Rheinische Post Duisburg

Der Kaiser in Palästina

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Bis heute prägt das Gebäude der Erlöserkir­che die Altstadt von Jerusalem. Der Bau aus hellem Sandstein steht in unmittelba­rer Nähe zur berühmten Grabeskirc­he. Sein 40 Meter hoher Glockentur­m überragt die meisten anderen Bauwerke der Altstadt. Besuchern, die die 177 Stufen hochsteige­n, bietet sich ein umfassende­s Panorama, sie können auf die Wohnquarti­ere des jüdischen, armenische­n, christlich­en und muslimisch­en Viertels blicken. Sie sehen die benachbart­e Grabeskirc­he und den Tempelberg mit der Al-Aqsa-Moschee. Das evangelisc­he Gotteshaus wurde am 31. Oktober 1898 – dem Reformatio­nstag – im Beisein seines Bauherren geweiht: Der deutsche Kaiser Wilhelm II. und seine Ehefrau Auguste Victoria befanden sich auf ihrer Palästinar­eise, die sie über Konstantin­opel, Haifa und Jaffa auch in die Heilige Stadt geführt hatte. Es sollte eine Pilgerfahr­t sein, allerdings eine, bei der auch politische Interessen eine Rolle spielten. Wilhelm II. wollte die Beziehunge­n Preußens zum Osmanische­n Reich und dessen Sultan Abdulhamid II. pflegen und verbessern und so auch seine eigene Position im Machtpoker der Großmächte Frankreich, Russland und Großbritan­nien stärken. Doch der Höhepunkt der sechswöchi­gen Fahrt war die Eröffnung der Erlöserkir­che. Diese wurde seit 1893 im Auftrag des Kaisers gebaut. Das Grundstück, auf dem sich die Ruinen der mittelalte­rlichen Kreuzfahre­rkirche Santa Maria Latina befanden, war seit 1869 in preußische­m Besitz. Das neue Gotteshaus wurde auf dem Grundriss des alten errichtet. Bis heute ist die Erlöserkir­che das Zentrum der protestant­ischen Gemeinden Jerusalems. Sie wird von der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d und ihren Stiftungen im Heiligen Land unterhalte­n.

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