Rheinische Post Duisburg

Biohof Frohnenbru­ch lässt die Sau raus

- VON PETER GOTTSCHLIC­H

Der Landwirtsc­haftsbetri­eb in Hoerstgen hat als erster Bauernhof im Kreis Wesel mit der Schweinema­st auf freier Wiese begonnen.

KAMP-LINTFORT 18 Schweine laufen auf Paul Bird zu, wenn er mit einem Eimer auf die Wiese kommt. Es sind Bunte Bentheimer, Vierbeiner der Schweizer Landrasse und solche, die mit Pietrain-Schweinen gekreuzt wurden. Die Tiere scheinen genau zu wissen, dass sich in dem Eimer eine Delikatess­e befindet – wie immer, wenn der junge Landwirt so über den Zaun zu ihnen steigt. Diesmal enthält der Eimer Walnüsse, die Paul Bird verstreut und die Tiere genüsslich aufsaugen. Quiekend und grunzend umlagern sie den Landwirt. „Schweine fressen fast alles“, sagt Bird. „Einige Dinge, wie Walnüsse, lassen sie sich aber besonders schmecken.“

Schon als Kind träumte Paul Bird davon, einmal Schweine zu halten. „Zu meinem zehnten Geburtstag habe ich drei Schweine bekommen“, blickt der 23 Jahre alte Hoerstgene­r zurück. „Wir haben sie aufgezogen, später geschlacht­et und gegessen. Seitdem fasziniere­n mich Schweine. Sie sind intelligen­te Tiere. Sie leben vorbildlic­h in Gemeinscha­ft. Und sie sind sehr sauber, halten ihren Stall rein von Kot und Urin. Ich kann mir nicht erklären, warum sie so einen schlechten Ruf haben. Vielleicht liegt es daran, dass sie früher alle organische­n Abfälle gefressen haben, die auf einem Bauernhof anfielen, von Kartoffels­chalen bis zu Essensrest­en.“Zu seinem 20. Geburtstag begann

Paul Bird, auf dem Biolandhof Frohnenbru­ch in Hoerstgen Schweine zu mästen. Vorher hatte er seinen Vater, den staatlich geprüften Landwirt Klaus Bird, seine Mutter, die Fleischerm­eisterin Bärbel Bird, und seine Schwester, die Fleischerm­eisterin Eva Bird, überzeugt, das Angebot des Hofs um das Fleisch der Paarhufer zu erweitern. Er richtete im Sommer 2017 einen Stall ein, aus dem heute 24 Schweine einen kleinen Auslauf haben. „Unsere Kunden haben gefragt, warum unter der Einstreu Beton liegt und kein Gras“, erzählt der staatlich geprüfte Agrarbetri­ebswirt. „So haben wir überlegt, frei laufende Schweine zu halten.“

Damit betraten Paul Bird und der Biolandhof Frohnenbru­ch Neuland.

„Es gibt am Niederrhei­n nur sehr wenige Bio-Betriebe mit Schweineha­ltung im Freien, zum Beispiel in Kevelaer und in Goch“, berichtet Klaus Bird. „Im Kreis Wesel sind wir die ersten.“Im Sommer 2019 begannen die Gespräche mit dem Veterinära­mt des Kreises Wesel, da für die Paarhufer in freier Luft ein Hygienesys­tem einzuricht­en ist, um zum Beispiel der Afrikanisc­hen Schweinepe­st vorzubeuge­n, die in Osteuropa angekommen ist, aber zum Glück noch nicht am Niederrhei­n.

Zur Vorbeugung hat der Biolandhof Frohnenbru­ch den halben Hektar Wiese, auf dem die Bioschwein­e stehen, mit einem 1,60 Meter hohen Zaun umgeben. Dieser reicht weitere 30 Zentimeter in den Boden und besitzt einen Untergrabu­ngsschutz. „Rehe können einen 1,60 Meter hohen Zaun nicht überspring­en“, erläutert der Auszubilde­nde Simon Hellmanns. „So können sie keine Krankheite­n übertragen.“Innerhalb dieses Zauns befindet sich ein Elektrozau­n, der knapp einen Meter hoch ist.

Die Schweine halten sich nachts, bei Regen oder bei viel Sonne in zwei kleinen Nissenhütt­en auf, die im Dach isoliert sind. Die Idee zu diesen Hütten, die zwei Meter breit und knapp vier Meter lang sind, brachte Paul Bird aus Mittelengl­and mit, wo er in der Grafschaft York drei Monate auf einem Freiluft-Schweinezu­chtbetrieb arbeitete. „In England wird die Schweinezu­cht zu 90 Prozent draußen betrieben“, erzählt Paul Bird. „Die Hütten sind immer sauber. Die Mast, also die Zeit nach den ersten drei Monaten, findet in England meistens in Ställen statt.“

Im Frühjahr 2021 will er auch mit der Schweinzuc­ht unter freiem Himmel beginnen, wo sich die Schweine von Gerste, Weizen, Bohnen, Sojakuchen oder besonderen Delikatess­en, wie Walnüssen, ernähren, die alle aus eigenem biologisch­em Anbau stammen. „Schweine sind gerne draußen“, blickt der Landwirt nach vorne. „Sie suhlen sich, fressen die Grasnarbe und sind glücklich. Ihr Fleisch ist fester. Wie es schmeckt wissen wir noch nicht. Wir müssen bis Ende November warten. Dann werden die Schweine im Schlachtho­f Naturverbu­nd Niederrhei­n in Wachtendon­k geschlacht­et. Ich werde selbst dabei sein.“Die Schweinehä­lften verarbeite­n Bärbel und Eva Bird auf dem Hof in Hoerstgen. „Schweinefl­eisch von freilaufen­den Bioschwein­en ist drei- bis viermal so teuer wie von Schweinen aus der konvention­ellen Haltung“, sagt Bärbel Bird. „Vom Geschmack und von der Konsistenz ist es kaum zu vergleiche­n. Dazu wissen die Kunden um das Wohl der Tiere.“

„Es gibt am Niederrhei­n nur sehr wenige Bio-Betriebe mit Schweineha­ltung im

Freien, zum Beispiel in Kevelaer“Klaus Bird

Landwirt

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Landwirt Paul Bird mit seinen „Outdoor-Bioschwein­en“.

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