Rheinische Post Duisburg

Kücükarsla­n will sich zurückkämp­fen

- VON SVEN KOWALSKI

Der Mittelfeld­mann des Fußball-Regionalli­gisten VfB Homberg schuftet derzeit für sein Comeback. Wann der 24-Jährige wieder spielen kann und darf, ist ungewiss. Überstürze­n will er auf dem Weg aber nichts.

Der Blick durch das Fenster des Kraftraums fällt schwer. Metin Kücükarsla­n muss stark sein – vor allem mental. Bei jedem Training des VfB Homberg ist der Sechser des Fußball-Regionalli­gisten dabei, das Problem ist nur: „Ich trainiere für mich allein“, sagt der 24-Jährige: „Und im Kraftraum zu schwitzen und dabei den anderen beim kicken zuzusehen, nimmt einen schon ganz schön mit.“Mehr als Ausdauer- und Stabilisat­ionstraini­ng ist für den Mittelfeld­spieler aufgrund „schmerzhaf­ter und komplexer Muskelbesc­hwerden im Beckenbere­ich“aktuell nicht möglich – und das schon seit mehr als einem

„Ich habe immer weitergesp­ielt, teilweise auch mit Schmerztab­letten. Das war ein Fehler.“

Metin Kücükarsla­n

halben Jahr. Seitdem schuftet er im Kraftraum, um irgendwann wieder auf der anderen Seite des Fensters zu stehen, durch das er seine Kollegen beim Training auf dem Fußballpla­tz beobachten kann.

Seit seinem Wechsel zum VfB im Sommer 2016 zählte Kücükarsla­n zu den Leistungst­rägern und Dauerbrenn­ern bei den Hombergern. In den folgenden drei Oberliga-Spielzeite­n bestritt er 89 Einsätze, in denen ihm zwölf Tore und fünf Vorlagen gelangen. Vor allem aber durch seinen leidenscha­ftlichen Einsatz und unermüdlic­hen Kampfgeist zählte er zu den Erfolgsgar­anten für den Aufstieg in die Regionalli­ga im Sommer 2019.

„Es gibt wohl keinen Grashalm im PCC-Stadion, den Metin nicht schon umgepflügt hat“, hatte sein langjährig­er Trainer Stefan Janßen in der vergangene­n Regionalli­ga-Saison einmal über Kücükarsla­n gesagt. In jener Spielzeit musste der 24-Jährige bereits schon mehrfach mit Knieproble­men aussetzten, kam letztlich auf 13 Einsätze. Das 0:3 beim 1. FC Köln II am 7. März vor dem Saisonabbr­uch im vergangene­n Jahr war sein bislang letztes Pflichtspi­el.

Die Sommervorb­ereitung auf die aktuelle Saison machte er dann unter Ex-Coach Stefan Janßen erst noch mit, doch dann zündete der Motor nicht mehr. „Bei der ersten Einheit unter Sunay Acar habe ich im Rücken wieder Beschwerde­n gemerkt und mich für eine Pause entschiede­n“, sagt Kücükarsla­n, der diesmal auf die Signale seines Körpers hörte. Inzwischen weiß er, dass er das schon viel eher hätte machen sollen.

„Am Ende der ersten Saison beim VfB fingen die Beschwerde­n im Knie an. Aber ich habe immer weitergesp­ielt, teilweise auch mit Schmerztab­letten. Das war ein Fehler, der wahrschein­lich zu einer Fehlbelast­ung und so zu den komplexen Verspannun­gen im Beckenbere­ich geführt hat.“Zahlreiche Arztbesuch­e und Diagnosen von Schambeine­ntzündunge­n über Rückenprob­leme bis zu fehlendem Bindegeweb­e im Leistenber­eich ließ Kücükarsla­n über sich ergehen – sogar eine Operation, bei der ihm Bindegeweb­e in der Leiste implantier­t wurde.

„Das war der nächste Fehler“, sagt der 24-Jährige über den Eingriff in der Winterpaus­e der Aufstiegss­aison. Letztlich führte ein Besuch beim Mannschaft­sarzt dann zur Klarheit. Der schickte ihn zu einem Osteopathe­n in Bochum, der dann „genau die Punkte fand, an denen die Muskel verspannt sind“, sagt Kücükarsla­n. Klar war damit auch, dass ihm „ein langwierig­er Behandlung­sprozess“bevorstehe­n würde. „Zwei Behandlung­en stehen noch aus“, sagt er. „Nach der nächsten in zwei Wochen hoffe ich, dass ich zumindest wieder Joggen kann.“

Ohne Richtungsw­echsel, wie er nachschieb­t, denn gerade diese Bewegungen bereiten ihm Schmerzen. An ein Mannschaft­straining ist da erst einmal nicht zu denken – geschweige denn an ein Pflichtspi­el. Die Hoffnung auf einen Einsatz in der aktuellen Saison gibt er nicht auf. „Es wäre schön, wenn es in den letzten zwei, drei Spielen noch einmal klappen würde, aber ich lasse mir Zeit. Wenn die Chancen 50:50 stehen, werde ich mich gegen das

Spielen entscheide­n. Ich bin noch jung, und mein Traum ist, noch viele Jahre kicken zu können. Da kommt es auf ein Regionalli­ga-Spiel mehr oder weniger nicht an.“

Dennoch zuckt es ihm im Fuß, wenn er den Kollegen beim Training oder bei den Spielen zuguckt. „Es würde mich freuen, wenn ich für den Klassenerh­alt mitkämpfen könnte. Bei Regen, unter Flutlicht in die Zweikämpfe zu gehen und dreckige Spiele zu gewinnen. Das vermisse ich sehr“, sagt der langzeitve­rletzte Kämpfer des VfB.

Als Teil des Teams fühlt er sich dennoch. „Ich bin immer dabei und versuche zu helfen, wo es geht. Dass unsere Truppe Qualität hat, haben wir schon bewiesen. Und als Team werden wir über den Kampf auch unser Ziel erreichen“, geht Kücükarsla­n der am Samstag beginnende­n Rückrunde zuversicht­lich entgegen.

Vom Klassenerh­alt des VfB ist er überzeugt, ob und wann er selbst wieder in der vierten Liga eingreifen kann, ist indes nicht sicher. Fest steht für den Mittelfeld­motor: „Der Verein stand und steht voll hinter mir. Dafür bin ich sehr dankbar. Dennoch ist mir natürlich auch klar, dass wir viele gute Spieler auf meiner Position haben. Wenn ich völlig schmerzfre­i bin, packe ich diese Liga aber. Ich werde mich zurückkämp­fen und alles dafür tun, dass ich dem Verein wieder helfen kann.“

Dafür brauche es im Moment vor allem drei Dinge: „Kraft, Geduld und Ehrgeiz. Und das bringe ich mit“, sagt auch der 24-Jährige, dass er für ein mögliches Comeback auf dem Fußballpla­tz noch lange „mental ganz stark“sein muss. Dass er das ist, stellt Metin Kücükarsla­n bei jedem Training des VfB Homberg fest. Beim Blick durch das Fenster des Kraftraums.

 ?? FOTO: THORSTEN TILLMANN ?? Bis Metin Kücükarsla­n (links) wieder für den VfB Homberg spielen kann, wird es noch dauern.
FOTO: THORSTEN TILLMANN Bis Metin Kücükarsla­n (links) wieder für den VfB Homberg spielen kann, wird es noch dauern.

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