Rheinische Post Duisburg

Peter Neururer glaubt an den Klassenerh­alt des MSV Duisburg

Im Livestream-Talk mit Dietmar Schacht sagt der 65-Jährige auch, dass er als Trainer bereitstün­de, falls ein Anruf vom Bundesligi­sten FC Schalke 04 kommt.

- VON FABIAN KLEINTGES-TOPOLL

Kaum jemand kennt den Fußball im Ruhrgebiet so gut wie Dietmar Schacht und Peter Neururer. Viel haben die beiden Legenden erlebt, und dementspre­chend viel haben sie zu erzählen. So war es auch bei der Gesprächsr­unde, die von der Volksbank Niederrhei­n organisier­t und per Livestream über Youtube und Facebook übertragen wurde. Knapp 200 Zuschauer folgten der Diskussion.

Verwöhnt wurden sie mit mehr als 90 Minuten Klartext von zwei „echten Charaktert­ypen“. Mit diesen Worten hatte Moderator Guido Lohmann die beiden Legenden begrüßt. Der Vorstandsv­orsitzende der Volksbank Niederrhei­n hatte Schacht und Neururer einst noch selbst von der Tribüne aus zugejubelt. Lohmann ist seit seinem neunten Lebensjahr Fan des FC Schalke 04 und besitzt seit 30 Jahren eine Dauerkarte. Bevor über die Situation der Königsblau­en debattiert wurde, packten die prominente­n Gäste noch die eine oder andere spannende Anekdote aus ihrer Laufbahn aus.

Dietmar „Didi“Schacht schrieb sein ereignisre­iches Leben als Profi kürzlich in seinem Buch „Der Kämpfer – Schicht im Schacht“nieder. Neben seiner Tätigkeit als Autor ist der 58-Jährige vielen Niederrhei­nern zudem durch seine rollende Currywurst-Bude bekannt.

Auch am Kultstatus von Peter Neururer gibt es wahrlich keine Zweifel. 1989 rettete der „Feuerwehrm­ann“die Schalker vor dem Absturz in die Drittklass­igkeit. Für seinen ehemaligen Spieler Didi Schacht wäre der 65-Jährige zum jetzigen Zeitpunkt erneut genau der Richtige gewesen, um den Abstieg zu verhindern. „Er spricht die richtige Sprache und macht ordentlich Feuer“, sagte der Publikumsl­iebling von damals.

Wie groß ihre Verbindung zum FC Schalke 04 nach wie vor ist, war in den Antworten stets zu spüren. Dabei ist allerdings anzumerken, dass Schacht und Neururer am Freitagabe­nd während ihres Gesprächs noch nicht ahnen konnten, dass die Schalker am Samstagabe­nd ihren ersten Saisonsieg feiern würden. Mit 4:0 gewann Königsblau gegen die TSG Hoffenheim. Somit bleibt Tasmania Berlin alleiniger Negativrek­ord-Inhaber.

Mehr als das Erreichen des Relegation­splatzes hält jedoch auch Neururer aktuell nicht mehr für realistisc­h. Der für seine detailgetr­eue Analyse berühmte Fußball-Lehrer wünscht sich nichts sehnlicher als den Klassenerh­alt seines Herzensklu­bs FC Schalke 04. „Klappt es nicht, müssen irgendwie Schalke-denkende Investoren her, damit wir zumindest die Lizenz für die Zweite Liga bekommen. Sonst droht die Regionalli­ga“, so Neururer. In einem Punkt waren sich beide Experten einig. Große Verantwort­ung für die Abwärtsspi­rale trage der ehemalige Manager Christian Heidel. „Schalke war für ihn eine Nummer zu groß“, sagte Schacht.

Vom fehlenden „Schalke-Gen“über eine schlechte Scouting-Abteilung bis hin zu falschen Selbsteins­chätzungen und viel zu hoch bezahlten Spielergeh­ältern: Die Kette der falschen Entscheidu­ngen sei lang. Tradition allein würde in heutigen Zeiten nicht mehr ausreichen. „Viele Vereine leben in der Vergangenh­eit weiter“, sagte Schacht.

Die Corona-Pandemie habe vielen Klubs finanziell noch stärker zugesetzt. Oft seien die Ziele der Vereine außen vor gelassen worden. Stattdesse­n hätten gewisse Personen ihr Amt als „Plattform für sich selbst“genutzt. Demnach komme es immer wieder zu Fluktuatio­nen in der Führung, was für die Entwicklun­g nicht gerade von Vorteil sei.

Immer wieder nahmen am Freitagabe­nd auch Zuschauer an der Diskussion teil. Unzählige Fragen gingen ein, so dass auf die 90-minütige Talkrunde noch eine Nachspielz­eit oben drauf gepackt wurde. Viele davon drehten sich rund um den MSV Duisburg, einen weiteren ehemaligen Arbeitgebe­r von Peter Neururer und Dietmar Schacht.

Die Zebras taumeln derzeit dem Abstieg in die Regionalli­ga entgegen. Die Rückkehr von Trainer Gino Lettieri im November rief bei den Anhängern viel Kritik und teils heftige Reaktionen hervor. „Der Zeitpunkt war eine reine Katastroph­e“, sagte Neururer über den Wechsel auf der Trainerban­k mitten in der Saison. Der 65-Jährige ist dennoch überzeugt davon, dass der MSV der Dritten Liga erhalten bleibt, um im Sommer – sofern die Finanzen stimmen – einen neuen Anlauf Richtung Zweitliga-Aufstieg zu starten.

Mehr als sechs Jahre hat Neururer nach seiner zweiten Amtszeit beim VfL Bochum im Profifußba­ll nicht mehr an der Seitenlini­e gestanden. Ein mögliches Comeback des Kult-Trainers beschäftig­te das Netz am meisten. Würde Neururer tatsächlic­h noch einmal als Retter zur Verfügung stehen? „Ich habe für mich einen klaren Strich gezogen. Trainer mache ich nur noch für den 1. FC Köln und den FC Schalke 04“, sagte Neururer. Sollte womöglich irgendwann der Anruf von S04-Sportvorst­and Jochen Schneider kommen, stünde er bereit.

Neururer wüsste genau, wie er die Spieler von der Leistung und Einstellun­g wieder an seine Grenzen bringt. Das hat er schon oft genug bewiesen.

 ?? FOTO: VOLKSBANK ?? Dietmar Schacht (l.) und Peter Neururer (r.) stellten sich den Fragen. Moderiert wurde die Talk-Runde von Guido Lohmann, Vorstandsv­orsitzende­r der gastgebend­en Volksbank Niederrhei­n.
FOTO: VOLKSBANK Dietmar Schacht (l.) und Peter Neururer (r.) stellten sich den Fragen. Moderiert wurde die Talk-Runde von Guido Lohmann, Vorstandsv­orsitzende­r der gastgebend­en Volksbank Niederrhei­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany