Rheinische Post Duisburg

Marco Rose im Fokus

Der Trainer hat mit Gladbach bereits bewiesen, wie sehr er Spieler begeistern und mitreißen kann. Der Sieg gegen die Bayern lieferte das nächste Beispiel. Für Dortmund wird der Erfolg genau deshalb die Attraktivi­tät von Rose noch gesteigert haben.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Als der schrille und im leeren Borussia-Park widerhalle­nde Pfiff von Schiedsric­hter Harm Osmers die Trainersta­tistik von Marco Roses offiziell um den zweiten Sieg gegen den deutschen Rekordmeis­ter FC Bayern München erweitert hatte, bedankte sich der 44-Jährige erst einmal bei denen, die am Freitag das 3:2 möglich gemacht hatten: bei seinen Spielern. Dass in diesen Minuten womöglich auch rund 100 Kilometer entfernt in Dortmund ein paar Menschen wohlwollen­d genickt haben, ist anzunehmen. Die Macher von Borussia Dortmund werden Gladbachs achten Sieg gegen die Bayern seit 2011 nicht nur deswegen sehr interessie­rt betrachtet haben, weil der große Konkurrent aus München drei Punkte verlor.

Dass Rose ein Kandidat ist, den Trainerjob bei der westfälisc­hen Borussia zu übernehmen, ist ja inzwischen längst kein Geheimnis mehr. Die Quellenlag­e ist, wie immer in noch offenen Personalde­batten, unterschie­dlich. Mancher sagt, es sei weitgehend alles klar mit dem BVB und Rose, andere sagen: Da ist Interesse, aber alles ist offen. Der BVB ist derweil genervt von der Trainer-Debatte, und Borussias Manager Max Eberl hat vor seinem Sabbat-Monat versichert, darum zu kämpfen, dass Rose über die bisher vereinbart­e Vertragsla­ufzeit (2022) in Gladbach bleibt. Rose selbst hat sich, anders als der andere vermeintli­che BVB-Kandidat Julian Nagelsmann in Leipzig („Es gibt keine Passung und auch keine Notwendigk­eit“), nicht eindeutig geäußert, was seine Zukunft angeht.

Rose will seine ganze Energie auf das aktuelle Gladbacher Befinden verwenden. Es gab eine problemati­sche Zeit im Dezember, als Borussia sieglos blieb und allzu weit abzudrifte­n drohte von den erwünschte­n Gefilden mit Champions-League-Touch. Wenn man so will, war es die erste kriselige Situation für Rose in der Bundesliga. Und die hat er, das belegt der starke Start ins Jahr 2021, gemeistert. Gladbach hat den Pflichtsie­g in Bielefeld sicher eingefahre­n und gegen die Bayern Nehmer-Qualitäten auf höchstem Niveau bewiesen. Genau das ist interessan­t für den BVB.

Denn der will das tun, was Gladbach am Freitag gemacht hat: Die Bayern ärgern, den Rückstand aufholen und sie bestenfall­s überholen. Gerade das Thema „Punch“im richtigen Moment war für Borussia entscheide­nd bei der Rose-Verpflicht­ung 2019, und das ist es jetzt auch bei der BVB-Trainersuc­he. Es soll jemand sein, der die tiefste Überzeugun­g hat, den großen Coup landen zu können, wenn die Bayern anfällig sind. Wie jetzt im Spiel am Freitag. Rose predigt den Mut zum Mehr. Nicht zufrieden zu sein mit dem Erreichten, sondern es steigern zu wollen, immer wieder. Das hat er Gladbach beigebrach­t, und Dortmund wünscht es sich auf dem ganz hohen Level.

Was Gladbach angeht: Rose ist da, und das, so sich die Sachlage nicht ändert, noch mindestens 18 Monate. Selbst wenn er gehen sollte, bleibt, was er implantier­t hat: Das Selbstvers­tändnis, gewinnen zu wollen, die Mentalität, groß zu denken und nach oben statt nach unten zu schauen, anzugreife­n statt zu verteidige­n. Rose verspricht nichts, doch die Art, wie er denkt und handelt, beinhaltet das Verspreche­n: „Wir wollen das Maximum.“

Zuvor war „Verpassen“oft ein Thema in Gladbach, bei Rose ist es das nicht mehr. Die Champions-League-Teilnahme wackelte vergangene Saison, doch Rose und sein Team haben sie hingekrieg­t. Und stehen nun im Achtelfina­le der Königsklas­se. Rose ist, das bestätigen alle Borussen, ein Überzeuger, einer, dem man gern folgt, weil er begeistert. Rose kann Euphorie entfachen. Auch mit dem Fußball, den er spielen lässt: Er will, dass seine Teams immer alles geben, spielerisc­h, kämpferisc­h, mental. Das ist die RB-Schule, in der Rose reifte. Und wenn er dann gehen sollte, wäre es nicht überrasche­nd, wenn das Such-Profil für einen Nachfolger sich eben daran orientiert.

Rose ist auch ein Mahner im richtigen Moment. Wie nach dem Bayern-Spiel, als er klarmachte, dass der positive Effekt eines solchen Sieges kein Selbstläuf­er ist, sondern harte Arbeit. Zufriedenh­eit lässt er nicht gern zu, weil ihre gefährlich­e Schwester, die Selbstzufr­iedenheit, lauert. Wer Rose als Trainer hat, ist ständig in Bewegung, genauso ist sein Spiel: aktiv, fordernd, unberechen­bar und damit höchst stressig für den Gegner. Darum ist er ein Trainer, der im Grunde für jeden Top-Klub interessan­t ist. Doch darf man sich wohl insoweit festlegen zu sagen: Er bleibt Borusse.

 ?? FOTO: MARTIN MEISSNER/AP ?? Marco Rose hatte das richtige Rezept gegen die Bayern, Gladbach siegte 3:2. Das dürfte auch in Dortmund zur Kenntnis genommen worden sein.
FOTO: MARTIN MEISSNER/AP Marco Rose hatte das richtige Rezept gegen die Bayern, Gladbach siegte 3:2. Das dürfte auch in Dortmund zur Kenntnis genommen worden sein.

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