Rheinische Post Duisburg

Wie Menschen zu Nummern werden können

Unsere Serie beleuchtet „Kunst im öffentlich­en Raum“. Zum Auftakt betrachten wir die „Zeittafel“der ungarische­n Künstlerin Gabriella Fekete.

- VON ALFONS WINTERSEEL

Sie verleitet uns anfangs oft zu erstaunten Fragen, mit Zeit neigt sie zur Unauffälli­gkeit und scheint unserer Aufmerksam­keit zu entschwind­en, weil ihr Anblick zur Normalität wird: Die „Kunst im öffentlich­en Raum“. In dieser Serie rückt die Rheinische Post Werke in den Blickpunkt, die nicht so spektakulä­r sind wie zum Beispiel der „Live Safer“von Niki de Saint Phalle. Wir beginnen mit dem Werk einer Künstlerin, die in Budapest geboren wurde: „Zeittafel“von Gabriella Fekete aus dem Jahr 1979. Es liegt in diesen Tagen zum Teil versteckt unter dem Herbstlaub ein wenig abseits des Weges im Biegerpark.

Wer gezielt nach dem Werk sucht, dem kann Google-Map helfen: Auf der Karte ist der Standort des Kunstwerks mit einem Kamera-Symbol verzeichne­t. Welch ein Anachronis­mus: Ein Werk, das versinnbil­dlicht, dass Menschen zu Nummern werden und in der Anonymität verschwind­en, kann durch eine Aneinander­reihung von Nullen und Einsen am schnellste­n gefunden werden. Als die Bildhaueri­n ihr Werk erdachte und erschuf, war die Furcht vor Verhältnis­sen wie in dem Roman „1984“von George Orwell weit verbreitet: Der Mensch als

Nummer.

Die „Zeittafel“verleitet den Betrachter sehr schnell dazu, die zwischen den Schienen eingelasse­nen Zahlen nach dem eigenen Geburtsjah­r zu durchsuche­n. Doch die Zahlen sollen keinen Hinweis auf eine Zeitschien­e geben. Die in Beton gegossenen Köpfe unterschei­den sich in nichts, lediglich eine Zahl scheint ihnen zugewiesen, um sie auseinande­rhalten zu können. Mit einem Blick auf technische Entwicklun­gen, durch die eine Gesichtser­kennungs-Software die Menschen überwachen und ihnen eine Nummer zuweisen kann, hat die „Zeittafel“eine ganz neue Aktualität gewonnen. Gabriella Fekete wurde 1944 in Budapest geboren, studierte in Düsseldorf an der Staatliche­n Kunstakade­mie. 1976 erhielt sie das Lehmbruck-Stipendium der Stadt Duisburg. Die Stadt kaufte die „Zeittafel“im Jahre 1979. Zu finden ist das Kunstwerk am leichteste­n vom südlichen Eingang zum Park an der Angertaler Straße entlang des Schulzentr­ums (es gibt hier zwei Wege, halten Sie sich links). Die „Zeittafel“steht auf einer Rasenfläch­e zwischen zwei Wegen.

Weitere Informatio­n zur Künstlerin:

www.gabriella-fekete.de

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FOTO: WINTERSEEL Das Kunstwerk „Zeittafel“von Gabriella Fekete im Biegerpark Im Duisburger Süden.

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