Hinschauen, auch wenn‘s eklig ist
Bei der digitalen Duisburger Filmwoche stand eine Dokumentation auf dem Programm, die nur der Jury und der Presse zugänglich gemacht wurde. Und das hatte seine Gründe. „Wohnhaft Erdgeschoss“ist dennoch ein offizieller Wettbewerber der Filmwoche.
Beim Filmtitel „Wohnhaft Erdgeschoss“konnte man sich noch nichts Schlimmes denken. Wer die Dokumentation von Jan Soldat unvorbereitet sieht, wird gleich zu Beginn einen Ekelschock bekommen. Wäre der Film im Filmforum gelaufen, geplant war eine Vorstellung um 22 Uhr, hätten gewiss viele Besucher den Saal fluchtartig und möglicherweise laut protestierend verlassen.
Gezeigt wird in der ersten Einstellung ein nackter, 51-jähriger Mann mit ziemlich dickem Blähbauch, der vor einem Bett steht, in die Kamera blickt, dann fragt: „Kann ich?“und anschließend aufs Bett uriniert. Heiko heißt dieser Mann, den man im Laufe des Films näher kennenlernen wird.
Heiko, seit Jahren arbeitslos, wird noch öfter während des Films ins Bett und auf den Teppich seiner Berliner Wohnung pinkeln. Er steht zu seiner „Leidenschaft“, tummelt sich mit entsprechenden Bildern im Internet, wo er den eindeutigen Nicknamen
„Bettpinkler“führt. Dass viele sein Verhalten ekelhaft finden, ist ihm klar. Auf entsprechende Vorwürfe reagiere er nach dem Motto: „Linkes Ohr rein, rechtes Ohr raus.“Im Übrigen gebe es überall Männer wie ihn, sogar in Wien.
Darf man über so einen Menschen einen Film machen? Im Video-Gespräch, das wegen der Corona-Beschränkungen bereits vor wenigen Wochen aufgenommen wurde, verteidigt Filmemacher Jan Soldat seine Arbeit.
„Ich bin kein Therapeut, ich bin kein Sozialarbeiter, ich bin Filmemacher und will das zeigen“, sagt er. Er sei seinem Protagonisten Heiko „naiv“begegnet. Er beschreibt das dann so: „Sofort nach Betreten seiner Wohnung, Kamera an und los. Heikos Wut, sein Schmerz, der Geruch, seine Lebensumstände, das alles hat mich sehr mitgenommen. Ich wollte keiner von denen sein, die wegschauen.“
Heikos Lebensgeschichte ist traurig. Von Vater und Mutter sei er geschlagen worden. Als es besonders