Rheinische Post Duisburg

Neue Corona-Hilfe irritiert Gastronome­n

Aus der Sicht der Wirte sind wichtige Frage noch offen: Was passiert beispielsw­eise mit den Umsätzen aus dem Außer-Haus-Verkauf?

- VON VOLKER POLEY

WANHEIM/MITTE Marco Peters’ Currywurst ist preisgekrö­nt. Davon hat er zurzeit aber gar nichts. Er ist im Moment mit seinem Imbissstan­d und seiner Geschäftsi­dee zur Untätigkei­t verdammt. Und ziemlich irritiert. Dafür hat ausgerechn­et die Ankündigun­g der Bundesregi­erung gesorgt, Unternehme­n, die während des neuerliche­n Teil-Lockdowns schließen müssen, 75 Prozent des November-Umsatzes des vergangene­n Jahres als finanziell­e Hilfe zu gewähren. „Was passiert denn, wenn ich meine Wurst außer Haus verkaufe? Steht mir dann die Hilfszahlu­ng nicht zu?“, fragt der ehemalige Betriebswi­rt verunsiche­rt. Er befürchtet, dass er mit der auf diese Weise generierte­n „kleinen“Zusatzeinn­ahme eventuell das Anrecht auf die angekündig­te Finanzhilf­e verwirken könnte. Deshalb lässt Peters seinen Streetfood-Trailer vorsichtsh­alber in der Garage stehen. Seine Befürchtun­gen sieht er bestätigt, seitdem seit einigen Tagen Klarheit über die „Spielregel­n“für die „Novemberhi­lfe“herrscht.

Seine Meinung dazu ist eindeutig: „Das ist eine Mogelpacku­ng wie die 9000 Euro Soforthilf­e im März.“Gerade das Herausrech­nen von „Außer-Haus-Verkäufen“im November 2019 sieht er kritisch: „Viele Gastronome­n beliefern in der Vorweihnac­htszeit außer Haus, dazu gehören Firmeneven­ts, Gänseessen und anderes.“Das mache gerade im November einen erhebliche­n Teil des Umsatzes aus, der nun nicht angerechne­t werden soll.

Dass der „Außer-Haus-Verkauf“im aktuellen Monat nicht mindernd angerechne­t werden soll, bringe auch nicht viel: „Der steht in keinem Verhältnis zu normalen Jahren und stellt nur einen Bruchteil des Umsatzes dar.“Er sieht Parallelen zur Frühjahrs-Soforthilf­e, als erst später klar wurde, dass die Hilfe

nur für Betriebsko­sten wie Miete und Strom verwendet werden durfte, die bei manchem Solo-Selbststän­digen aber gar nicht anfallen.

Da er die Auszahlung der neuerliche­n Finanzhilf­e nicht gefährden wollte, ließ er seit Beginn des November-Lockdowns die Arbeit lieber ruhen. Wehmütig denkt er an die eigentlich vollen Auftragsbü­cher für das aktuelle Jahr: „Wir hatten Verträge für 200 Events abgeschlos­sen, nur fünf Termine davon konnten realisiert werden.“

An den jetzt vorliegend­en neuen Regelungen stört Marco Peters zudem, dass die Anträge nur von Steuerbera­tern

gestellt werden dürfen: „Die sind derzeit eh total überlastet, viele brauchen das Geld aber dringend.“

Antonio Ziogas und seine Ehefrau Alexandra machen sich aus anderen Gründen Sorgen. Zum 1. Januar dieses Jahres haben sie das „Haus Wilmes“in Wanheim auf der Römerstraß­e übernommen. Die alteingese­ssene Gaststätte wurde schnell zu einem beliebten Treff, nicht nur wegen des Angebots an griechisch­en Spezialitä­ten: „Man traf sich hier in geselliger Runde, trank ein Bierchen, alles lief eigentlich prima an.“

Der erste Lockdown im Frühjahr traf die Gastronomi­e mit voller Wucht. Den Mut verlor das Gastronome­npaar allerdings nicht. „Wir hatten bereits von Anfang an auch auf den Außer-Haus-Verkauf gesetzt, das lief prima und kam uns während der Schließung zugute“, blickte Gastwirt Ziogas zurück. Die Soforthilf­e hatte ebenfalls dazu beigetrage­n, dass das neue Lokal überleben konnte. Jetzt befürchten die jungen Gastronome­n, dass sie bei der „Novemberhi­lfe“durchs Raster fallen.

Maßgeblich für die Finanzhilf­e soll der Novemberum­satz des vergangene­n Jahres sein. 75 Prozent davon sollen als Hilfe ausgezahlt werden. Ziogas erklärt: „Aber uns gibt es ja erst seit Januar, wenn wir deswegen keine Unterstütz­ung bekommen würden, wäre das sehr ungerecht.“

Entwarnung gibt Marc Weber, Vorsitzend­e der Duisburger Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststätte­nverband): Antragsber­echtigte, die nach dem 31.10.2019 ihre Geschäftst­ätigkeit aufgenomme­n haben, können als Berechnung­sgrundlage den monatliche­n Durchschni­ttsumsatz seit Gründung angeben, erklärt er.

Da für die Ziogas dafür nur das Jahr 2020 infrage kommt, wird die Berechnung­sgrundlage eher bescheiden bleiben, da nach den Durchführu­ngsbestimm­ungen „Außerhausv­erkaufsums­ätze zu reduzierte­m Mehrwertst­euersatz“herausgere­chnet und somit nicht berücksich­tigt werden.

Ob mit oder ohne finanziell­e Hilfen, Aufgeben ist für das Gastwirtsp­aar keine Option: „Wir jammern nicht, arbeiten hart und sind sieben Tage bis zu zehn Stunden aktiv.“Dankbar sind sie Mutter Angelika, die sich während der Zeit um die drei schulpflic­htigen Kinder kümmert: „Wenn sie nicht da wäre, gäbe es uns nicht mehr.“

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FOTOS: AREND/ELKE Marco Peters vor seinem Foodtruck im April 2020. Aktuell hat der Wagen „Pause“.
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Antonio und Alexandra Ziogas von Haus Wilmes kämpfen sich als Restaurant­betreiber durch die Corona-Krise. Ihr Restaurant gibt es erst seit diesem Jahr.

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