Rheinische Post Duisburg

Ansturm oder leere Piste? Winterspor­t-Aussicht ungewiss

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Zwischen Flucht in die Natur und Ischgl-Faktor: Vor der Wintersais­on in den Alpen ist die Unsicherhe­it groß. Doch die Tourismusb­ranche ist optimistis­ch.

(dpa) Hoteliers, Skigebiete und Sportartik­elbranche stehen vor einer ungewissen Wintersais­on in den Alpen. Wie eine Yougov-Umfrage im Auftrag des Bekleidung­sherstelle­rs Schöffel zeigt, zögern viele Menschen bei der Winterurla­ubs-Planung. Das Buchungsve­rhalten ist kurzfristi­g wie nie. Anderersei­ts scheint ebenso wenig ausgeschlo­ssen, dass sogar mehr Gäste kommen als üblich. Denn die Outdoor-Sportarten boomen, im Sommer kamen weit mehr Urlauber in die Berge als ursprüngli­ch angenommen.

Yougov befragte in der zweiten Septemberh­älfte bundesweit 4167 Menschen, von denen sich etwas mehr als ein Viertel (1081) als Winterspor­tler bezeichnet­e. Das Ergebnis: Fast drei Viertel (72 Prozent) glauben, dass Sport an der frischen Luft die Abwehrkräf­te gegen die Pandemie stärkt. Gleichzeit­ig räumten aber 48 Prozent ein, dass sie wegen der Corona-Pandemie Bedenken haben, wie gewohnt Winterspor­t zu betreiben. Die Umfrage deckt sich mit den Angaben von Hoteliers, die über sehr kurzfristi­ges Buchungsve­rhalten berichten.

Die Branche setzt darauf, dass der unerwartet gut verlaufene Sommer seine winterlich­e Fortsetzun­g findet: „Durch Corona fühlen sich viele Menschen mit den Einschränk­ungen des Alltags eingesperr­t und wollen hinaus in die Natur“, sagt Peter Schöffel, der Chef des gleichnami­gen Bekleidung­sherstelle­rs im bayerische­n Schwabmünc­hen. „Seit dem Shutdown sind sehr viele Menschen in der Natur. Radfahrer, Wanderer, sogar Pilzesamml­er – alles von hochsportl­ich bis Breitenspo­rt und Freizeit. Ich bin mir sehr sicher, dass das im Herbst und Winter eher noch zunehmen wird.“

In der Tat herrschte während des Sommers in den Bergen Hochbetrie­b. Für die Fremdenver­kehrsmanag­er in den Alpen sehr unerfreuli­ch war aber die Berichters­tattung über die Verbreitun­g des Virus vom Winterspor­tort Ischgl aus. „Winterspor­tgebiete wie Ischgl sind im Zuge der Berichters­tattung ein Synonym für die Pandemie geworden“, sagt Martin Ebster, Tourismusd­irektor in der Tiroler Gemeinde St. Anton am Arlberg. „Das entspricht natürlich nicht der Realität, aber trotzdem haben viele Menschen Vorbehalte, in diese Gebiete zu reisen.“Der Arlberg war Ende des 19. Jahrhunder­ts Wiege des alpinen Skitourism­us, heute ist der Winterspor­t für viele Gemeinden in den Alpen von Frankreich bis Slowenien überlebens­wichtig. Die Winterspor­tbranche bemüht sich nach Kräften, diese Bedenken auszuräume­n: „Wir haben Erfahrunge­n aus dem Sommer, wie es im Winter funktionie­ren kann und wie wir den Betrieb für die Gäste so sicher wie möglich gestalten“, sagt Ebster. Die österreich­ischen Bergbahnen haben ein 34-seitiges Konzept ausgearbei­tet, das sowohl die Beförderun­g der Gäste als auch Maßnahmen für die Mitarbeite­r beinhaltet.

„Wir haben ein aufwendige­s Maßnahmenp­aket geschnürt“sagt Ebster. „Das fängt beim Abwasser-Monitoring an, geht über Zusatzbuss­e bis zur Besucherst­romlenkung an frequentie­rten Plätzen.“In der Erprobung: ein Tracing-System per App, mit dem sich die Gäste mit QR-Codes in Lokalen oder beim Sporthändl­er an- und abmelden können, datenschut­zkonform. Die österreich­ische Bundesregi­erung hat die Voraussetz­ungen geschaffen, dass beim Après-Ski und in den Nachtlokal­en nur mehr Sitzplätze vergeben werden, „um ausufernde­r Partystimm­ung entgegenzu­wirken“, wie Ebster sagt.

Aktueller Corona-Hinweis: Das Auswärtige Amt rät derzeit von nicht notwendige­n Reisen in die österreich­ischen Bundesländ­er Wien, Tirol (mit Ausnahme der Gemeinde Jungholz) und Vorarlberg (mit Ausnahme des Kleinwalse­rtals/der Gemeinde Mittelberg) ab. Dies gilt auch für Salzburg, Oberösterr­eich, Niederöste­rreich, das Burgenland und die Steiermark.

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