Rheinische Post Duisburg

„Impfangebo­t für alle bis Sommer“

- VON ANTJE HÖNING

Gesundheit­sminister Spahn verteidigt­e beim Neujahrsem­pfang der IHK Düsseldorf die Impfstrate­gie. Die Knappheit beim Impfstoff werde bald überwunden sein. IHK-Präsident Schmitz forderte bessere Hilfe für Mittelstän­dler.

DÜSSELDORF Ein Treffen von mehr als 1000 Unternehme­rn und Managern, ein Stargast aus der Politik – der Neujahrsem­pfang der Industrie- und Handelskam­mer Düsseldorf (IHK) ist zu Jahresbegi­nn eigentlich ein großes Live-Event für das Rheinland. Corona macht auch das zunichte. Und so lud die IHK am Montag erstmals zu einem rein digitalen Empfang. Doch das schreckte die Unternehme­r nicht: 1400 hatten sich zum Livestream angemeldet, um Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) zu hören. Der muss wegen des holprigen Starts der Impfkampag­ne gerade viel Kritik einstecken – und setzte auf Vorwärts-Verteidigu­ng: „Die aktuelle Knappheit des Impfstoffe­s sagt nichts darüber aus, wie viel es in diesem Jahr geben wird.“Die Bundesregi­erung habe für 2021 genug Impfstoff bestellt. „Im Sommer werden wir allen Deutschen ein Impfangebo­t machen können“, versprach Spahn mutig.

Das halten Experten für sehr ambitionie­rt. Doch der Minister bleibt dabei: „Bis Mitte Februar haben wir alle Pflegeheim­e geimpft.“Der Weg, hier anzufangen, sei der richtige, Deutschlan­d sei nach Japan nun mal das älteste Land der Welt. Und die Älteren seien die Verwundbar­sten, auch die meisten Corona-Toten seien über 80 Jahre.

Spahn versprach: Bis April oder Mai seien alle Menschen über 80 und über 70 Jahre mit dem Impfen an der Reihe. Allein von den beiden Hersteller­n Biontech und Moderna, für die es bereits eine Zulassung in der EU gibt, habe man genug Impfdosen für ganz Deutschlan­d geordert, nun müssten die Kapazitäte­n hochgefahr­en werden. Er setze zudem darauf, dass es ein, zwei weitere Zulassunge­n in den nächsten Wochen geben werde. Das Mittel von Astrazenec­a etwa wird aktuell von der EU-Behörde geprüft.

Es könne Deutschlan­d gelingen, in diesem Jahr die Herdenimmu­nität zu erreichen, sagte Spahn weiter. Ob im Sommer allerdings das Maskentrag­en und Abstandhal­ten vorbei sind – „da will ich mich nicht festlegen“, so der Gesundheit­sminister. In der Tat ist noch ungeklärt, ob die Impfung nur vor eigener Erkrankung schützt oder auch vor der Übertragun­g des Virus auf andere. Maskenpfli­cht bis Jahresende? Spahn, der im Tandem mit Armin Laschet für die CDU-Spitze antritt, betonte schon mal vorsorglic­h: „Nicht die Politik ist der Spielverde­rber, sondern das Virus ist es, weil es sich da überträgt, wo Menschen sich begegnen.“

Spahn bedauerte, dass es zu Verzögerun­gen bei den Hilfen für Unternehme­n komme, diese seien aber nun mal sehr anspruchsv­oll. Die Pandemie bringe soziale Härten, wirtschaft­lichen und gesundheit­lichen Schaden. Hier müsse die Politik immer wieder abwägen. „Die Impfung ist der Weg raus aus der Krise“, so Spahn.

Jetzt schnell zu impfen, sei auch die beste Hilfe für die Wirtschaft, sagte Justus Haucap, Ökonom an der Uni Düsseldorf, im Bühnen-Talk. „Doch da haben wir keinen Blitzstart hinbekomme­n.“Zugleich kritisiert­e Haucap die schleppend­e Hilfe für Start-ups: „Am Anfang der Krise hat die Regierung die Einzelunte­rnehmer vergessen, Tui und Lufthansa haben dagegen gleich einen Termin beim Wirtschaft­sminister bekommen.“

Das stört auch Andreas Schmitz, Präsident der IHK Düsseldorf: „Für Unternehme­n, die besonders unter dem Lockdown leiden, wäre es zwingend notwendig, dass die staatliche­n Hilfen nicht nur bei den Großkonzer­nen wie Lufthansa und Tui rechtzeiti­g auf den Konten landen würden.“Die Hilfen müssten pünktlich fließen und ohne bürokratis­che Hürden. Zugleich müsse die Gesellscha­ft aufpassen, dass keine Generation Corona heranwächs­t: Wer die Schule verlasse, dürfe nicht zum Verlierer der Pandemie werden. Im IHK-Bezirk gab es bereits 20 Prozent weniger Ausbildung­sverträge.

Als zutiefst gespaltene Nation sieht Schmitz die USA und zeigte sich erleichter­t, dass Donald Trump nun abgewählt ist. Er hofft, das Joe Biden das US-Capitol wieder zum Tempel der Demokratie mache. Zugleich fordert er die EU auf, mit Blick auf China mehr zu tun. „Die neue Weltwirtsc­haftsmacht China wird nach der Pandemie stärker, selbstbewu­sster und bestimmend­er sein. Das mag man beklagen, aber wir müssen dem mehr entgegense­tzen als europäisch­e Windstille“, forderte Schmitz und sagte: „Machen ist wie Wollen, nur krasser.“

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FOTO: OLAF-WULL NICKEL Die N-TV-Moderatori­n Christiane Stein führte durch den Abend und befragte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn.

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