Medikamente gegen schwere Verläufe
Die 200.000 neuen Antikörper-Dosen sollen vorerst nur in Universitätskliniken angewendet werden.
BERLIN Der Hoffnungsträger wird vorerst nur sehr kontrolliert unter die Kranken gebracht. Die zwei vom Bund gekauften 200.000 neuen Corona-Antikörper-Medikamente werden in den kommenden Wochen ausschließlich in ausgewählten deutschen Universitätskliniken eingesetzt. Dort soll wissenschaftlich sehr genau Protokoll über Strategie und Wirkung geführt werden. Es handelt sich um Antikörper-Medikamente der Hersteller Eli Lilly und Regeneron.
Ziel ist es, coronapositive Patienten zu behandeln, die milde oder moderate Symptome haben, allerdings ein Risiko für einen schweren Verlauf zeigen. Für Intensivpatienten, die bereits beatmet werden, ist das Medikament nicht geeignet.
Die Hamburger Infektiologin Marylyn Addo warnt vor zu hohen Erwartungen: „Die Daten sind vielversprechend, aber momentan geht keiner in der Expertengemeinschaft davon aus, dass das nun das Medikament ist, das den Schalter in der Pandemie umlegt und das nun das heilsbringende Medikament ist.“Das Arzneimittel könne ein weiterer Baustein sein in der Bekämpfung der Pandemie und vielleicht für bestimmte Patienten geeignet, aber das müsse nun noch genauer erarbeitet werden.
Bei der Therapie mit den Antikörper-Medikamenten erhalten Patientinnen und Patienten künstlich erzeugte Antikörper, die sich an die Spike-Proteine des Coronavirus andocken. Dadurch kann verhindert werden, dass das Virus an die menschliche Zelle andockt. Wird das unterbunden, kann sich das Virus nicht im Körper vermehren.
Bekannt wurde dieser Medikamententyp im vergangenen Jahr, als der amerikanische Patient Donald Trump an Covid-19 erkrankte. Damals wurde er ebenso fürstlich wie innovativ therapiert, denn er bekam etliche Medikamente, die teilweise noch als experimentell zu bezeichnen waren. Spannend war vor allem der Antikörpercocktail von Regeneron, den Trump in einer offenbar hohen Dosis einnehmen musste.
Es handelt sich dabei um das Präparat Regn-CoV-2, eine Kombination aus zwei sogenannten monoklonalen Antikörpern. Ihr Ziel ist die Passivimmunisierung mit synthetisch hergestellten Antikörpern, die das Virus neutralisieren. Die Wissenschaftler bei Regeneron hatten, wie die „Pharmazeutische Zeitung“schreibt, Tausende von vollständig humanen Antikörpern analysiert: „Dazu zählten einerseits humane Antikörper, die von gentechnisch veränderten Mäusen produziert worden waren, andererseits Antikörper, die bei Menschen identifiziert worden waren, die sich von Covid-19 erholt hatten.“
Nach der Analyse wurden die Antikörper biotechnologisch in großem Maßstab hergestellt. Ihr biochemischer Trick: Sie blockieren die Spike-Proteine von Sars-CoV-2, mit denen der Erreger an Wirtszellen andockt.
Die Studiendaten zu Regn-CoV-2 waren erfreulich: Patienten, die den Antikörper-Cocktail bekamen, wiesen eine verringerte Viruslast in der Nase sowie kürzere Krankheitssymptome auf. Hüten sollte man sich vor der Hoffnung, die Medikamente könnten eine längere Immunität erzeugen. Durch eine Antikörper-Injektion wird zwar eine Virusabwehr errichtet, doch das Immunsystem erlernt dadurch nichts. Und da die Antikörper nur eine begrenzte Lebensdauer haben, ist der Patient danach wieder ungeschützt.