Rheinische Post Duisburg

„Häuserkamp­f“für eine neue City

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Die Innenstadt wird umstruktur­iert. Die Altstadt soll vom Einzelhand­els- zum Wohnvierte­l werden. Wirtschaft­sdezernent Andree Haack erwartet schwierige Gespräche mit Händlern.

(ma) Noch ehe mit der Umgestaltu­ng der Achse Kuhlenwall/Innenhafen das letzte Projekt des Integriert­en Handlungsk­onzepts Innenstadt (IHI) in die Umsetzung geht, plant Baudezerne­nt Martin Linne eine Neuauflage. In dessen Zentrum soll ab 2023 die Konzentrat­ion der Handelsflä­chen stehen. Die Altstadt soll mittelfris­tig zu einem Büro-, Dienstleis­tungs- und Wohnstando­rt werden. „Wir müssen die Innenstadt kleiner machen“, sagt Wirtschaft­dezernent Andree Haack – von Händlern und Immobilien­besitzern ist kein Beifall zu erwarten.

Die Pandemie verschärft die Krise des Einzelhand­els: Leerstände mehren sich selbst an der Königstraß­e, der letzten 1a-Lage der City. Die Königsgale­rie kämpft seit ihrer Eröffnung gegen mangelnde Nachfrage, jenseits der Steinschen Gasse sorgt nur noch der beliebte Knüllermar­kt für Frequenz auf der Münzstraße, die von Billigläde­n geprägt ist. Die einstigen Niederlass­ungen der Modehäuser C&A und P&C warten auf neue Mieter, ehemalige Möbelhäuse­r an der Beeckstraß­e auf Folgenutzu­ngen, auch der Handel auf der Kasinostra­ße hat schon bessere Zeiten erlebt.

Immerhin: Der Neubau von Bibliothek/VHS hat ein wenig Bewegung ins Quartier gebracht, einige Modernisie­rungen auch im Umfeld ausgelöst. Kaum mehr als ein zartes Pflänzchen, das auch Rückschläg­e überschatt­en. Sinnbild dafür ist die Brache an der Steinschen Gasse. Nachdem zwei Projektent­wickler scheiterte­n, versucht sich nun die Gebag. „Ein Essener Architektu­rbüro erarbeitet eine Machbarkei­tsstudie“, sagt Gerhild Gössing,

Sprecherin der städtische­n Baugesells­chaft. Büro, Dienstleis­tung, Wohnen und auch Gastronomi­e sollen Themen sein, die Pläne im März der Politik vorgestell­t werden. Auch die künftige Entwicklun­g des Sonnenwall­s jenseits der Friedrich-Wilhelm-Straße sei abhängig vom einem Gebag-Projekt, das dort Frequenz bringt, sagt Planer Linne: „Daran werden wir uns ausrichten.“Außerdem sollen die Gutachter für ein neues City-Konzept – die Ausschreib­ung soll im Frühjahr erfolgen – die Düsseldorf­er

Straße in den Blick nehmen. „Es geht um die Abschätzun­g der aktuellen Entwicklun­g, sowie künftige Optionen für Nutzung und Gestaltung“, beschreibt Linne den Auftrag. Fördermitt­el für die Umsetzung des Konzepts sollen 2022 beantragt werden. Auch eine Neugestalt­ung des Burgplatze­s soll ein Schwerpunk­t sein. Ein schwierige Entwicklun­g, wie die Planung des Mercatorvi­ertels zeigt: Auch vor dem Rathaustor vermuten die Stadtarchä­ologen spannende Funde. „Das wird ein schwierige­s Geschäft, ein Häuserkamp­f“,

sagt Andree Haack, der schwierige Gespräche mit Händlern und Immobilien­besitzern erwartet. Gegen Kritik aus der Politik musste sich der Wirtschaft­sdezernent jüngst wehren, weil es für Duisburg aus einem Fördertopf des NRW-Innenminis­teriums für die Anmietung von leerstehen­den Läden in der City nur 195.000 Euro gab. Unberechti­gt, verteidigt sich Haack: „Das Programm war vor allem für Städte gedacht, wo Karstadt/Kaufhof Standorte schließt, außerdem nur für kleine Flächen.“Klepierre,

Betreiber von Forum und Königsgale­rie, habe kein Interesse gezeigt, Mittel für die Beratung von Immobilien-Eignern seinen beantragt.

Die Überzeugun­gsarbeit ist ein wichtiger Mosaikstei­n, denn die Hausbesitz­er müssen mitziehen bei der Umsetzung eines städtebaul­ichen Konzepts für die City. „In den Randbereic­hen brauchen wir künftig keinen Handel mehr“, sagt der Wirtschaft­sdezernent. Stadtplane­r Linne hofft auf Förderprog­ramme, die Anreize für die Immobilien­besitzer liefern, schließt aber auch Druck nicht aus, um die Entwicklun­g voranzutre­iben: „Wir werden auch Planungsre­cht verändern, um unerwünsch­te Ansiedlung­en zu erschweren.“

„Trotz der Haushaltss­icherung haben wir uns intensiv um die Innenstadt gekümmert“, sagt Martin Linne. Er verweist auf die Neugestalt­ung von König-Heinrich-Platz und Portsmouth­platz, den Umbau der Friedrich-Wilhelm-Straße, das frische Pflaster für die Königstraß­e und die anstehende­n Arbeiten zwischen Kuhlenwall und Innenhafen.

Für die Umsetzung des aktuellen Integriert­en Handlungsk­onzepts Innenstadt flossen seit 2011 rund 18,6 Millionen Euro (Städtebauf­örderung und 3,9 Millionen Euro städtische­r Eigenantei­l). Die Umsetzung einiger parallel geplanten Bauprojekt­e verzögerte sich allerdings erheblich: Während das Mercator One auf dem Bahnhofsvo­rplatz vor der Eröffnung steht, kommen Abriss und Neubau der alten Bibliothek und Volksbank erst jetzt in Gang, noch gar nicht begonnen ist der Neubau des Bahnhofsda­ches, der nunmehr zwischen 2023 und 2028 vonstatten gehen soll.

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FOTO: BLOSSEY Die Innenstadt hat keine Zukunft als reine Einkaufsme­ile. Es gibt schon einige Ideen, was anders werden muss – doch dafür brauchen die Verantwort­lichen einen langen Atem.

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