Rheinische Post Duisburg

„Goldgelb und heiß begehrt“

- VON HARALD KÜST

Die Kartoffel kam vor mehr als 400 Jahren aus Südamerika zu uns nach Europa. Aber erst Anfang der 60er Jahre kamen die ersten Pommes frites nach Duisburg.

Wer hat die Pommes frites erfunden? Um diese Frage ranken sich einige Mythen. Während die Franzosen behaupten, bereits während der Revolution 1789 Pommes hergestell­t zu haben, berufen sich die Belgier auf ein Dokument aus dem Jahr 1781. Die Anwohner der Maas brieten damals kleine Fische als Grundnahru­ngsmittel für ihre Mahlzeiten. Als die Flüsse jedoch im Winter vereisten und den Fischfang nahezu unmöglich machten, wurden die Belgier kreativ. Kartoffeln galten als nahrhaft, gut zu lagern und waren auch im Winter verfügbar. Statt Fisch zu braten, schnitten die Fischer die Kartoffeln in kleine fischförmi­ge Stäbchen und frittierte­n sie in heißem Fett, ganz so wie sie sonst den Fisch zubereitet­en, so steht es im kulinarisc­hen Reisehandb­uch „Curiosité de la table dans les Pays Bas Belges“aus dem Jahr 1781.

Gleichzeit­ig wurden in Frankreich bereits auf Jahrmärkte­n Pommes frites angeboten, was zu ihrer Kommerzial­isierung und Verbreitun­g beitrug. Nun ja, da einiges im Dunkel der Geschichte zur Legende wird: Vielleicht wurde die geniale Idee unabhängig voneinande­r entwickelt und breitete sich variantenr­eich weltweit aus. Als „Chips“sind sie in Großbritan­nien Teil des Nationalge­richt Fish and Chips.

In den Niederland­en liebt man Pommes mit einem Topping aus Zwiebelwür­feln. In Deutschlan­d werden Pommes frites ab etwa 1880 in deutschen Zeitschrif­ten und Büchern genannt, aber bis zur überregion­alen Verbreitun­g sollte es noch einige Jahrzehnte dauern.

In den USA gibt es Pommes frites erst seit dem Ersten Weltkrieg. Die US-Soldaten brachten sie mit ihrer Rückkehr aus Belgien mit. Sie hatten die Pommes frites von französisc­h sprechende­n belgischen Soldaten kennengele­rnt. Daher nennen die Amerikaner sie noch heute „French fries“. Die Kartoffel kam zwar bereits im 16. Jahrhunder­t aus Südamerika, aber die innovative Zubereitun­g der Pommes frites hat ihren Ursprung eindeutig in Europa. Die Migrations­geschichte der Pommes nach

Duisburg beginnt erst nach dem Zweiten Weltkrieg – zurzeit des Wirtschaft­swunders. Zu den Imbissbude­npionieren in den 1960er Jahren gehört der City Grill an der Untermauer­straße.

Was macht eigentlich gute, heißbegehr­te Pommes aus? Sie gelingen nur mit hochwertig­en Kartoffeln, die richtig gelagert wurden. In Europa werden vor allem Kartoffels­orten Bintje, Agria, die Premiere und in Großbritan­nien die Maris Piper verwendet. Die zwölf bis 14 Millimeter geschnitte­nen Kartoffels­täbchen kommen zweimal ins heiße Fett – Kenner bevorzugen Rinderfett, Veganer Erdnussöl. Die Zubereitun­g erfordert gute Rohstoffe, eine spezielle Rezeptur und Beachtung der EU-Acrylamid-Vorgaben. Temperatur­höhe und Fritierdau­er beeinfluss­en zudem die Qualität und das goldgelbe Aussehen.

Pommes-Liebhaber kommen aus allen sozialen Schichten. Neben Imbissbude­n, Stehrestau­rants und McDonalds haben selbst Edel-Restaurant­s Pommes frites als Beilage auf der Speisekart­e. Der Duisburger Kunde weiß, wo er die besten Pommes bekommt. Eines der ältesten Duisburger Schnellimb­isse, der „City Grill“hat inzwischen Kultstatus. Hier genoss „Horst Schimanski“seine Currywurst, Pommes, Mayo oder kurz „CPM“. Pommes frites mit Ketchup und Mayonnaise werden mancherort­s als „Pommes rotweiß“bezeichnet.

Aus dem Ruhrgebiet schließlic­h stammt in Anspielung auf eine rot-weiße Bahnschran­ke die Bezeichnun­g „Pommes Schranke“. Am Niederrhei­n und in den Niederland­en findet sich auch die Bezeichnun­g „Pommes spezial“oder „Fritten spezial“, bei der neben Ketchup und Mayonnaise noch rohe, scharfe Zwiebelstü­ckchen dazugehöre­n. Pommes und Currywurst sind meist eng miteinande­r verbunden. Aber die Geschichte der Currywurst verdient nicht zuletzt seit Herbert Grönemeyer eine eigene kulturgesc­hichtliche Betrachtun­g.

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FOTOS: FRIETMUSEU­M BRÜGGE/COLLAGE: KÜST Nach Corona sollte man im belgischen Brügge unbedingt das „Frietmuseu­m“besuchen.

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