Ein Sport steckt in der Zwickmühle
In Corona-Zeiten erstmals 32 Handball-Nationalmannschaften zu einer WM zu versammeln, klingt äußerst fragwürdig – richtig. Dass der Handball auf diese WM nicht verzichten kann und will – genauso nachvollziehbar. Der moralische Zeigefinger liegt sehr locker in der Hand, wenn es darum geht, Profisport dafür zu rügen, dass er weitermacht, während weite Teile der Gesellschaft stillstehen. Doch im Fall der Handball-WM ist das mit der Rüge nicht so einfach. Denn so verständlich die Sorge der Vereine um die Gesundheit der Spieler ist, so verständlich ist die Sorge des Handballs um seine nähere Zukunft.
Die WM- oder EM-Auftritte des Nationalteams sind an Wert gegen nichts anderes aufzuwiegen, was diese Sportart im Jahresverlauf zu bieten hat. Alljährlich im Januar wird Deutschland ein Land von Handball-Fans. Es gibt FreeTV-Präsenz, hohe Einschaltquoten, eine lukrative Werbebühne – das alles abzusagen in einer Zeit, in der Bundesliga-Verantwortliche davor warnen, ein Abbruch der Saison würde dem Handball massiv schaden, ist fast schon eine existenzielle Entscheidung. Der Profifußball muss ohne Zuschauereinnahmen kleinere Brötchen backen, Sportarten wie Handball, Basketball oder Eishockey müssen ohne Zuschauer gucken, wo überhaupt noch Teig herkommen soll.
Und so steckt der Handball in der Zwickmühle zwischen wirtschaftlichen Interessen und gesundem Menschenverstand. Dass man die WM nun mit „Augen zu und durch“über die Bühne bringen will, ist am Ende kein Ausdruck kapitalistischen Irrsinns, sondern Ausdruck des Bemühens darum, dass es nach der Pandemie hierzulande noch anderen Profisport gibt als Fußball.