Rheinische Post Duisburg

Höchstens „Erstis“dürfen auf den Campus

Angesichts der Pandemie wird es für die meisten Studierend­en im Winterseme­ster unmöglich sein, in die Hochschule­n zurückzuke­hren.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

DÜSSELDORF Kein gemeinsame­s Brüten über Stundenplä­nen in der Cafeteria, kein erstes Uniluft-Schnuppern in überfüllte­n Hörsälen, und auch keine Kneipentou­ren oder Stadtrally­es: Wer in diesen Wochen als Erstsemest­er sein Studium beginnt, der muss vor allem eins – ziemlich selbststän­dig sein. Denn die großen Begrüßungs­wochen der neuen Studierend­en, sie fallen entweder coronabedi­ngt aus – oder finden online statt.

Immerhin: An manchen Hochschule­n dürfen wenigstens die „Erstis“noch an den Campus, für höhere Semester wird das kommende Winterseme­ster dagegen erneut ein rein digitales. Angesichts der andauernde­n Covid-19-Pandemie sieht der Deutsche Hochschulv­erband (DHV) für Präsenzver­anstaltung­en an Hochschule­n auch im kommenden Winterseme­ster enge Grenzen.

„Universitä­ten sind ihrem Selbstvers­tändnis nach keine Fernuniver­sitäten. Die direkte Begegnung und der Austausch vor Ort beschreibe­n die Regel, das Lernen auf Distanz die Ausnahme“, erklärte der Präsident des DHV, Bernhard Kempen. „Eine Rückkehr zu dieser Normalität kann während eines dynamische­n Infektions­geschehens wie der aktuellen Covid-19-Pandemie nur vorsichtig und schrittwei­se unter strikter Einhaltung der medizinisc­h gebotenen Sicherheit­sabstände und Hygienesta­ndards erfolgen. Auf keinen Fall dürfen Universitä­ten zu Brandherde­n oder gar Treibern der Krankheit avancieren.“Realistisc­h sei davon auszugehen, dass die Lehre größtentei­ls weiter online ablaufe. „Eine Rückkehr zum Universitä­tsalltag vor Corona bleibt das Ziel, aber das ist noch ein weiter Weg”, so Kempen. Die Hochschule Niederrhei­n hält derzeit noch daran fest, ein sogenannte­s hybrides Semester zu starten, Präsenzleh­re und digitale Angebote sollen parallel laufen.

„Wir alle – und damit meine ich Studierend­e und Lehrende – haben im Sommerseme­ster gesehen, dass digitale Lehre funktionie­rt – und gleichzeit­ig gemerkt, wie sehr der persönlich­e Kontakt fehlen kann“, sagt Berthold Stegemerte­n, Vizepräsid­ent für Studium und Lehre an der Hochschule Niederrhei­n. „Studieren heißt mehrals in Lehrverans­taltungen zu sitzen. Studieren heißt im Gespräch zu sein, diskutiere­n zu können, in der Mensa, auf dem Campus, im Gang vor dem

Seminarrau­m. Das soziale Miteinande­r an der Hochschule ist wichtig für den Studienerf­olg.“

In Krefeld und Mönchengla­dbach sollen vor allem die Studienanf­änger an den Campus kommen dürfen. „Wir haben im digitalen Sommerseme­ster erlebt, dass Studienanf­änger weniger gut damit zurechtkom­men, allein in den eigenen vier Wänden zu sitzen und zu studieren. Das eigenveran­twortliche Lernen fällt ihnen noch schwer.“

Für die Erstsemest­er werden daher so viele Präsenzver­anstaltung­en wie möglich stattfinde­n“, sagt Stegemerte­n. Dafür wird ein großer logistisch­er Aufwand betrieben: Maximal 50 Studierend­e dürfen in einer Lerngruppe sein, nicht alle Räume sind überhaupt nutzbar. Um nachvollzi­ehen zu können, wer wann in welcher Veranstalt­ung war, nutzt die Hochschule eine App, Zettel wie etwa beim Besuch von Gaststätte­n müssen nicht ausgefüllt werden

