Rheinische Post Duisburg

Eine fettige Karriere

- VON HARALD KÜST

Duisburg war mit der Firma Schmitz und Loh einst eine Hochburg der Margarinep­roduktion.

Dass es den preiswerte­n Butterersa­tz gibt, ist nicht zuletzt dem französisc­hen Kaiser zu verdanken. Für Napoleon III. war das Militär systemrele­vant und musste mit energierei­chen Nahrungsmi­tteln versorgt werden, um die Kampfkraft zu erhalten. Da Butter teuer und schnell ranzig wurde, lobte der französisc­he Kaiser einen Preis von 100.000 Goldfranke­n für die Erfindung einer preiswerte­n Alternativ­e zu Butter aus. Tatsächlic­h gelang es 1869 dem französisc­hen Chemiker Mège-Mouriès aus Milch, Wasser, Nierenfett und zerstoßene­m Kuheuter den Ersatzstof­f „Margarine Mouriès“zu entwickeln. Der Geschmack war wohl gewöhnungs­bedürftig, aber den französisc­hen Soldaten blieb keine Wahl. Den Krieg gegen die Preußen verloren die Franzosen, das lag aber nicht an der Margarine, sondern an der Militärtec­hnik der Preußen.

Das Patent und das Wissen über die Herstellun­g der Margarine verbreitet­e sich. Die Niederland­e, England und Deutschlan­d griffen die Innovation auf. Die Rezeptur wurde immer weiter verbessert. Die Kolonialmä­chte nutzten preiswerte Fischfette, Kokos-, Erdnuss- und Palmöle, um den steigenden Bedarf an Margarine abzudecken. In der niederländ­ischen Stadt Oss in der Nähe von Nimwegen wurde bereits 1871 Margarine hergestell­t und in Deutschlan­d erfolgreic­h vermarktet. Mit der Einführung von Schutzzöll­en wollte Bismarck allerdings deutsche Firmen fördern. Bald darauf entstanden mehrere Fabriken im Reich. 1888 war es auch in Duisburg soweit. Wilhelm Loh und Carl Schmitz stiegen ins lukrative Margarineg­eschäft ein. In Duisburg an der Tiergarten­straße/ Menzelstaß­e entstand eine der größten Margarinef­abriken.

Heute erinnert nur noch das 1950 errichtete ehemalige Verwaltung­sgebäude

an das Unternehme­n. Die Gebag zog später in das sanierte Gebäude ein; auf dem Fabrikgelä­nde entstanden Neubauwohn­ungen. Zurück zur Unternehme­nsgeschich­te. Schmitz und Loh wurde durch moderne Werbeaktio­nen weit über Duisburgs Grenzen bekannt. Gerade Arbeiterha­ushalte griffen zum Missvergnü­gen der Butterlobb­y gerne nach der preiswerte­ren Margarine. Der Erste Weltkrieg brachte für Schmitz und Loh allerdings erhebliche Einschränk­ungen mit sich und in der Zwischenph­ase bis zum Zweiten Weltkrieg litt die

Bevölkerun­g unter Inflation und dem fragilem Aufschwung.

Wie immer in Krisen kam es europaweit zu Fusionen und anteiligen Übernahmen. Die Niederländ­er bekamen 50 Prozent Firmenante­ile von Schmitz und Loh in ihre Hände, so der Historiker Hein A.M. Klemann.

Die Branche war geprägt von einer Vielzahl konkurrier­ender Anbieter und dem Aufstieg von mächtigen Großkonzer­nen; so entstand aus einem niederländ­isch-britischen Zusammensc­hluss 1930 die Firma Unilever. Die Geschäfte in Deutschlan­d wurden weiterhin unter dem Namen Margarine-Union geführt.

Im Zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil des Schmitz und Loh Firmengelä­ndes zerstört. Mit dem Wiederaufb­au und dem Wirtschaft­swunder erhöhte sich die Nachfrage. Schmitz und Loh stellte neben Margarine Mayonnaise, Senf und Solo-Konfitüre her. Schmitz und Loh hatte mit Markenbild­ern und einem Olympiabuc­h (Oslo 1952) Werbegesch­ichte geschriebe­n. Die Margarineb­ranche klotzte mit Kampagnen an Litfaßsäul­en, in Tageszeitu­ngen, Zeitschrif­ten und Lichtspiel­häusern. Schmitz und Loh legte zweite und dritte Schichten ein, um neben der eigenen Produktion auch noch die zusätzlich­e Produktion für die Margarine-Union zu bewältigen.

Bei den eigenen Marken setzte das Unternehme­n auf seine Spitzenpro­dukte „Diamant“und „Eden“. Doch mit steigendem Wohlstand sank der Margarinev­erbrauch kontinuier­lich. Schmitz und Loh geriet zunehmend unter Druck und fusioniert­e mit dem Konkurrent­en Homann. Damit war das Ende des Unternehme­ns besiegelt. 1975 wurde das Werk geschlosse­n. Doch Margarine wird vom Verbrauche­r nach wie vor geschätzt. Bei der Frage „Butter oder Margarine?“geht es um Gesundheit, Tierschutz, Flächenver­brauch, fairen Rohstoffha­ndel und die CO2 Bilanz.

Die ist bei der Margarine im Vergleich günstiger, vorausgese­tzt es findet Olivenöl oder heimisches Rapsöl Verwendung. Weniger günstig sind Produkte aus Palmöl, für die häufig ganze Regenwälde­r gerodet werden. Wie auch immer – letztlich entscheide­t der Duisburger Kunde, welches Produkt er aus dem Kühlregal nimmt.

IHR THEMA?

Darüber sollten wir mal berichten? Sagen Sie es uns!

 ?? FOTO: KÜST ?? Die Margarine der Duisburger Firma Schmitz & Loh war beliebt.
FOTO: KÜST Die Margarine der Duisburger Firma Schmitz & Loh war beliebt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany