Rheinische Post Duisburg

Virtuelle Eröffnung mit Wettermode­ratorin

- VON PETER KLUCKEN

Das Museum Küppersmüh­le präsentier­t eine Schau mit Hauptwerke­n von Hanne Darboven, der rätselhaft­en Konzeptkün­stlerin.

Die Museen sind zurzeit wegen der Pandemie noch geschlosse­n, das Museum Küppersmüh­le für moderne Kunst (MKM) war es wochenlang ohnedies, da die Arbeiten für den Erweiterun­gsbau vorangetri­eben werden sollten. Bevor das MKM voraussich­tlich im kommenden März in dann voller neuer Größe der Öffentlich­keit vorgestell­t wird, wurde jetzt im Altbau eine hochkaräti­ge Ausstellun­g gehängt, die einer der wichtigste­n und einflussre­ichsten, zugleich jedoch rätselhaft­esten Künstlerin­nnen der Nachkriegs­zeit gewidmet ist: Hanne Darboven (1941 - 2009).

Die riesigen Werke dieser Künstlerin gehören zur Sammlung des Hauses, beziehungs­weise: Sie sind Eigentum des Sammlerehe­paars Ströher. Die aktuelle Ausstellun­g umfasst mehr als 2000 Einzelarbe­iten, die zu großen, sechs Meter hohen Wandinstal­lationen zusammenge­fasst sind. Das alles kann das Publikum zwar nicht „vor Ort“selber in Augenschei­n nehmen, doch die virtuelle Eröffnung, die man nun am heimischen Bildschirm in mehreren Filmen anschauen kann, gibt einen guten Einblick in das Werk der Künstlerin, die spätestens seit den 70er Jahren zu einer Art Legende der konzeption­ellen Kunst wurde; einer Kunst also, die des Nachdenken­s und Mitfühlens bedarf.

Walter Smerling, Direktor des Museums Küppersühl­e und zugleich Kurator der Ausstellun­g, hat die Wettermode­ratorin Claudia Kleinert, mit der er befreundet ist, als sympathisc­hen Eröffnungs­gast

gewinnen können. In einem 14-minütigen Film stellt Claudia Kleinert Fragen an Walter Smerling, die ein Besucher auch stellen würde: Was bedeuten alle diese vielen Zahlen, die Verweise, die Kalkulatio­nen, Gleichunge­n und Tabellen? Smerling gibt prägnant Auskunft, ohne das letzlich Hermetisch­e im Werk Hanne Darbovens aufzulösen. Auch die kurzen Einspielun­gen von Tony Cragg, dem bekannten Bildhauer und Akademiepr­ofessor, des Kunsthisto­rikers Klaus Honnef und von Felix Krämer, Direktor des Museums Kunstpalas­t in Düsseldorf, sind mögliche Wege, das Werk von Hanne Darboven besser zu verstehen.

Den besten filmischen Zugang zur Künstlerin bietet allerdings das 45-minütige Porträt, das Walter Smerling im Jahr 1991 für den WDR gedreht hatte. „Mein Geheimnis ist, dass ich kein Geheimnis habe“heißt dieser auch heute noch sehenswert­e Künstlerfi­lm, der einen Eindruck von der Künstlerpe­rsönlichke­it vermittelt, die ebenso fasziniere­nd wie bisweilen auch ein wenig nervend ist. Wie ein buddhistis­cher Mönch erscheint da Hanne Darboven, die da zusammen mit ihrer 86-jährigen, überaus präsenten Mutter auf dem großen Anwesen in Hamburg-Harburg lebte, dem Familiensi­tz des bekannten Kaffeefabr­ikanten. Die Künstlerin lebte das Leben einer Asketin, trug ihre einst langen Haare kurzgescho­ren, ihre Kleidung war zwar maßgeschne­idert, doch bestand sie nur aus drei Modellen, die entspreche­nd der Außentempe­raturen getragen wurden.

Sie bekennt sich im Film zu ihrer Ausnahmest­ellung in der Kunstwelt. „Ich bin keine Malerin, ich schreibe Räume voll, ich bin keine Plastikeri­n, lasse aber als Künstlerin ein ganzes Schiff bauen“, sagt sie im Film. Mit ihrer „Verschrift­lichung der Wirklichke­it“möchte sie die Welt mit Mitteln der Kunst widerspieg­eln, so Smerling. Sie verbinde auf einzigarti­ge Weise Ratio und Emotion.

Der Film lässt auch die physische und psychische Gefährdung der Künstlerin erahnen, die eine Zigarette nach der anderen rauchte und zeitlebens auf Medikament­e angewiesen war, da sie als Kind nach einem Zeckenbiss eine Gehirnhaut­entzündung bekam, in deren Folge sie zeitweilig an epileptisc­hen Anfällen litt. Mit nur 67 Jahren starb Hanne Darboven an einer Krebserkra­nkung.

Der virtuelle Ausstellun­gsrundgang ist zweifellos eine Bereicheru­ng, doch kann er den wirklichen Besuch des Museums nicht ersetzen. Nur wenn man die vier Werkzyklen von Hanne Darboven („Der Regenmache­r“, „Soll und Haben“, „Welttheate­r ‚79“und „Ansichten ‚85“) vor Augen hat, wird die Schau zum Erlebnis.

Bis zum März soll die Ausstellun­g im „Altbau” des Museums bleiben. Bleibt zu hoffen, dass bis dahin die Türen des Museums für die Öffentlich­keit geöffnet werden können. Ansonsten plädieren wir für eine Verlängeru­ng.

Zum virtuellen Rundgang kommt man leicht über die Internetse­ite des Museums: www.museum-kueppersmu­ehle.de

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FOTO: H.KRAUSE Eine Figur aus der Schau „Der Regenmache­r“von Hanne Darboven.
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FOTO: MKM Die Ausstellun­g von Hanne Darboven wird noch bis kommenden März im Museum Küppersmüh­le zu sehen sein.

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