Rheinische Post Duisburg

40 Jahre Intrigen, Macht und Geld

- VON CHRISTOF BOCK

Das Biest Alexis, die lüsterne Fallon und die engelsglei­che Krystle: „Der Denver-Clan“wimmelte von seltsamen Figuren – und das kam an. Bis zu 45 Prozent der Deutschen sahen in den 80er-Jahren die Kult-Serie. Ein Rückblick.

BERLIN (dpa) Als die Drehbuchau­toren irgendwann nicht mehr weiter wussten, schickten sie einfach Männer mit Maschinenp­istolen in die Hochzeitsg­esellschaf­t. Das minutenlan­ge Gemetzel am Ende der fünften Staffel von „Der Denver-Clan“ist eingefleis­chten Fans als das „Moldawien-Massaker“in Erinnerung geblieben. Die amerikanis­che Fernsehser­ie mutete den Zuschauern in den 80er-Jahren so manchen üblen Cliffhange­r zu, aber dieser war der schlimmste. „Der Denver-Clan“, das war wie „Dallas“ohne Prolls, dafür mit mehr Sexappeal. Vor 40 Jahren – am 12. Januar 1981 – strahlte der US-Sender ABC die erste Folge des Dauerbrenn­ers aus. Als das ZDF mehr als zwei Jahre später den Pilotfilm zeigte, saßen 45 Prozent des deutschen Publikums vor dem Bildschirm.

Für viele Mitwirkend­e war „Der Denver-Clan“Höhepunkt ihrer Karriere. Linda Evans war Ende 30, als sie die engelsglei­che Krystle zu spielen begann. Eine Sekretärin, die den fast 25 Jahre älteren Ölmagnaten und Patriarche­n Blake Carrington heiratet und in ein Netz von Intrigen stolpert. Auch mehr als drei Jahrzehnte nach dem Ende der Serie besitzt Evans in Deutschlan­d eine treue Fangemeind­e, wie sie kürzlich der Deutschen Presse-Agentur erzählte. „Ich bekomme mehr Fanpost aus Deutschlan­d als aus jedem anderen Land Europas.“Diese Leute sagen Dinge zu ihr, wie: „‚Der Denver-Clan’, das bist Du.“Krystle und Blake, das war ein seltsames Paar. Sie: die Schönheit von nebenan. Er: der Mann von Welt mit scharfen Zügen, die an einen Nussknacke­r erinnern.

Und die Familien-Mischpoke hatte es in sich: Setzten in der ersten Staffel noch freche Dienstbote­n und Blakes trotzige Tochter Fallon (immer mit sehr viel Rouge: Pamela Sue Martin) der armen Krystle zu, so betritt mit der zweiten Staffel erst die eigentlich­e Schurkin die Bühne: Alexis Carrington, gespielt von Joan Collins. „Das Biest Alexis“war in den 80ern eine stehende Wendung – genau wie „der Kreml-Flieger Mathias Rust“oder „der saure Regen“.

Die in London geborene Joan Collins hatte, als sie dazustieß, bereits viele Filme gedreht. Sie hatte etwa einen viel beachteten Gastauftri­tt bei „Raumschiff Enterprise“gehabt. Das meiste andere war aber leider großer Schund gewesen – wie das Machwerk „In der Gewalt der

Riesenamei­sen“(1977). Im Machtkampf der Carrington­s mit ihren ewigen Konkurrent­en, den Colbys, wird sie zur Schlüsself­igur.

Apropos Konkurrenz: Die herrschte auch zwischen „Der Denver-Clan“(ZDF) und „Dallas“(Das Erste). Dabei zogen die Carrington­s oft den Kürzeren. Die „Frankfurte­r Allgemeine“schrieb 1983: „Wie großkapita­listisch und elegant sich diese Leute in Denver auch geben mögen, sie sind allesamt seelische Schmuddelk­inder.“Der „FAZ“-Autor stützte sich auf den Philosophe­n Peter Sloterdijk und folgerte vernichten­d: „Keine Untat ohne Größe!“In einer „Bunte“-Umfrage zeigten 2000 Bundesbürg­er der Serie die kalte Schulter: „Dallas“ist demnach „lebensnähe­r“, „amerikanis­cher“(das war damals ein Kompliment), „intrigante­r“, „spannender“und hatte „die schöneren Frauen“zu bieten. Etwa ein Drittel hielt Blake und Krystle die Treue, über die Hälfte „Dallas“.

Es würde jeden Rahmen sprengen, die Verwicklun­gen in „Dynasty“– wie „Der Denver-Clan“im Original heißt – auch nur ansatzweis­e wiederzuge­ben. Es geht um Geld, um Macht, um Intrigen, um Sex, um platte Reiche-Leute-Klischees. Tochter Fallon schläft mit ihrem Chauffeur, Sohn Steven hat nach einem quälenden Hin und Her endlich sein schwules Coming-out. Farnsworth „Dex“Dexter (Michael Nader) schläft mit Alexis, aber auch mit deren Tochter Amanda. Wer sich durch die Dekadenz und Inzucht ans Alte Rom erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. Der historisch­e Roman „Ich, Claudius, Kaiser und Gott“(1934) von Robert Graves soll alles inspiriert haben. Relativ uninspirie­rt ist hingegen das Netflix-Remake von „Dynasty“(2017).

Irgendwann gingen den Autoren Ende der 80er die Geschichte­n aus. Nach dem „Moldawien-Massaker“von Terroriste­n auf der Hochzeit von Amanda und Prinz Michael,

bei dem es wie durch ein Wunder nur zwei Tote gab, quälte sich „Der Denver-Clan“noch durch mehrere Staffeln. Die Serie wurde 1989 nach 218 Folgen mehr oder weniger sang- und klanglos abgesetzt. Von zeitloser Schönheit bleibt der

Vorspann mit Bill Contis Titelmusik: Zur Klangwand von Violinen plätschern Oboe und Flöte, während der Bildschirm sich wie ein Springbrun­nen öffnet und eindrucksv­olle Aufnahmen von Colorado zeigt. Einfach zeitlos schön.

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FOTO: UPI/DPA Die Schauspiel­er John Forsythe als Blake Carrington (v.l.), Linda Evans als Krystle, Joan Collins als Alexis Morell Carrington Colby, Pamela Sue Martin als Fallon Carrington Colby und Kathleen Beller als Kirby Aynders Carrington.

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