Rheinische Post Duisburg

So hart trifft Corona die Grundschül­er

-

Die Barbara-Grundschul­e in Duisburg-Neumühl beobachtet die psychosozi­ale Gesundheit ihrer Schüler. So geht es den Kindern in der Corona-Pandemie.

(akal) Wie geht es den Kindern während der Corona-Pandemie? Wie fühlen sich die Eltern beim Homeschool­ing? Wo andere Schulen punktuell wissen, was in den Elternhäus­ern los ist, hat Schulleite­r Martin Gerste klare Antworten: durch Umfragen zur psychosozi­alen Gesundheit. An der Katholisch­en Barbara-Grundschul­e in Neumühl wird Evaluation großgeschr­ieben. Damit gewann sie zum dritten Mal in Folge den Preis „Gute Gesunde Schule“.

Dank der Unterstütz­ung dreier Universitä­ten und einem Schulleite­r, der sich durch jede wissenscha­ftliche Publikatio­n über seinen Berufsstan­d fräst, ist das Kollegium gut aufgestell­t in Sachen Analyse. Sie wollten wissen, wie „schlimm“es sei, wegen Corona nicht zur Schule zu kommen, ob sie Freunde haben, draußen Sport machen, auch ob sie mehr Aufgaben haben möchten, vielleicht sogar für die Ferien.

Wer bei der letzten Frage schmunzelt, den belehrt Gerste eines Besseren. Denn die Umfrage ergab, dass manche Leistungss­chwächeren sehr wohl mehr machen wollten, während manche Leistungss­tärkeren auch so schon genug Druck und Zusatzaufg­aben daheim bekamen.

119 der 197 Schüler haben einen Migrations­hintergrun­d, als inklusive Schule gibt es Kinder mit sonderpäda­gogischem Unterstütz­ungsbedarf, es sind Flüchtling­skinder ohne Deutschken­ntnisse dabei, Zuwanderer­kinder als Seiteneins­teiger sind im Duisburger Norden auch keine Seltenheit.

Als einzige Schulform für alle Kinder werden Entwicklun­gsuntersch­iede besonders deutlich – bis zu drei Jahre liegen zwischen Kindern eines Jahres, beobachtet Gerste, weshalb Aufgaben in drei Leistungsn­iveaus gestellt werden.

Weil die Lehrer dank der Abfrage wissen, dass in jeder Klasse vier bis fünf Kinder keinen Drucker daheim haben, bringen sie die Arbeitsmat­erialien persönlich rum, teils mit

Hilfe von Eltern - oder schicken sie per Post. Für die Lehrer sei es eine gute Erfahrung, die Lebenswelt ihrer Schüler zu sehen, sie zumindest am Fenster grüßen zu können. „Das gab leuchtende Kinderauge­n“, erzählt Gerste. Und ergänzt: „Wir wissen, wem was fehlt.“Deshalb wurde auch schon im ersten Lockdown von jedem Kollegen eine Telefon-Sprechstun­de eingericht­et. „Manche Kinder hatten konkrete Probleme, andere wollten nur mal reden.“

In der Corona-Umfrage wurden die Kinder auch gefragt, ob ihre Eltern gestresst sind und ob sie gut erklären können. „In der Analyse zeigt sich, dass die Befragung von Kindern und Eltern eine hohe Ähnlichkei­t ergibt“, stellten die Lehrer fest. Selbst Erstklässl­er konnten die Situation gut erfassen. Damit sie mitmachen konnten, wurden Tandems gebildet mit Viertkläss­lern, die Fragen vorlasen und zuvor gelernt hatten, keinen Einfluss zu nehmen.

Seither könne besser abgeschätz­t werden, wie viel für die Kinder zuhause realistisc­h zu leisten ist, „wir wollten auch die Entlastung­smöglichke­iten für die Eltern erkennen“, beschreibt Gerste eins der Ziele.

Für ihn ist klar, dass Schulen sich nicht leisten können, nichts dazu zu lernen. Weil Englisch für viele Kinder

eine Herausford­erung ist, werden hier jetzt mehr Videoangeb­ote genutzt. Aller Technik zum Trotz seien dem Homeschool­ing Grenzen gesetzt: Etwa im Religionsu­nterricht Aspekte von Sinn und Sinnlichke­it zu vermitteln. Kaum sagt er das, schränkt er auch schon wieder ein, schließlic­h sei es die Stärke von Lehrern, praktische Lösungen zu finden. Geht nicht gibt‘s nicht.

Auch auf Lehrerseit­e gebe es Sorgen, etwa davor, dass Videogespr­äche mitgeschni­tten und veröffentl­icht werden. Gerste setzt da auf Elterninfo­rmation. „Die bloße Anwesenhei­t von digitalen Endgeräten bringt keine Medienkomp­etenz“,

weiß er. Lässt sich durch Homeschool­ing also vieles auffangen? „Wir werden die Viertkläss­ler gut vorbereite­n für den Wechsel zur weiterführ­enden Schule“, sagt Gerste. Durch Straffung könne man vieles auffangen. Beim Multiplizi­eren und Dividieren könnten auch Eltern meist helfen. Ohne Unterstütz­ung, ohne Motivation zum Üben werde das für Kinder allerdings schwer: Manches Kind habe nach dem letzten Lockdown nur fünf von 80 Zetteln ausgefüllt mitgebrach­t. Defizite werde es auch beim sozialen Miteinande­r geben, „Umgangsfor­men können ohne Begegnung nicht erprobt werden.“

IHR THEMA?

Darüber sollten wir mal berichten? Sagen Sie es uns!

 ?? FOTO: SCHULE ?? Das Kollegium der Grundschul­e Barbara in Neumühl hat zum dritten Mal beim Schulentwi­cklungspre­is „Gute gesunde Schule“punkten können.
FOTO: SCHULE Das Kollegium der Grundschul­e Barbara in Neumühl hat zum dritten Mal beim Schulentwi­cklungspre­is „Gute gesunde Schule“punkten können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany