15-Kilometer-Regel in vier Hotspots
NRW plant doch Bewegungsbeschränkungen für vier Kreise. Für die betroffenen Großstädte kommt die Regel nicht.
DÜSSELDORF Das NRW-Gesundheitsministerium will per Regionalverordnung in vier der sieben Hotspots des Landes Bewegungseinschränkungen verhängen. Wie aus der entsprechenden Verordnung hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegt, würde die 15-Kilometer-Regelung demnach in den Kreisen Höxter, Minden-Lübbecke, Recklinghausen und dem Oberbergischen Kreis gelten. Die Städte Bielefeld, Gelsenkirchen und Bottrop, die mit mehr als 200 Neuinfizierten je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche ebenfalls zu den Hotspots zählen, werden nicht genannt. In dem Verordnungstext heißt es, die Maßnahmen gelten „aufgrund eines besonderen, nicht auf eine bestimmte Einrichtung eingrenzbaren Infektionsgeschehens“.
Hotspot-Bewohner dürfen sich demnach nur „im Umkreis von 15 Kilometern Luftlinie ab der Grenze des eigenen Heimatorts (politische Gemeinde)“bewegen. Für Besucher, die in den Hotspot hineinwollen, gilt ebenfalls von ihrem Wohnort an gemessen der 15-Kilometer-Radius. Ausgenommen sind berufliche, dienstliche, ehrenamtliche und vergleichbare Besorgungen, der Schul-, Kita- und Notbetreuungsbesuch sowie eine Begleitung dafür. Gleiches gilt etwa für Besuche bei und von engen Familienmitgliedern, Lebensgefährten und vergleichbar nahestehenden Personen, Arztbesuche und „Fahrten aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen“. Bei Verstoß drohen Bußgelder von bis zu 25.000 Euro.
Die Verordnung tritt an diesem Dienstag in Kraft. Im Vorfeld hatte es bereits Kritik vom Städtetag NRW gegeben. „Die angeordneten Maßnahmen gehen an der Realität vorbei und sind nicht umsetzbar“, sagte Pit Clausen, Bielefelds Oberbürgermeister
und Vorsitzender des Städtetag NRW. Die Datenlage zum Inzidenzwert sei nicht aussagefähig, denn zwischen den Jahren sei ein Meldeverzug entstanden. Diese Neuinfektionen müssten nun nachgemeldet werden, was den Inzidenzwert künstlich in die Höhe treibe. „Erst Ende nächster Woche ist dieser Meldestau abgearbeitet“, so Clausen.
In Höxter lag die Inzidenz mit 261 am höchsten. Dort ist nur noch das Treffen mit einer Person aus einem fremden Haushalt erlaubt – und zwar auch in Privatwohnungen. „Der derzeitige Anstieg der Infektionszahlen im Kreis Höxter ist überwiegend auf Ansteckungen im familiären Bereich zurückzuführen“, sagte der Landrat des Kreises, Michael Stickeln, am Nachmittag. Auch der Oberbergische Kreis hat die Treffen im privaten Raum als zweite Region in NRW begrenzt. Dort liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell bei 245.
Der Städte- und Gemeindebund
NRW verlangte mehr Einheitlichkeit: „Aus kommunaler Sicht wäre eine einheitliche Vorgabe durch das Land hilfreicher“, sagte ein Sprecher des kommunalen Spitzenverbands. Diese sollte greifen, sobald die Inzidenz überschritten ist. „Wir sind gut beraten, wenn wir in dieser Pandemie glasklar und verlässlich kommunizieren, damit man nicht erst googlen muss, welche Regeln wann und unter welchen Umständen gelten.“
Natürlich könnten Polizei und Ordnungsbehörden eine Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer nicht flächendeckend kontrollieren, so der Gemeindebund-Sprecher. Aber das gelte für eine Geschwindigkeitsbeschränkung im Straßenverkehr ja genauso. „Wichtig ist, dass jeder weiß, was nun geboten ist, um die Infektionszahlen in den Griff zu kriegen und dass er mit einem empfindlichen Bußgeld rechnen muss, wenn er erwischt wird.“
Ursprünglich hatten Bund und Länder bei ihrem Gespräch am vergangenen Dienstag verabredet, dass in den Hotspots Bewegungseinschränkungen gelten sollten. Doch Niederschlag fand das Vorhaben in der Corona-Schutzverordnung von NRW nicht. Die Opposition warf Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor, Verwirrung zu stiften. „Am Dienstag kündigte er an, dass er die Beschlüsse von Bund und Ländern eins zu eins umsetzen wird“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. „Zwei Tage später findet man davon in der Corona-Schutzverordnung aber fast nichts wieder. Und jetzt ein neuer Schwenk mit einer Regionalverordnung, die immer wieder neu angepasst werden muss, sobald ein Landkreis betroffen ist. Heute so, morgen so.“Das sei kein solides und verlässliches Regierungshandeln. „In NRW regiert offenbar nicht das Kabinett, sondern das Chaos“, so Kutschaty.