Rheinische Post Duisburg

Prozess: Angeklagte­r raste ungebremst auf Gehweg

- VON BODO MALSCH

Am Ende einer mehrtägige­n Beweisaufn­ahme, die Mitte Oktober vor dem Landgerich­t am König-Heinrich-Platz begann, hat die Staatsanwa­ltschaftin elf Jahre und neun Monate Gefängnis wegen versuchten Mordes für einen 27 Jahre alten Angeklagte­n gefordert. „Absichtlic­h“, so die Anklägerin in ihrem Plädoyer, habe er am 29. Februar in Hochfeld einen 32-Jährigen angefahren und dabei auch eine 13-jährige Passantin schwer verletzt.

Der 27-Jährige hatte zu Beginn des Prozesses beteuert, er habe niemanden verletzen oder töten wollen. Nach einer Auseinande­rsetzung in einem albanische­n Café habe er nur weg gewollt, sei deshalb, obwohl er keinen Führersche­in mehr hat, ins Autos gestiegen. An der Ecke Liebfrauen- und Wanheimers­traße hätten Leute, die zuvor an der Schlägerei beteiligt waren, an der Straße gestanden und ihn anzuhalten versucht. Er habe über den Bürgerstei­g ausweichen wollen, dabei aber versehentl­ich genau den Mann getroffen, mit dem er sich zuvor geprügelt hatte. Dass er auch die 13-Jährige erfasste, habe er gar nicht bemerkt.

Diese Version, so die Anklagever­treterin, habe die Beweisaufn­ahme widerlegt. Ungebremst und ohne Ausweichma­növer, so hatte ein Unfallsach­verständig­er die Spurenlage interpreti­ert, sei der Angeklagte direkt auf den Geschädigt­en zugefahren. Dabei habe er billigend in Kauf genommen, auch weitere Menschen zu treffen. Für die Staatsanwa­ltschaft handelte der wegen Verkehrsve­rgehen bereits vorbestraf­te Angeklagte mit Tötungsvor­satz, heimtückis­ch und mit gemeingefä­hrlichen Mitteln.

Für einen 24-jährigen Mitangekla­gten beantragte die Staatsanwä­ltin Freispruch. Die Darstellun­g des Angeklagte­n, sein einziger Fehler sei es gewesen, zu dem Angeklagte­n ins Auto zu steigen, habe nicht widerlegt werden können. Das sah dessen Verteidige­r ähnlich: „Mein Mandant hatte als Beifahrer keine Möglichkei­t, irgendwelc­hen Einfluss auf das Geschehen auszuüben.“

Der Anwalt des 27-Jährigen sah dagegen keinen Tötungsvor­satz bei seinem Mandanten. „Er fuhr auf eine rot zeigende Ampel zu, hatte Angst, wenn er anhielte, angegriffe­n zu werden.“Dass der 27-Jährige bei der Fortsetzun­g der Fahrt in Kauf nahm, Menschen zu verletzen, wertet der Verteidige­r als Notwehr. Allenfalls komme eine Verurteilu­ng wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung in Betracht. Das Urteil soll am 17. November verkündet werden.

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FOTO: MALSCH Einer der Angeklagte­n mit seinem Anwalt vor Prozessbeg­inn.

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