Müllvermeidung schon beim Einkauf
Nachhaltigkeit, Regionalität, Vermeidung von Plastik und Verpackungsmüll gilt schon längst nicht mehr nur als Trend. Die Möglichkeit, Müll im Lebensmittelbereich zu vermeiden, braucht jedoch eine andere Logistik und mehr Angebote im Handel, Lebensmittel lose einzukaufen.
GRAFSCHAFT Einkaufen ohne Verpackung, das funktioniert schon beim Einkauf, wie eine Umfrage unserer Redaktion in der Grafschaft zeigt. Die Bäckerei Büsch in Kamp-Lintfort setzt in ihren Fachgeschäften auf Nachhaltigkeit. Geschäftsführer Norbert Büsch startete im Februar eine erste Aktion, um die Kundschaft zu sensibilisieren, das eigene Einkaufsverhalten zu überdenken. Am 5. Februar wurden in seinen Fachgeschäften Brot, Brötchen und Gebäck unverpackt angeboten, um im Stoffbeutel nach Hause getragen zu werden. Dazu gab es für den, der eine eigene Tasse mitbrachte, einen Kaffee zum Mitnehmen und noch zwei Brötchen extra als Belohnung.
„Im Vorfeld war die Kundenreaktion sehr gut, weil wir parallel dazu auch über die Medien aufmerksam gemacht haben. Wir hatten mehr erwartet. Bei der Kundschaft hakte es am Aktionstag an der Umsetzung, da entweder der Stoffbeutel oder die Kaffeetasse fehlten“, sagt dazu Marketingleiterin Annett Swoboda.
Geschäftsführer und Sommelier Norbert Büsch geht es allerdings nicht um die spontane Aktion, sondern um das bewusste Umdenken, den eigenen Verpackungsmüll zu reduzieren. Für jeden Einkauf ohne Verpackung gab es bis zum Sommer einen Stempel in einen Pass und bei zwölf Stempeln eine „Bauernkruste“gratis.
Das Angebot, Brot- und Backwaren ohne Verpackung zu kaufen, ist geblieben. „Nachhaltigkeit bleibt unser Thema, beispielsweise nutzen wir Brötchentüten aus recyceltem Papier. Zudem setzen wir mit Produkten aus der Region auf einen ganzheitlichen Ansatz. Das Urgetreide beispielsweise für das Emmerbrot wird regional angebaut“, so Annett Swoboda.
Das eigene Verhalten in puncto Müllvermeidung lässt sich ebenfalls bei anderen Fachgeschäften beobachten. Kunden der Metzgerei Hinterding können Wurst, Fleisch oder Salate in mitgebrachter Box verpacken, wie Seniorchefin Maria Hinterding bestätigt. Verpackungen vermeiden ist auch das Thema von Pascal Gerdes (33), Edeka-Marktleiter in Moers.
„Unser Ziel bleibt, Verpackungen zu vermeiden. Das gelingt in coronafreien Zeiten an der Fleisch- und Wursttheke über eine separate Ausgabe neben dem Thekenbereich. Aber solche Möglichkeiten müssen wir unseren Kunden ins Bewusstsein bringen. Das gelingt, wenn sie ihren Einkauf vorbereiten und Behältnisse mitbringen. Oftmals scheitert es jedoch an der Bequemlichkeit. Man muss zeigen, wie es funktioniert. Erfolge sehe ich dann, wenn alle mitmachen“, so Gerdes, der auf Unverpackt-Stationen im Ladenbereich setzt.
Er begrüßt generell unverpackt-Aktivitäten und praktische Geschäftsideen wie die von „Tante Patti“in Moers. Verpackung sollte aber da sein, wo sie die Ware schützt,
Gerdes spricht vom entsprechenden Respekt für Lebensmittel. „Wir hatten im Sommer unverpackte Himbeeren im Angebot, die zu schnell verdorben sind“, so der Marktleiter mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit.
Patricia Paulus hat in Moers an der Unterwallstraße, gegenüber dem alten Finanzamt, Nägel mit Köpfen gemacht. Nach dem Umzug von der Neustraße auf ebenerdige 140 Quadratmeter Ladenfläche „bin ich beinahe ein Vollsortimenter an unverpackten Artikeln“, sagt die 24-jährige Unternehmerin. Die Kundenzahl ist gestiegen und reguliert sich aktuell wegen der Abstandsund Hygieneregeln.
„Unverpackt ist für mich und meine Kunden kein Trend, sondern ein bewusster Beitrag zur Müllvermeidung. Außerdem ist für unsere Kunden
eine super Transparenz mit Rückverfolgbarkeit von Produkten wie Obst, Säften und Gemüse gegeben. Wir setzen auf Regionalität und haben Favoriten wie Milchprodukte aus Rees. Die Milch in Pfandflaschen ist pasteurisiert, aber nicht homogenisiert“, so Patricia Paulus.
Zu den weiteren Favoriten gehören beispielsweise Produkte wie Handcreme und Lippenpflege.