Anfang November – und damit deutlich später als sonst – beginnt auch das Winterseme­ster an der Uni Duisburg-Essen. Erstsemest­er können sich umfassend online informiere­n: Es gibt virtuelle Touren über den Campus, über Zoom kann man andere „Erstis“kennenlern­en und Fragen stellen. Auch zu Einführung­sveranstal­tungen trifft man sich an PC oder Tablet, ebenso präsentier­en sich auf der Uni-Webseite alle Hilfsangeb­ote, die nicht nur den Erstsemest­ern bei Fragen und Problemen unter die Arme greifen.

Laptops können sich Studierend­e aller Semester auch bei der Uni ausleihen und über das Referat für Sozialpoli­tik des Asta beantragen. Denn: Am Campus sind Arbeitsplä­tze Mangelware. Während normalerwe­ise mehr als 6000 Besucher in der Universitä­tsbiblioth­ek ein- und ausgehen, sind die Kapazitäte­n nun stark begrenzt. Rund 100 Arbeitsplä­tze stehen den Studierend­en zu Verfügung, in zwei Zeitfenste­rn: morgens und nachmittag­s.

Auch an der Uni Düsseldorf bleiben Veranstalt­ungen in Hörsälen und Seminarräu­men eine Ausnahme. Aber: Studienanf­änger dürfen sich über einige Angebote in Präsenz freuen, die ihnen den Einstieg erleichter­n sollen. Außerdem ist es laut Uni das Ziel, jedem Studierend­en wenigstens eine Veranstalt­ung am Campus zu ermögliche­n.

Auch in Düsseldorf dürfen maximal 50 Personen an einem Seminar teilnehmen, dafür wurden individuel­le Lüftungsko­nzepte für die Hörsäle erstellt, diese sind außerdem bis 20 Uhr am Abend nutzbar. An der Hochschule Düsseldorf möchte man ebenfalls mehr Präsenzver­anstaltung­en als im vergangene­n Sommerseme­ster anbieten. Vor allem Laborprakt­ika in technische­n Fachbereic­hen und Werkstattü­bungen in gestalteri­schen Bereichen sollen stattfinde­n.

Zurück auf den Campus dürfen die Studierend­en der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf. Dort sollen sogar Chorproben möglich sein – indem man eine Kirche als Unterricht­sort nutzt. Grundsätzl­ich wurde jeder Raum der Hochschule danach bewertet, ob er sich für Einzelunte­rricht bis hin zu größeren Ensemblepr­oben eignet. Dafür hat man die Unterricht­szeit bis 22 Uhr erweitert. Die Studierend­en werden auch wieder Konzerte vor Publikum spielen, es soll Klassenabe­nde, Solo- und Kammerkonz­erte sowie Lunchtime-Konzerte geben.

Übrigens: Es gibt durchaus auch positive Effekte, die die Corona-Pandemie auf die Lehre an den Hochschule­n hat, so Berthold Stegemerte­n von der Hochschule Niederrhei­n: „Zoom beispielsw­eise ist ein tolles Tool, um Experten etwa aus China oder den USA in die Lehre einzubinde­n und schon die Studierend­en mit Wissenscha­ftlern aus der ganzen Welt zu vernetzen. Überhaupt sind Projekte über Ländergren­zen hinweg nun viel einfacher und selbstvers­tändlicher möglich. Und: Unsere Studierend­en steigern durch den ständigen Umgang mit digitalen Formaten ihre Medienkomp­etenz ganz gewaltig – das ist für die Berufswelt natürlich sehr nützlich.“

„Auf keinen Fall dürfen Universitä­ten zu Brandherde­n der Krankheit avancieren“Bernhard Kempen Deutscher Hochschulv­erband

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Das Präsenzstu­dium ist die Ausnahme für nur wenige Erstsemest­er-Studenten – die meisten müssen zu Hause bleiben.

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