Kontaktverbote auf der Kippe?
Nachdem das Amtsgericht Dortmund drei Männer freigesprochen hat, die im Frühjahr gegen Corona-Regeln verstoßen haben, ist die Irritation groß.
DORTMUND Als „Dammbruch“wird es in einschlägigen Foren bereits gefeiert, als „Entscheidung mit bundesweiter Signalwirkung“und als „dicke Klatsche für die Bundesbehörden“– dabei ist das Urteil des Dortmunder Amtsgerichts noch gar nicht rechtskräftig. Aufsehen aber erregt es, in seiner Form nämlich ist es bislang einzigartig: Drei Männer, die im Frühjahr gegen das Kontaktverbot verstoßen hatten, sind am Montag freigesprochen worden.
200 Euro Bußgeld hätten zwei Dortmunder und ein Chemnitzer jeweils zahlen sollen, weil sie sich Anfang April zusammen in der Öffentlichkeit aufgehalten haben – erlaubt war laut damaliger Corona-Schutzverordnung lediglich das Treffen von zwei Personen. Die Männer gingen juristisch dagegen vor – und bekamen recht: Ein derart gravierender Grundrechtseingriff bedürfe eines förmlichen Gesetzes durch das Parlament, befand das Amtsgericht Dortmund, eine Verordnung durch die Regierung
reiche nicht. Der Nürnberger Rechtsexperte Christoph Degenhart pflichtet dem Tenor des Urteils grundsätzlich bei: „Der rechtssichere Weg wäre auch schon im Frühjahr gewesen, die Kontaktverbote in ein Gesetz zu schreiben“, so der Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Leipzig. „Sollte das Oberlandesgericht Hamm das Urteil des Amtsgerichts bestätigen, hätte das zur Folge, dass die Regierung sich nun Gedanken machen muss, die Corona-Maßnahmen endlich durch Gesetze zu regeln – in allen nötigen Details.“Das Dortmunder Urteil könnte Signalwirkung entfalten, sollte es denn bestätigt werden. In jedem Fall würde es noch mehr Menschen ermuntern, rechtlich gegen die aktuellen Beschränkungen vorzugehen. Bereits jetzt liegen dem zuständigen Oberverwaltungsgericht in Münster zwei Dutzend Klagen gegen die Corona-Schutzverordnung vor, die mit dem Teil-Lockdown am Montag in Kraft getreten ist.
Bei einer Pressekonferenz am Montag verteidigte NRW-Gesundheitsminister
Karl-Josef Laumann (CDU) unter anderem die strenge Maskenpflicht, die Düsseldorf seit Dienstag für fast das gesamte Stadtgebiet eingeführt hat. Das Urteil aus Dortmund gegen die Kontaktverbote hat nach Ansicht von Laumann keinen grundsätzlichen Einfluss auf die Corona-Schutzverordnungen des Landes. „Einzelfälle bestätigen die Regel“, so der Minister. Es sei gut, dass es Gerichte gebe, „die überprüfen, was wir machen“. Bis jetzt hätten die Verordnungen aus seinem Haus aber „vielen Prozessen
standgehalten“. Dennoch verstehe er die Debatte darüber, ob Parlamente nicht mehr mitgestalten sollten. „Ich habe nichts dagegen“, sagte Laumann.
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