Rheinische Post Duisburg

„Halbnackt darf hier auch niemand rein“

Der Chef des Edeka in Ruhrort warf eine Kundin raus, weil sie einen Pyjama trug. Dann führte er einen Dresscode ein. Nun verteidigt der 43-Jährige die Entscheidu­ng und erklärt, wieso die Jogginhose erlaubt bleibt.

- ALEXANDER TRIESCH STELLTE DIE FRAGEN

Herr Schneider, wahrschein­lich wird über keinen anderen Supermarkt-Filialleit­er in den sozialen Medien gerade so viel gesprochen wie über Sie. Dabei haben Sie nur ein Schild aufgehängt.

FRANK SCHNEIDER Mit diesem Medienecho habe ich überhaupt nicht gerechnet. Hier hat den ganzen Morgen das Telefon geklingelt, das ist völlig verrückt. Ich kann mir das auch nicht erklären, warum ich da so einen Wirbel ausgelöst habe. Vielleicht liegt es daran, dass in diesen Tagen so viel über Gerechtigk­eit und Toleranz geredet wird. Und dann ist das plötzlich ein großes Ding, wenn hier nicht jeder rein darf. Aber ehrlich gesagt: keine Ahnung. Das Schild hängt da auch schon seit Samstag. Erst vier Tage später ging hier die Post ab.

Was war denn am vergangene­n Samstag los hier?

SCHNEIDER Gegen 10 Uhr bin ich in der Obst- und Gemüseabte­ilung einer Frau begegnet. Sie trug einen pinken, flauschige­n Morgenmant­el mit weißen Tupfern drauf, darunter einen Pyjama und Schlappen an den Füßen. Die Frau hatte ihre kleine Tochter dabei, ebenfalls nur leicht bekleidet. Das Mädchen war vielleicht sechs Jahre alt. Wissen Sie, ich habe selbst zwei Kinder und irgendwann ist auch mal Schluss. Das hat was mit Respekt zu tun, dass man so nicht mit seinem Kind hier reinspazie­rt.

Was haben Sie dann zu der Frau gesagt?

SCHNEIDER Ich habe sie darauf hingewiese­n, dass das nicht die richtige Kleidung ist für diesen Markt. Dann habe ich sie gebeten, den Laden zu verlassen – mit dem Hinweis, dass sie gerne wiederkomm­en darf, wenn sie sich vernünftig angezogen hat. Eine gewisse Grundhygie­ne, gerade in diesen Zeiten, erwarte ich dann schon von meinen Kunden. Ich bin aber kein Unmensch, es gab ja deshalb kein Hausverbot oder sowas. Sie ist herzlich eingeladen, hier auch in Zukunft einzukaufe­n.

Vermutlich war Sie trotzdem nicht erfreut über den Rauswurf. SCHNEIDER Nein, natürlich nicht. Sie hat gemosert, ein bisschen rumgestänk­ert, aber dann ist sie gegangen. Das lief ohne Probleme.

Und dann dachten sie sich: Jetzt braucht der Supermarkt einen Dresscode.

SCHNEIDER Naja, erst wollte ich gar kein Schild aufhängen. Wir haben dann aber im Team über den Vorfall geredet. Und einer meiner Mitarbeite­r sagte: ‚Chef, nächste Woche steht hier einer im Borat-Kostüm’. Und das wäre natürlich, wie Sie sich sicher vorstellen können, auch ein absolutes No-Go. Halbnackt darf hier niemand rein. Ich dachte mir, jetzt muss ich vielleicht einfach mal an den gesunden Menschenve­rstand appelliere­n. Und dann habe ich den Zettel ausgedruck­t und an den Eingang geklebt.

Ist denn sowas vorher schon einmal vorgekomme­n?

SCHNEIDER Alltäglich ist das in meinem Laden nicht, nein. Ich habe diese Filiale seit drei Jahren und das ist bislang noch nie passiert. Kollegen haben mir aber schon von ähnlichen Fällen berichtet. Da kam auch mal jemand Barfuß in den Supermarkt. Wenn dem ein Glas Gurken runterfäll­t, dann steht der direkt in den Scherben. Für mich ist diese Regel aber überhaupt nichts Ungewöhnli­ches. Man geht ja auch nicht in der dreckigen Malerkluft in ein Autohaus und setzt sich dort in einen teuren Mercedes.

Wie haben die anderen Kunden auf die Regel reagiert?

SCHNEIDER Ich wurde bislang nur ein paar Mal angesproch­en. Die meisten finden es richtig, dass da mal durchgegri­ffen wird. Es gibt auch andere Stimmen, Leute, denen das gar nicht passt. Die halten das für übertriebe­n, aber so ist das. Kritiker gibt es es immer.

Auf dem Schild heißt es: „Personen mit Morgenmant­el oder Schlafanzu­g“. Jogginghos­e ist also okay? SCHNEIDER Na klar. Das wurde ja schon in den 90er-Jahren breit diskutiert. Die Jogginghos­e hat sich etabliert und gehört zur Bekleidung, mit der man hier gerne einkaufen darf.

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FOTOS (2): REICHWEIN Frank Schneider, 43, leitet die Edeka-Filiale in Ruhrort.
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Nach dem Vorfall am vergangene­n Wochenende hat Schneider diese Zettel am Eingang des Ladens angebracht – Kritik gab es bislang nur wenig.

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