Neue Corona-Fälle setzen China unter Druck
SHANGHAI An einem Absperrband lässt der Sicherheitspförtner Passanten vor dem luxuriösen Einkaufszentrum gegenüber dem ikonischen Oriental Pearl Tower abblitzen. Wer es betreten möchte, muss auf seinem Smartphone einen gültigen Gesundheitscode präsentieren und eine Körpertemperaturkamera passieren. Die neu eingeführten Maßnahmen in Shanghai zeigen, dass die Angst vor dem Virus in der Volksrepublik zurück ist.
Dabei wütet der Lungenerreger vor allem über 1000 Kilometer weiter nördlich in der Provinz Hebei. In dessen Hauptstadt Shijiazhuang hat sich der bisher größte Infektionscluster Chinas seit über fünf Monaten gebildet, zum ersten Mal ist die Zahl der täglichen Ansteckungen in den dreistelligen Bereich gestiegen. Im internationalen Vergleich mag dies wenig erscheinen, doch im vorübergehend nahezu virenfreien China alarmieren die Zahlen. Extrem rasch und vor allem drastisch reagieren die Behörden. Shijiazhuang ging bereits am Freitag in einen vollständigen Lockdown über. 20.000 Bewohner im Bezirk Gaocheng wurden in Quarantäneeinrichtungen untergebracht. Hochgeschwindigkeitszüge durch die umliegende Provinz nehmen keine Passagiere mehr auf.
Vor allem in Peking sind die Behörden alarmiert: In der Hauptstadt wurde die Zwangsquarantäne bei Einreisen aus dem Ausland oder heimischen Hochrisikogebieten auf drei Wochen in einem staatlich zugewiesenen Hotelzimmer erhöht. Autofahrer von außerhalb müssen neun Checkpoints passieren, ehe sie Zugang nach Peking erhalten.
Auch die Staatsmedien schwören die Bevölkerung auf einen längeren Kampf ein. In der Parteizeitung „Global Times“heißt es etwa, dass es in den nächsten Tagen „höchstwahrscheinlich neue Ausbrüche“geben werde. China ist mit seiner Strategie bislang zwar gut gefahren, wenn es um die Eindämmung von Infektionsclustern in urbanen Stadtbezirken geht. Doch bei der aktuellen Situation sind das Problem die unbemerkten Ansteckungen in Dorfgemeinschaften, die von den Behörden nur mit Verspätung erkannt werden können. In vielen dünn besiedelten Landstrichen gibt es kaum Einrichtungen für Corona-Tests.
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das chinesische Neujahr 2021 ausfallen wird. Am 12. Februar beginnen die Feiertage, bei denen rund die Hälfte der 1,4 Milliarden Chinesen zu ihren Familien reist. Die Regierung hat bereits eine freiwillige Reisewarnung herausgegeben, die bald zum verpflichtenden Verbot werden könnte. Mitarbeiter staatlicher Unternehmen wurden angehalten, ihre Familienbesuche abzusagen – und wahrscheinlich werden auch viele Angestellte privater Unternehmen folgen.
Das chinesische Neujahrsfest wird vermutlich ausfallen