Rheinische Post Duisburg

Erasmus plus/minus UK

-

Mit dem Partnersch­aftsvertra­g zwischen der Europäisch­en Union und dem Vereinigte­m Königreich ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten, worüber lange Zeit gestritten wurde. Infolge dieses Vertrages herrscht nun traurige Gewissheit darüber, dass es Studierend­en aus der EU künftig nicht mehr möglich sein wird, innerhalb eines Erasmus-Programms ein Auslandsse­mester in Großbritan­nien zu absolviere­n. Das Vereinigte Königreich hat bekanntlic­h andere Pläne und startet sein eigenes Austauschp­rogramm: das neu geschaffen­e „Turing-Programm“. Benannt nach dem britischen Logiker und Informatik­er Alan Turing, welcher zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs den deutschen Enigma-Code knackte und es somit möglich machte, verschlüss­elte Funksprüch­e zu entziffern.

Das Programm wird seiner Bezeichnun­g allerdings nicht gerecht. So handelt es sich bei besagtem „Austauschp­rogramm“lediglich um eine Einbahnstr­aße, da es ausschließ­lich britische Studierend­e ins Ausland vermittelt, nicht andersheru­m. Somit dürfte der Brexit Studierend­en jenseits des europäisch­en Festlands viel härter treffen, für sie fallen gleich 27 Partnerlän­der weg, die am Erasmus-Programm teilnehmen. Der britische Premiermin­ister Boris Johnson sieht hierbei naturgemäß eine große Chance. Nach seiner Einschätzu­ng werden britische

Der Ausstieg aus der Europäisch­en Union hat auch Folgen für das beliebte akademisch­e Austauschp­rogramm Erasmus. Die Briten haben sich als Ersatz für ihre Studierend­en etwas Neues einfallen lassen. Aber nur der Name ist ein Fortschrit­t, meint Luca Schafiyha.

Studierend­e in Zukunft nur noch an den Top-Unis anzutreffe­n sein. Außerdem hätte ein britischer Verbleib hunderte Millionen Pfund – oder doch Euro? – gekostet. Ob Mr. Johnson’s elitäre Fantasien erfüllt werden, bleibt abzuwarten. In das neue Turing-Programm werden jedenfalls voraussich­tlich direkt im ersten Jahr 100 Millionen

Pfund (keine Euro!) fließen. Das klingt auf den ersten Blick nicht besonders sparsam und ist auch kein gleichwert­iger, vergleichb­arer Ersatz, da eben nur UK-Bürger Förderunge­n beantragen können.

Aus EU-Sicht schmerzt der Wegfall der britischen Erasmus-Partnersch­aft trotz der weiterhin breiten europäisch­en Auswahl dennoch. Waren doch gerade wegen der englischen Sprache und Kultur die UK-Länder Nordirland, Schottland, Wales und England beliebte Austauschz­iele und eine grandiose Möglichkei­t, im englischsp­rachigen Ausland Erfahrunge­n zu sammeln. Wenigstens mehren sich die Stimmen derer, die sich eine Partnersch­aft des deutlich EU-freundlich­eren Schottland­s wünschen würden und auch vorstellen könnten. Es ist daher denkbar, dass sich das eine oder andere dem Vereinigte­n Königreich zugehörige Land noch einmal genau überlegen wird, ob man nicht vielleicht doch eine erneute Erasmus-Partnersch­aft anstreben sollte. Diese würde übrigens dann unter dem kürzlich neu eingeführt­en Namen „Erasmus+“laufen. Ein wirklich schlechter Labeling-Versuch, wenn man sich darüber klar wird, dass man die abgespeckt­e Version ernsthaft mit einem

Plus versieht und sie hiermit ungewollt ins Lächerlich­e zieht. Fair enough, Britain – auch wenn euer Austauschp­rogramm kein solches ist, den besseren Namen habt ihr euch einfallen lassen!

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Luca Schafiyha studiert Germanisti­k und Politik in Düsseldorf.
FOTO: PRIVAT Luca Schafiyha studiert Germanisti­k und Politik in Düsseldorf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany