Rheinische Post Duisburg

„Bei einer Öffnung wären wir bald pleite“

Das Theater an der Kö bleibt bis 16. April zu. Als Gründe nennt Intendant René Heinersdor­ff Planungsun­sicherheit und Finanzen.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

DÜSSELDORF René Heinersdor­ff hat sich für sein Theater an der Kö zu einem radikalen Schritt entschloss­en: „Wir öffnen erst wieder nach Ostern, am 16. April“, teilt er mit. Er ist des ewigen Hin und Hers der Politik müde und nennt Gründe für seine Entscheidu­ng: „Es gibt für uns momentan keinerlei Planungssi­cherheit, was auch unseren Abonnenten nicht länger zugemutet werden kann. Würde die Schließung in den kommenden Wochen aufgehoben, müssten wir in Zeiten der Pandemie damit rechnen, dass einige Tage später schon wieder alles dichtgemac­ht wird.“

Unter Berücksich­tigung seiner wirtschaft­lichen Verantwort­ung als Hausherr und den eher deprimiere­nden Erfahrunge­n vom September und Oktober, als nur wenige Zuschauer den Weg ins Theater fanden, mache ein Spielbetri­eb in der momentanen Situation keinen Sinn, sagt Heinersdor­ff. „Das war ein gedanklich­er Prozess, vor allem unter ökonomisch­en Gesichtspu­nkten. Mit unseren Reserven, den staatliche­n Hilfen und dem Kurzarbeit­ergeld kommen wir bis zum Sommer einigermaß­en über die Runden“, hat er ausgerechn­et. Er verdeutlic­ht die umgekehrte Variante: „Bei einer Öffnung des Theaters, dem damit verbundene­n Kostenappa­rat und ohne nennenswer­te Einnahmen wären wir dagegen bald pleite.“

Die Düsseldorf­er Regelung wendet er auch auf das Theater im Rathaus in Essen an, das er leitet. Lediglich für das von ihm mitbetrieb­ene Theater am Dom in Köln zögert er noch: „Dort gibt es wegen der vielen Abonnenten eine andere Struktur.“Immerhin: Seinem Beispiel folgten inzwischen andere Intendante­n von Boulevardb­ühnen, etwa in Braunschwe­ig und Bonn.

Als einzige Produktion im Frühjahr ist im Theater an der Kö die langfristi­g geplante Komödie „Das Abschiedsd­inner“vorgesehen. Regie

bei dieser französisc­hen Komödie um das Wesen und die Zerbrechli­chkeit alter Freundscha­ften führt Jochen Busse, auf der Bühne stehen Martin Semmelrogg­e, Mariella Ahrens (erstmals in Düsseldorf) und Mirko Pustisek.

Wie wird es danach weitergehe­n? „Wir halten an unserer üblichen Sommerpaus­e fest“, bekräftigt Heinersdor­ff. „Auch diese Entscheidu­ng wurde wohlüberle­gt getroffen. Wenn sie in ihrer Freizeit endlich wieder andere Dinge tun dürfen, werden die meisten Menschen wohl kaum ins Theater gehen. Erst recht nicht, wenn das Wetter schön ist, das kennen wir schon aus den Vorjahren.“

Im September startet sein Haus mit einer Wiederaufn­ahme von „Extrawurst“, einem geschliffe­nen, aber bisher von widrigen Umständen begleitete­n Stück. Im Frühjahr war die Produktion bis zur Generalpro­be gediehen, konnte jedoch einen Tag später wegen des Lockdowns ihre Premiere nicht mehr erleben. Die wurde im Herbst nachgeholt, kam auch prima an, erfreute sich aber nur weniger Vorstellun­gen, bis im November abermals Schluss war. Im dritten Anlauf soll es 2021 besser klappen. Ab Oktober gilt dann der reguläre neue Spielplan.

„Sollte sich die Corona-Lage kurzfristi­g zum Guten wenden, können wir auf fertige Produktion­en zurückgrei­fen und sofort loslegen“, versichert der Regisseur und Theaterlei­ter. Für alle Fälle hat er sich auch ein Solo auf den eigenen Leib geschriebe­n. An eine schnelle Öffnung zu glauben, fällt ihm angesichts der herrschend­en Situation allerdings schwer. Gerade deshalb kritisiert René Heinersdor­ff den Umgang mit den Kulturscha­ffenden. Lieber wäre es ihm gewesen, wenn die Politiker sich beizeiten zu einer ehrlichen Aussage hätten durchringe­n können. „Zumal ja auch die Virologen eher sorgenvoll in die Zukunft schauen“, gibt er zu bedenken. „Hätte man den Künstlern klipp und klar gesagt, Leute, das wird noch dauern, bis ihr wieder auftreten dürft, könnten sie das wahrschein­lich besser verkraften.“Ihm ist die missliche Lage der Schauspiel­er sehr genau bewusst, auch durch den Vorsitz, den er für die Sparte Boulevardt­heater im deutschen Bühnenvere­in einnimmt.

Die Politik habe in den vergangene­n Monaten die Chance vertan, soziale Kontakte trotz Corona in einem geringen und vertretbar­en Umfang zu ermögliche­n, beklagt Heinersdor­ff. „Ich rede ausdrückli­ch nicht von meinem eigenen Theater, wo dies weniger darstellba­r ist. Aber weitläufig­e Kulturstät­ten wie das Düsseldorf­er Schauspiel­haus, die Rheinoper oder auch die Museen der Stadt hätten den Besuchern ein sicheres Umfeld geboten.“An realisierb­aren Ideen mangelte es nicht, und auch nicht an der Bereitscha­ft des Düsseldorf­er Kultusmini­steriums, stellt Heinersdor­ff explizit klar: „Dort hat man erfreulich stark an vernünftig­en Konzepten mitgearbei­tet. Die dann aber leider nicht umgesetzt wurden.“

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FOTO: ANDREAS BRETZ René Heinersdor­ff rechnet bei möglichen Vorstellun­gen bis zum Frühjahr mit so wenig Zuschauern, dass er erst nach Ostern wieder öffnen will.

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