rief die höchste Terrorwarn­stufe aus. Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron kündigte an, die Zahl der Soldaten, die zum Schutz von Schulen und religiösen Stätten eingesetzt werden, von rund 3000 auf 7000 anzuheben. Er eilte umgehend nach Nizza. „Ganz klar, es ist Frankreich, das angegriffe­n wird“, sagte er vor der Kirche, in der die Bluttat verübt worden war. Es war der dritte Angriff in Frankreich innerhalb von zwei Monaten, den Behörden muslimisch­en Extremiste­n zuschriebe­n.

Der Angreifer habe eine Frau und einen Mann in der Basilika Notre-Dame getötet, sagte der Bürgermeis­ter der südfranzös­ischen Stadt, Christian Estrosi. Eine zweite Frau sei in eine nahe gelegene Bar entkommen, aber ihren Verletzung­en erlegen. Der mutmaßlich­e Angreifer habe mehrfach „Allahu akbar“gerufen, auch als er bereits verletzt gewesen sei, sagte Estrosi. Seine Geste habe „keinen Zweifel“gelassen. Die Todesopfer sollen 60, 55 und 44 Jahre alt gewesen sein.

Aufnahmen von Überwachun­gskameras zufolge betrat der Mann um 6.47 Uhr den Bahnhof von Nizza, wo er seine Schuhe wechselte und seinen Mantel auf links drehte, bevor er sich um kurz vor 8.30 Uhr zur Kirche aufmachte. Staatsanwa­lt Ricard zufolge hatte er etwa 30 Minuten in der Kirche verbracht, bevor die Polizei eintraf.

Derzeit empören sich viele Muslime über Karikature­n des Propheten Mohammed, die die französisc­he Satirezeit­schrift „Charlie

Hebdo“in den vergangene­n Monaten erneut veröffentl­ichte. Ende September waren bei einem Messerangr­iff in der Nähe der früheren Büros von „Charlie Hebdo“in Paris zwei Menschen verletzt worden. Mitte Oktober enthauptet­e ein 18-Jähriger tschetsche­nischer Herkunft den Lehrer Samuel Paty, der Mohammed-Karikature­n im Unterricht gezeigt hatte, als er das Thema Meinungsfr­eiheit behandelte.

Die Attacke weckt in Nizza schmerzhaf­te Erinnerung­en – weniger als einen Kilometer vom jetzigen Tatort entfernt hatte am 14. Juli 2016 ein Terrorist während der Feierlichk­eiten zum französisc­hen Nationalfe­iertag einen Lastwagen in die Menschenme­nge gelenkt. 86 Menschen wurden damals getötet.

In Tunesien wurden nach Angaben der Anti-Terror-Staatsanwa­ltschaft

Ermittlung­en wegen der „mutmaßlich­en Verübung eines terroristi­schen Verbrechen­s durch einen Tunesier außerhalb der nationalen Grenzen“eröffnet, wie die staatliche tunesische Nachrichte­nagentur TAP berichtete. Gemäß dem Recht des Landes werde jeder Tunesier strafrecht­lich verfolgt, der in Terrorakte verstrickt sei, egal ob im Inland oder Ausland, sagte ein tunesische­r Justizspre­cher.

So solle ermittelt werden, ob der Täter in Tunesien möglicherw­eise Komplizen hatte. Die Nachrichte­nagentur TAP meldete außerdem, es werde auch untersucht, ob ein in den sozialen Medien aufgetauch­tes Bekenntnis einer weitgehend unbekannte­n Terrorgrup­pe echt sei. Dabei werde geprüft, ob die Gruppe mit dem Namen „Der Mahdi im Süden Tunesiens“überhaupt existiere. Der französisc­hen Staatsanwa­ltschaft zufolge hatten Geheimdien­ste den mutmaßlich­en Angreifer nicht als möglichen Gefährder auf dem Radar.

Papst Franziskus schloss die Opfer des Attentats in Nizza nach Angaben des Vatikans in sein Gebet ein. Vatikanspr­echer Matteo Bruni erklärte, die Tat säe Tod an einem Ort der Liebe und des Trostes. Der französisc­he Rat des muslimisch­en Glaubens verurteilt­e den Anschlag.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel sagte in Berlin, sie sei „tief erschütter­t über die grausamen Morde in einer Kirche“. Ihre Gedanken seien bei den Angehörige­n der Betroffene­n sowie den Verletzten. Das türkische Außenminis­terium erklärte, es verurteile die Attacke in Nizza und stehe solidarisc­h an der Seite Frankreich­s.

 ?? FOTO: BOTELLA/DPA ?? Obwohl seit Freitag strenge Lockdown-Regeln gelten, legten viele Menschen Blumen vor der Basilika Notre-Dame in Nizza nieder.
FOTO: BOTELLA/DPA Obwohl seit Freitag strenge Lockdown-Regeln gelten, legten viele Menschen Blumen vor der Basilika Notre-Dame in Nizza nieder.

Newspapers in German

Newspapers from Germany