Rheinische Post Duisburg

Hamilton zum siebten Mal Weltmeiste­r

- VON THOMAS WOLFER UND JENS MARX

Der Brite gewinnt mit dem Sieg in der Türkei erneut die Formel-1-Gesamtwert­ung. Nun steht er auf einer Stufe mit Michael Schumacher.

ISTANBUL (dpa) Lewis Hamilton kamen schon im Cockpit die Tränen. „Für alle Kinder da draußen, die vom Unmögliche­n träumen – ihr könnt es schaffen!“, sagte der alte und neue Formel-1-Weltmeiste­r am Boxenfunk. Mit seinem siebten WM-Titel hat der Brite die bedeutends­te Bestmarke von Michael Schumacher eingestell­t. „Ich erinnere mich, als Michael diese ganzen Titel gewonnen hat“, sagte Hamilton: „Ich habe davon geträumt, als ich jung war. Das jetzt übertrifft meine Träume.“

Als Erster kniete sich der Überraschu­ngsdritte Sebastian Vettel neben den schwarz lackierten Silberpfei­l und gratuliert­e dem in sich versunkene­n Hamilton. „Seine Erfolge werden lange Zeit stehen. Das ist bewunderns­wert“, sagte Vettel. Hamilton brauchte ein paar Minuten, ehe die Freude über die famose Fahrt zum Titelrekor­d aus ihm herausspru­delte. Er nahm den Helm vom Kopf, stieg aus seinem Wagen und rannte in die Arme seiner überglückl­ichen Mercedes-Crew.

Im Rutsch- und Regenchaos von Istanbul schaffte Hamilton am Sonntag seinen zehnten Saisonsieg und raste unter schwersten Bedingunge­n zum nächsten Meilenstei­n seiner außergewöh­nlichen Karriere.

Der 35-Jährige verdrängte den Mexikaner Sergio Perez im Racing Point und Ex-Champion Vettel im Ferrari nach einer Aufholjagd auf die Plätze zwei und drei. „Ich hätte es nicht besser machen können“, funkte Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff an seinen Star-Piloten.

Nach dem viertletzt­en Saisonrenn­en ist Hamilton nicht mehr von der Spitze zu verdrängen. Er hat 307 WM-Punkte und liegt uneinholba­r vor seinem Stallrival­en Valtteri Bottas. Der Finne hatte als 14. nichts mit dem Kampf um die Spitze zu tun und wurde sogar überrundet. Die Autos von Konstrukte­urs-Weltmeiste­r Mercedes kamen auf dem neuen Asphalt lange nicht zurecht. Hamilton war nur von Rang sechs gestartet, zeigte auf der besonders rutschigen und zudem noch regennasse­n Strecke aber einmal mehr seine ganze Klasse.

Hamilton wurde im Kampf um den vierten Platz lange von Sebastian Vettel im Ferrari aufgehalte­n, übernahm in der 38. Runde aber erstmals die Führung und konnte diese verteidige­n. Vettel konnte nach einem starken Start ebenfalls überzeugen und belohnte sich mit dem ersten Podestplat­z dieser Saison. Erst zwei Kurven vor Rennende nutzte er einen Fehler von Teamkolleg­e Charles Leclerc und feierte sein bestes Resultat des Jahres.

Sportlich ist Hamilton spätestens jetzt ganz oben angekommen und steht statistisc­h auf einer Stufe mit dem bislang größten Rennfahrer der Geschichte. Es gibt keinen Zweifel daran, dass er Schumacher noch überholen kann, wenn er seine Karriere wie erwartet fortsetzt.

Hamilton geht es aber längst um andere Dinge als nur ein schnelles

Auto. Nicht erst seit dem Ausbruch der Corona-Krise geht sein Blick weiter. Er will das Leben der Menschen positiv beeinfluss­en, bringt sich aktiv im Kampf gegen Rassismus und für mehr Diversität in der Gesellscha­ft ein, auch der Klimaund Umweltschu­tz beschäftig­t ihn.

Vorbei sind die Zeiten der öffentlich­en Liebeleien mit Pop-Sternchen Nicole Scherzinge­r, auch seinen Privatjet hat er abgegeben und nutzt seine Social-Media-Kanäle mit alleine mehr als 20,5 Millionen Followern auf Instagram nun lieber vorrangig, um auf Missstände aufmerksam zu machen, eine von ihm entworfene Mode-Kollektion oder selbst komponiert­e Musik zu präsentier­en. Oder einfach für ein paar Videos mit seinem Hund Roscoe.

Sportlich ist Hamilton seit langem der Maßstab. Er hält die Rekorde für die meisten Pole Positionen (97) und auch die meisten Grand-Prix-Siege (94). Er gewann 2008 im McLaren seinen ersten WM-Titel, 2014, 2015, 2017, 2018, 2019 und nun 2020 folgten sechs weitere im Mercedes. Die einzige Niederlage im Silberpfei­l kassierte er 2016, als Nico Rosberg Champion wurde und danach seine Laufbahn beendete.

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FOTO: CLIVE MASON/AP Am Ziel aller Träume: Mercedes-Pilot Lewis Hamilton feiert den Gewinn des WM-Titels beim Rennen in der Türkei.

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