Tausende Heim-Besucher im Dezember
Mehrere Altenheime in Duisburg hatten vor Weihnachten empfohlen, die Besuche einzuschränken. Doch allein in einer Einrichtung kamen in zwei Wochen mehr als 4500 Menschen. Auch Schnelltests wurden verweigert.
Vor Weihnachten hatte Ulrich Christofczik, Vorstand des Evangelischen Christophoruswerks einen Appell an alle gerichtet, deren Angehörige das Fest in einem Alten- oder Pflegeheim verbringen werden: Lieber auf einen Besuch verzichten. Wie sich nun herausstellt, nahmen diese Hinweise nicht alle ernst. Im WernerBrölsch-Haus in Meiderich, einer Einrichtung mit rund 100 Bewohnern, wurden in den vergangenen zwei Wochen mehr als 4500 Besucher gezählt – im Schnitt heißt das: Jeder Bewohner hatte mehr als drei Gäste am Tag. „Die Pfleger berichteten von Leuten, die sie nie zuvor gesehen hatten“, sagt Tim Liedmann, Vorstand des Christopheruswerk.
4500 Besucher, das ist eine außergewöhnlich hohe Zahl. Anderswo waren es weit weniger. Zum Vergleich: Im Seniorenzentrum Pflege und Wohnen am Park der Theodor-Fliedner-Stiftung in Großenbaum gab es im selben Zeitraum nur 347 Besucher – und das obwohl dort 134 Personen leben, also rund ein Drittel mehr als im Werner-BrölschHaus. „Wir haben die Angehörigen bewusst angesprochen, die Besuche auch auf die Tage nach den offiziellen Feiertagen zu verteilen“, sagt ein Sprecher der Fliedner-Stiftung.
Ein Grund für das hohe Besuchsaufkommen könnte die Struktur der Einrichtung sein. So werden im Werner-Brölsch-Haus auch komplette Wohnungen vermietet – auch wer dort jemanden besuchen will, wird derzeit im Seniorenzentrum als Besucher gezählt. Zudem gab es laut Liedmann zuletzt viele Sterbefälle, weshalb man Ausnahmegenehmigungen erteilt hatte. Somit konnten dann mehr Besucher als die festgelegten zwei pro Tag empfangen werden. Wer dann auch noch mehr als einmal pro Tag vorbei kam, wurde mehrfach gezählt. Alles erklären vermag das nicht, sagt der Vorstand des Christopheruswerks. „4500 ist trotz allem eine unheimlich hohe Zahl.“
Das Christopheruswerk betreibt zehn Einrichtungen in Duisburg und immer wieder kam es dort zu Ausbrüchen, wie auch in Einrichtungen anderer Träger. Im WernerBrölsch-Haus waren mittlerweile laut Liedmann fast alle Bewohner mit Corona infiziert, die Zahl der Toten liegt im niedrigen zweistelligen Bereich. Zuletzt meldete die Einrichtung insgesamt 20 positive Fälle, am Freitag waren davon 19 wieder genesen. Auch in anderen Häusern des Trägers habe es viele Besucher rund um Weihnachten gegeben, nirgendwo seien es aber so viele wie im Werner-Brölsch-Haus gewesen, sagt Liedmann.
Von einem so großen Besucheraufkommen können auch andere Träger nicht berichten. „Die Angehörigen hatten in der Weihnachtszeit großes Verständnis“, sagt eine Sprecher der Malteser Rhein-Ruhr gGmbH, die vier Alten- und Pflege-Einrichtungen in Duisburg betreibt. Dort gab es vorab vereinbarte Besuchszeiten, eine Gesamtzahl aller Gäste wurde nicht erhoben.
Mehrfach hatte das Christopheruswerk versucht, die Besuchsregeln zu verschärfen, sogar eine Schließung der Einrichtungen war im Gespräch. „Die WTG-Behörde hat das abgelehnt, wir hätten uns das anders gewünscht“, sagt Liedmann. Hintergrund sei die Entscheidung des Gesundheitsministeriums, die Heime grundsätzlich offen zu lassen. „Wir sind immerhin froh, dass es nun verpflichtende Schnelltests gibt.“Immer wieder habe es im Dezember auch Besucher gegeben, die keinen machen wollten.
Die Corona-Statistik in Duisburg hat am Freitag erneut einen traurigen Rekord verzeichnet: 16 Menschen sind innerhalb eines Tages an oder mit einer Covid-19-Infektion verstorben. Das teilte die Stadt am Freitagmorgen mit. Noch nie hatte Duisburg an einem Tag so viele Corona-Tote zu beklagen. 388 sind es nun insgesamt. Rund 40 Prozent von ihnen lebten in Altenheimen.