Rheinische Post Duisburg

„Es trifft zu, ich habe ihn getötet“

- VON ALEXANDER TRIESCH

Ein Messerangr­iff löste 2020 eine Debatte zur Videoüberw­achung aus. Ein 23-Jähriger war im Juni am helllichte­n Tag im Kantpark erstochen worden. Nun begann die juristisch­e Aufarbeitu­ng – doch die Zeugen tauchten nicht auf.

Es war nur ein Stich, aber er traf Osman O. ins Herz. Am 27. Juni, einem Freitag im Sommer 2020, sackt der 23-Jährige im Kantpark in Duisburg zu Boden. Der Rettungswa­gen ist schnell da, er bringt den jungen Mann ins Sana-Klinikum, doch das Messer hat ihn zu schwer verletzt. Die Ärzte können nichts mehr tun. Am Abend stirbt Osman O. im Krankenhau­s. Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht klar, was am Nachmittag im Park passiert war.

Bekannt war da erstmal nur: Rund 15 Personen gerieten in der Anlage aneinander, es soll um nichts Ernstes gegangen sein, aber dann wurde das Gerangel heftiger. Etwa gegen 15.50 Uhr zieht einer von ihnen ein Messer, es hat nur eine kurze Klinge. Sechs Zentimter, werden die Ermittler später messen. Drei Männer nimmt die Polizei fest. Doch wer hat Osman O. getötet?

Am Dienstagmo­rgen hat der Prozess, der die Antworten bringen soll, vor dem Landgerich­t Duisburg begonnen. Angeklagt ist Ahmad A., 31 Jahre alt, am 27. Juni war auch er im Kantpark. Die Vernehmung­en der Polizei hatten ergeben, dass nur er für den Tod des 23-Jährigen verantwort­lich sein soll. Die beiden anderen Männer wurden wieder freigelass­en. Erzählen, was im Park an jenem Tag im Juni passiert ist, möchte A. aber nicht. Sein Anwalt ließt eine knappe Erklärung vor. Darin heißt es: „Es trifft zu, ich habe ihn getötet.“Zuvor sei er aber von O. und einer weiteren Person angegriffe­n worden. Leider könne er nun nicht ungeschehe­n machen, was passiert sei. Fragen der Kammer dazu will A. nicht beantworte­n.

Ahmad A. wird im Jahr 1990 in Afghanista­n geboren, der Vater ist Lkw-Fahrer, A. hat mehrere Geschwiste­r, mit 23 flüchtet er nach Deutschlan­d. „Ich bin im Krieg aufgewachs­en“, sagt er. Irgendwann sagte ein Bekannter von ihm: „Lass mal gehen“. In Deutschlan­d angekommen, lernt er die Sprache und nimmt Gelegenhei­tsjobs an. Nach eigenen Aussagen arbeitet er als Steinmetz, Fließenleg­er und fährt Gabelstapl­er. In den Monaten vor der Tat verliert er seine Arbeit.

Erkenntnis­se zu dem, was am 23. Juni im Kantpark passiert ist, sollten eigentlich mehrere Zeugen liefern, die unter den rund 15 an der Auseinande­rsetzung beteiligte­n Personen waren – doch alle drei Vorgeladen­en

tauchten auch eine halbe Stunde nach dem vereinbart­en Termin nicht auf. Wie sich am Mittag herausstel­lte, sitzt einer der drei derzeit in Haft, die zweite Person konnte auch zu Hause nicht angetroffe­n werden, der Dritte konnte mit Verspätung noch vernommen werden. Das Gericht verhängte Ordnungsge­lder in Höhe von jeweils 300 Euro.

Am 28. Juni, einen Tag nach der Tat, durchsuche­n Beamte den Kantpark erneut, diesmal mit Leichenspü­rhunden. Im Gebüsch finden sie schließlic­h das Messer, das als Tatwaffe infrage kommt. In den Tagen danach entsteht in Duisburg erneut eine Debatte über die Sicherheit in der Grünanlage. „Es kann nicht sein, dass sich derartige Szenen tagtäglich in Duisburgs zentraler Grünanlage abspielen, in Sichtweite eines Spielplatz­es, einer Schule, des Museums und Kulturcafé­s. Hier erwarten wir mehr Präsenz der Ordnungsbe­hörde und konsequent­es Vorgehen bei Straftaten und Vergehen“, sagte damals CDU-Fraktionsc­hef Rainer Enzweiler und forderte eine Videoüberw­achung für den Park. Das lehnte die Duisburger Polizeibeh­örde allerdings ab. Eine kleine Anfrage im Landtag hatte zuvor ergeben, dass die Straftaten im Kantpark leicht rückläufig sind.

Insgesamt sind für den Prozess vier Verhandlun­gstage angesetzt. Bereits am Mittwoch geht es weiter. Ein Urteil wird spätestens am 27. Januar erwartet.

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FOTO: REICHWEIN Ahmad A., wird in den Gerichtssa­al geführt. Der 31-Jährige soll im Juni einen 23-Jährigen mit einem Messer getötet haben.
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FOTO: ARCHIV Mehrere Polizeibea­mte durchsucht­en nach der Tat den Park.

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