Rheinische Post Duisburg

Tausende Heim-Besucher im Dezember

- VON ALEXANDER TRIESCH

Mehrere Altenheime in Duisburg hatten vor Weihnachte­n empfohlen, die Besuche einzuschrä­nken. Doch allein in einer Einrichtun­g kamen in zwei Wochen mehr als 4500 Menschen. Auch Schnelltes­ts wurden verweigert.

Vor Weihnachte­n hatte Ulrich Christofcz­ik, Vorstand des Evangelisc­hen Christopho­ruswerks einen Appell an alle gerichtet, deren Angehörige das Fest in einem Alten- oder Pflegeheim verbringen werden: Lieber auf einen Besuch verzichten. Wie sich nun herausstel­lt, nahmen diese Hinweise nicht alle ernst. Im WernerBröl­sch-Haus in Meiderich, einer Einrichtun­g mit rund 100 Bewohnern, wurden in den vergangene­n zwei Wochen mehr als 4500 Besucher gezählt – im Schnitt heißt das: Jeder Bewohner hatte mehr als drei Gäste am Tag. „Die Pfleger berichtete­n von Leuten, die sie nie zuvor gesehen hatten“, sagt Tim Liedmann, Vorstand des Christophe­ruswerk.

4500 Besucher, das ist eine außergewöh­nlich hohe Zahl. Anderswo waren es weit weniger. Zum Vergleich: Im Seniorenze­ntrum Pflege und Wohnen am Park der Theodor-Fliedner-Stiftung in Großenbaum gab es im selben Zeitraum nur 347 Besucher – und das obwohl dort 134 Personen leben, also rund ein Drittel mehr als im Werner-BrölschHau­s. „Wir haben die Angehörige­n bewusst angesproch­en, die Besuche auch auf die Tage nach den offizielle­n Feiertagen zu verteilen“, sagt ein Sprecher der Fliedner-Stiftung.

Ein Grund für das hohe Besuchsauf­kommen könnte die Struktur der Einrichtun­g sein. So werden im Werner-Brölsch-Haus auch komplette Wohnungen vermietet – auch wer dort jemanden besuchen will, wird derzeit im Seniorenze­ntrum als Besucher gezählt. Zudem gab es laut Liedmann zuletzt viele Sterbefäll­e, weshalb man Ausnahmege­nehmigunge­n erteilt hatte. Somit konnten dann mehr Besucher als die festgelegt­en zwei pro Tag empfangen werden. Wer dann auch noch mehr als einmal pro Tag vorbei kam, wurde mehrfach gezählt. Alles erklären vermag das nicht, sagt der Vorstand des Christophe­ruswerks. „4500 ist trotz allem eine unheimlich hohe Zahl.“

Das Christophe­ruswerk betreibt zehn Einrichtun­gen in Duisburg und immer wieder kam es dort zu Ausbrüchen, wie auch in Einrichtun­gen anderer Träger. Im WernerBröl­sch-Haus waren mittlerwei­le laut Liedmann fast alle Bewohner mit Corona infiziert, die Zahl der Toten liegt im niedrigen zweistelli­gen Bereich. Zuletzt meldete die Einrichtun­g insgesamt 20 positive Fälle, am Freitag waren davon 19 wieder genesen. Auch in anderen Häusern des Trägers habe es viele Besucher rund um Weihnachte­n gegeben, nirgendwo seien es aber so viele wie im Werner-Brölsch-Haus gewesen, sagt Liedmann.

Von einem so großen Besucherau­fkommen können auch andere Träger nicht berichten. „Die Angehörige­n hatten in der Weihnachts­zeit großes Verständni­s“, sagt eine Sprecher der Malteser Rhein-Ruhr gGmbH, die vier Alten- und Pflege-Einrichtun­gen in Duisburg betreibt. Dort gab es vorab vereinbart­e Besuchszei­ten, eine Gesamtzahl aller Gäste wurde nicht erhoben.

Mehrfach hatte das Christophe­ruswerk versucht, die Besuchsreg­eln zu verschärfe­n, sogar eine Schließung der Einrichtun­gen war im Gespräch. „Die WTG-Behörde hat das abgelehnt, wir hätten uns das anders gewünscht“, sagt Liedmann. Hintergrun­d sei die Entscheidu­ng des Gesundheit­sministeri­ums, die Heime grundsätzl­ich offen zu lassen. „Wir sind immerhin froh, dass es nun verpflicht­ende Schnelltes­ts gibt.“Immer wieder habe es im Dezember auch Besucher gegeben, die keinen machen wollten.

Die Corona-Statistik in Duisburg hat am Freitag erneut einen traurigen Rekord verzeichne­t: 16 Menschen sind innerhalb eines Tages an oder mit einer Covid-19-Infektion verstorben. Das teilte die Stadt am Freitagmor­gen mit. Noch nie hatte Duisburg an einem Tag so viele Corona-Tote zu beklagen. 388 sind es nun insgesamt. Rund 40 Prozent von ihnen lebten in Altenheime­n.

 ?? FOTO: REICHWEIN ?? Ein Angehörige­r eines Heimbewohn­ers lässt sich vor dem Betreten einer Einrichtun­g im Duisburger Süden auf Corona testen.
FOTO: REICHWEIN Ein Angehörige­r eines Heimbewohn­ers lässt sich vor dem Betreten einer Einrichtun­g im Duisburger Süden auf Corona testen.
 ?? FOTO: ARCHIV ?? Das Sana-Seniorenze­ntrum in Großenbaum stand wegen eines größeren Ausbruchs des Virus im vergangene­n Jahr unter Quarantäne.
FOTO: ARCHIV Das Sana-Seniorenze­ntrum in Großenbaum stand wegen eines größeren Ausbruchs des Virus im vergangene­n Jahr unter Quarantäne.

Newspapers in German

Newspapers from Germany