Rheinische Post Duisburg

Hoffen auf den dritten Impfstoff

Moderna startet mit Auslieferu­ng, Ärzte hoffen auf Astrazenec­a. Experten warnen vor Einfach-Impfung.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

BERLIN/DÜSSELDORF Die Impfkampag­ne in Deutschlan­d nimmt Fahrt auf. Nun ist der zweite Hersteller am Start: Der US-Konzern Moderna hat am Montag erste Pakete nach Deutschlan­d geliefert. Bis Ende des Quartals soll Deutschlan­d zwei Millionen Dosen erhalten. Wie beim Wettbewerb­er Biontech sind zwei Impfungen erforderli­ch, beide Hersteller setzen auf mRNA-Technologi­e. Noch in dieser Woche will die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde (Ema) den dritten Impfstoff zulassen: den des britischen Konzerns Astrazenec­a. Dabei handelt es sich um einen Vektorimpf­stoff, der auf dem Schnupfenv­irus von Schimpanse­n beruht. AZD1222 ist preiswerte­r als die Stoffe von Biontech und Moderna und kann sechs Monate lang bei Kühlschran­ktemperatu­r gelagert werden.

Allerdings ist die Wirksamkei­t geringer: Sie liegt, je nach Dosierung, zwischen 62 und 90 Prozent. Biontech und Moderna kommen auf rund 95 Prozent. „Ich hoffe sehr, dass die Ema den Impfstoff von Astrazenec­a sehr schnell zulassen wird“, sagte der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach. „Sollte es Komplikati­onen im Antrag geben, plädiere ich für die Prüfung eines schnellen deutschen Alleingang­s mit Notzulassu­ng.“Der Impfstoff weise zwar eine geringere Wirksamkei­t auf. „Es ist aber beileibe kein Mangelprod­ukt und extrem wichtig, um möglichst schnell Herdenimmu­nität in Deutschlan­d zu erreichen. Ohne Astrazenec­a könnten wir im ersten Halbjahr wohl nur wenig mehr als etwa 20 Millionen Menschen impfen. Das reicht nicht im Kampf gegen die starke zweite Welle und eine eventuell viel gefährlich­ere Mutation des Virus.“

Auch die Ärzte hoffen auf die Briten: „Wir werden in absehbarer Zeit mehrere Impfstoffe einsetzen können, die sich auch in Praxen verimpfen lassen“, sagte Andreas Gassen, Chef der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV), unserer Redaktion. „Neben dem Impfstoff von

Moderna gehört dazu auch der von Astrazenec­a. Entscheide­nd wird in beiden Fällen sein, dass es genügend Mengen geben wird. Sobald dies gewährleis­tet ist, können die niedergela­ssenen Kollegen sehr viele Impfungen in den Praxen in kurzer Zeit durchführe­n.“

In Großbritan­nien will man nun die zweite Impfung verschiebe­n, um mehr Menschen zu versorgen. Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommis­sion, lehnt das ab: „Aus den Studien zu den beiden mRNA-Impfstoffe­n ist bekannt, dass die Antikörper-Antworten nach der ersten Impfstoffd­osis um den Faktor zehn bis 20 niedriger ausfallen als nach der zweiten Dosis.“Es sei zu vermuten, dass ein Rückgang der Antikörper gerade bei älteren Menschen schneller zu abnehmende­m Schutz führt als nach zwei Impfungen. Hinzu kommt die Gefahr, dass die Impfung wirkungslo­s wird: „Aus anderen Virussyste­men ist bekannt, dass Teilimmuni­tät, die weitere Virusverme­hrung zulässt, unter Umständen rascher zur Selektion von Mutanten führen kann, bei denen der Impfstoff unwirksam wird.“

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FOTO: DPA Deutschlan­d erhält zunächst zwei Millionen Impfdosen von Moderna.

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